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Brettspiele boomen in der Pandemie

Sergio Matalucci
7. Februar 2021

Der Markt für Brettspiele ist im vergangenen Jahr um 20 Prozent gewachsen, auch wegen der Corona-Pandemie. Hersteller kommen mit der Produktion kaum hinterher.

BdT Deutschland Corona-Brettspiel
Bild: Annkathrin Weiss/REUTERS

Um mit der boomenden Nachfrage nach Brettspielen Schritt halten zu können, müssen die Hersteller kräftig investieren, um ihre Produktionskapazitäten auszuweiten. Der Weltmarkt für Brettspiele wird auf rund 15 Milliarden US-Dollar geschätzt, das sind 12,4 Milliarden Euro. Dieses Segment wächst derzeit stärker als der Gesamtmarkt für Spielwaren, nicht zuletzt weil immer mehr Erwachsene auf den Spiele-Geschmack kommen.

"Puzzlespiele für Erwachsene haben um rund 50 Prozent zugelegt, Ein-Personen-Spiele um mehr als 20 Prozent", sagt Hermann Hutter, Präsident von Spieleverlage e.V., dem deutschen Branchenverband, gegenüber der DW.

Schon in den vergangenen Jahren konnten Brettspiele ein solides Wachstum verzeichnen, weil viele Haushalte einen "digitalen Entzug" anstreben und weniger Zeit mit Smartphones und Videospielen zubringen wollen. Die Lockdown-Maßnahmen während der Pandemie haben diese Entwicklung in den traditionellen Spielemärkten Nordamerika, Nordeuropa und der Region Asien-Pazifik verstärkt. Auch in relativ kleinen Märkten wie Südeuropa werden Brettspiele immer beliebter.

"Wir sind im vergangenen Jahr in allen Regionen gewachsen - am schnellsten in den USA und in Großbritannien", sagt Clemens Maier, Vorstandsvorsitzender der Ravensburger AG, der DW. Der Umsatz des süddeutschen Unternehmens, das weltweit Brettspiele und Puzzles vertreibt, sei im vergangenen Jahr um 20 Prozent gewachsen, ergänzt er.

Kunden stehen Schlange vor dem "Brettspielgeschäft.Berlin"Bild: Sergio Matalucci /DW

Veränderte Nachfrage

Spiele für Kinder haben sich dagegen im Jahr 2020 nicht besonders gut entwickelt, wenn es sich nicht um Bildungsthemen geht. In Italien etwa schrumpfte der Verkauf von Spielwaren um acht Prozent. Auch Brettspiele für mehrere Spieler entwickelten sich unterdurchschnittlich.

"Früher waren vor allem komplexe Strategiespiele stark nachgefragt, selbst auf Englisch", sagt Josef Anders, Inhaber des Ladens Brettspielgeschäft.Berlin, zur DW. "Heute sind es eher Familienspiele und Spiele für zwei Personen. Wir sehen jetzt auch Kunden, die sonst nicht spielen würden."

Puzzles und klassische Brettspiele sind derzeit besonders populär, was darauf hindeutet, dass viele ältere Menschen zu den Abenteuern ihrer Kindheit zurückkehren, um in schwierigen Zeiten etwas Ablenkung zu finden. "Am stärksten nachgefragt waren Spiele, die wir als Evergreens bezeichnen würden - Spiele, mit denen die Menschen vertraut sind und die eine Geschichte haben", sagt Samuel Susz, Marketingleiter bei Spin Master mit Sitz in Toronto. Die kanadische Spielzeug- und Unterhaltungsfirma hatte "ein unglaublich produktives Jahr", in dem die US-Verkäufe um 25 Prozent zugelegt haben, so Susz zur DW.

Einfluss auf die Beliebtheit von Brettspielen hat nicht nur die Pandemie, sondern auch die Digitalisierung. "Früher haben Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren Brettspiele gespielt; heutzutage wechseln viele von ihnen schon mit acht Jahren in die digitale Welt", sagt Hutter vom Spieleverband. "Doch mit ungefähr 15 Jahren finden sie dann zurück zu Brettspielen. Das gilt in dem Alter als sexy und cool, wie es auch für ältere Menschen cool und sexy ist."

Probleme mit den Lieferketten

Der unerwartete Boom wirkte sich gleich mehrfach auf die Lieferketten aus, vor allem bei Spielwaren, die zu 80 Prozent in China produziert werden. Im Frühjahr 2020 mussten Unternehmen mit Produktionsstätten im Ausland länger als üblich auf Lieferungen warten. Anfang 2021 sind Lieferungen aus China noch immer ein Problem, sagt Hutter vom Branchenverband, weil sich die Preise für Containertransporte gegenüber dem Vorjahreszeitraum vervierfacht haben.

Bei einfachen Brettspielen und Puzzles ist die Abhängigkeit von Importen allerdings nicht so groß, weil sie meist in Europa produziert werden. Laut Hutter konnten Firmen wie Ravensburger (Deutschland) und Piatnik (Österreich), die ihre Spiele in der EU produzieren, so schneller reagieren als Wettbewerber mit langen Lieferketten.

Doch die boomende Nachfrage nach bestimmten Spielkategorien führt auch bei europäischen Lieferketten zu Schwierigkeiten. "Wir haben Fabriken vor allem in Deutschland, Polen, der Tschechischen Republik und den Niederlanden. Aber auch hier haben wir logistische Probleme", sagt Hutter.

Die Lieferzeiten des deutschen Spieleherstellers Ludo Fact liegen normalerweise zwischen sechs und acht Wochen, jetzt sind es 12 bis 16 Wochen. Ludo Fact produziert für 120 Firmen, ist aber an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. "Man kann die Produktion innerhalb eines Jahres nicht einfach verdoppeln", sagt Branchenvertreter Hutter.

In den Wintermonaten waren viele Brettspiele weitgehend vergriffen, darunter das von einer Familie im Selbstverlag produzierte Würfelspiel "Corona". Auch der US-Hit "Cards against Humanity" war vor den Winterferien in Berliner Geschäften kaum noch zu bekommen.

Laut Clemens Maier von Ravensburger hatten die Corona-Beschränkungen der Regierungen bisher keinen nennenswerten Einfluss auf die Verfügbarkeit von Maschinen, die für die Produktion von Spielen benötigt werden und die hauptsächlich aus Italien und Deutschland kommen. Mit anderen Worten: Die Angebotsseite kann sich anpassen, benötigt aber mehr Zeit, um ihre Kapazitäten auszuweiten.

Spielegeschäfte leiden trotzdem

Die Pandemie hat auch die Art und Weise verändert, wie Spiele verkauft werden. "Online-Verkäufe machen einen bedeutenden Teil des Gesamtmarktes aus", teilt die US-Marktforschungsfirma Arizton Advisory & Intelligence der DW mit. Einzelhändler weisen darauf hin, dass die Nachfrage in Zeiten der Lockdowns besonders hoch war.

"Unser Umsatz ist ebenso wie der Umsatz der gesamten Branche zweistellig gewachsen", sagt Josef Anders, Inhaber von Brettspielgeschäft.berlin. "Das war aber zu wenig, um die wochenlangen Schließungen zu kompensieren, gerade um die Weihnachtszeit."

Hinzu komme, dass die Kosten "drastisch" gestiegen seien. "In unserem Fall um mehr als 40 Prozent", sagt Anders, weil er die Verkaufsfläche vergrößert und das Personal aufgestockt habe, um die Corona-Auflagen zu erfüllen - bevor dann Mitte Dezember die komplette Schließung verhängt wurde.


Adaption aus dem Englischen von Andreas Becker

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