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Politik

May kommt, die Probleme bleiben

13. Dezember 2018

Premierministerin May kämpft zuhause um den Brexit-Vertrag mit der EU. Beim EU-Gipfel will man ihr helfen, aber nichts ändern. Die EU hat auch noch andere Probleme. Aus Brüssel Bernd Riegert.

EU-Sondergipfel zum Brexit in Brüssel
Bild: Reuters/D. Martinez

Nach überstandenem Misstrauensvotum in der eigenen konservativen Fraktion wird Theresa May am EU-Gipfel teilnehmen. "Sie kommt, aber die Probleme bleiben", sagte dazu ein EU-Diplomat in Brüssel. Ob sie mit ihrem Anliegen, eine weitere schriftliche Erklärung zum Brexit zu bekommen, Erfolg haben wird, ist unklar.

Die britische Premierministerin erhält an diesem Donnerstag noch einmal 15 Minuten Redezeit, um den übrigen Staats- und Regierungschefs zu erklären, warum die Regelungen zur Grenze zwischen Irland und Nordirland aus britischer Sicht nachgebessert werden sollten. Diese Rückfallversicherung, die Nordirland eng an die EU bindet, falls nach 2020 kein neues Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich zustande kommen sollte, war ja schließlich erst am 25. November mit Zustimmung Theresa Mays vereinbart worden.

Doch den "backstop" bekommt May wohl nicht durchs Parlament, der ganze Brexit-Vertrag mit der EU könnte platzen. "Weil wir einem Brexit ohne Abkommen näher rücken, wäre die EU bereit, eine zusätzliche Erklärung abzugeben", sagte ein hochrangiger EU-Beamter vor dem Gipfel. Die EU könne etwa versichern, dass die Rückfallversicherung im Grunde nie zur Anwendung kommen solle. Eine Veränderung der Substanz komme aber nicht in Frage, so der EU-Beamte. Der Austrittsvertrag werde nicht mehr aufgemacht.

Freundliche Worte, aber keine neuen Verhandlungen: EU-Ratspräsident Tusk, Premierministerin MayBild: picture-alliance/Xinhua/European Union

Ob eine solche Erklärung bereits am späten Donnerstagabend nach dem ersten Gipfeltag vorliegen wird, ist unklar. Die britischen und europäischen Unterhändler streiten noch um die rechtliche Form, die dieses ergänzende Schriftstück haben soll: eine Note, ein Vertrag, ein Protokoll oder einfach eine politische Erklärung.

Doch die Frage, ob ein derartiges Schriftstück aus Brüssel den kritischen Abgeordneten im britischen Unterhaus ausreichen wird, wird vermutlich selbst May nicht beantworten können. Der Vorsitzende des Europäischen Rates, Donald Tusk, nannte die Lage in Großbritannien "ernst" und mahnte, die Vorbereitungen für einen Brexit ganz ohne Vertrag müssten wegen der knapp werdenden Zeit vorangetrieben werden.

Kanzlerfragestunde im Parlament

01:34

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Außer dem Brexit-Chaos hat die EU bei ihrem Gipfel auch noch andere Probleme zu lösen, wie Tusk in seinem Einladungsschreiben zum Gipfel auflistet:

Haushalt

Die Staats- und Regierungschefs werden beim Abendessen über Geld reden: Der Haushaltsrahmen für die 27 EU-Staaten von 2021 bis 2027 muss verabschiedet werden. Es geht um bis zu 1,3 Billionen Euro für diese sieben Jahre. Eigentlich wollte man das schon vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 erledigt haben. Doch die Diskussionen waren zäh. Das Zieldatum ist jetzt der Herbstgipfel im Oktober 2019.

Die ungelöste Frage: Wer zahlt für die Brexit-Lücke, die der Nettozahler Großbritannien hinterlassen wird? EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat vorgeschlagen, die Hälfte der Lücke durch Einsparungen, und die andere Hälfte durch höhere Beiträge der übrigen Nettozahler (Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Schweden, Dänemark, Finnland, Belgien, Österreich) zu schließen. Immerhin geht es um 90 Milliarden Euro verteilt auf die sieben Haushaltsjahre des "Mittelfristigen Finanzrahmens" (MFR).

Viele Herausforderungen für die EU abseits vom Brexit: das Geld zum BeispielBild: Reuters/O. Hoslet

Die Niederlande und Österreich wollen nicht mehr zahlen als bisher. Außerdem müsse der EU-Haushalt generell schrumpfen und nicht steigen, mahnt der niederländische Regierungschef Mark Rutte, denn mit Großbritannien verlasse ein großes Land die EU.

Stark umstritten ist auch, ob Zuwendungen aus dem Haushalt künftig mit der Aufnahmen von Flüchtlingen verknüpft werden sollen. Die populistischen Regierungen Polens und Ungarns etwa sind dagegen, Zahlungen an die Frage zu knüpfen, ob ein Land ein Rechtsstaat ist - gegen beiden Länder läuft derzeit ein Verfahren zur Überprüfung ihrer Rechtsstaatlichkeit nach Artikel 7 des EU-Vertrages.

Reformen

Am Freitag dann wollen die EU-Staaten erste Reformen für die Währungsgemeinschaft Euro auf den Weg bringen: Der Rettungsschirm ESM soll gestärkt werden, die Euro-Staaten sollen einen eigenen Haushalt bekommen, um Investitionen zu fördern und das Wachstum anzukurbeln.

Die Währungsgemeinschaft des Euro soll reformiert werdenBild: Getty Images/AFP/D. Roland

Die Reformen werden von Frankreich und Deutschland getragen, bleiben aber hinter dem zurück, was der innenpolitisch schwer unter Druck stehende französische Staatspräsident Emmanuel Macron ursprünglich vor einem Jahr vorgeschlagen hatte.

Migration

Die gemeinsame Migrationspolitik bleibt weiterhin so stark umstritten, dass man sie vorsichtshalber nur am Rande des Gipfels behandeln will. Nach wie vor weigern sich vor allem osteuropäische Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen. Italien hat seine Häfen für Rettungsschiffe geschlossen. Im Moment wird von Fall zu Fall entschieden, wo Flüchtlinge, die aus Libyen übersetzen und auf hoher See gerettet werden, anlanden sollen. Ungeklärt ist auch die Zukunft der Marine-Mission "Sophia", die im Auftrag der EU bislang Schiffbrüchige gerettet hat. Das Mandat läuft Ende des Jahres aus.

Auch die Bundeswehr-Fregatte "Augsburg" nahm bislang an der Rettungsmission "Sophia" im Mittelmeer teilBild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Insgesamt ist die Zahl der Flüchtlinge, die noch in Europa ankommen stark gesunken. Die EU-Kommission betont immer wieder, dass von einer "Krise" keine Rede sein kann. Der Verteidigungsminister Österreichs, Mario Kunasek (FPÖ), sagte Anfang Dezember, zurzeit würden nur noch 180 Personen pro Woche von "Sophia" aufgelesen. Einig sind sich die EU-Staaten, dass die Außengrenzen besser geschützt und weitgehend abgeriegelt werden sollen, um "illegale" Migration zu unterbinden. 10.000 zusätzliche Grenzschutzbeamte soll die Grenzschutzbehörde "Frontex" erhalten. Doch die "stehen" bisher nur auf dem Papier, denn die Haushaltsmittel für die Personalaufstockung sind noch nicht eingestellt.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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