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Brexit - "Der politische Nebel lichtet sich"

13. Dezember 2019

Nach dem Wahlsieg der britischen Konservativen steigen die Chancen für einen baldigen geordneten Brexit. Die Finanzmärkte frohlocken, das Pfund steigt und die deutsche Wirtschaft hofft auf ein Ende der Unsicherheit.

Symbolbild: London im Nebel / Brexit
Bild: Imago/B. Cawthra

Nach dem klaren Wahlsieg der konservativen Partei des britischen Premierministers Boris Johnson drängt die deutsche Wirtschaft auf ein rasches Freihandelsabkommen. "Jetzt müssen die EU und Großbritannien mit Hochdruck an einem Freihandelsabkommen arbeiten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Thilo Brodtmann, am Freitag. "Gelingt dies nicht, gehen die mit einem harten Brexit verbundenen Diskussionen und Unsicherheiten Ende 2020 wieder los. Das muss unbedingt vermieden werden."

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßt, dass nach der Wahl klare Verhältnisse herrschten. "Der politische Nebel in London lichtet sich", sagte Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Zwar wolle kein Unternehmen in Deutschland den Brexit. "Trotzdem atmen unsere Unternehmen auf, dass endlich ein Mandat für die Annahme des Austrittsvertrages vorliegt." Es sei nun von einem Austritt zum 31. Januar auszugehen. 

Erforderlich sei nun ein klarer Kurs der Regierung, wie das künftige Verhältnis zur EU aussehen solle. Wenn diese Verhandlungen nicht zügig abgeschlossen würden, drohe zu einem späteren Zeitpunkt doch noch ein harter Brexit, so Lang. 

Ober-Tory Boris Johnson: So sehen Sieger aus ...Bild: Reuters/T. Nicholson

Noch kein Ende der Unsicherheiten

Top-Ökonomen warnen ungeachtet des klaren Wahlausgangs vor weiterer Unsicherheit durch den Brexit-Prozess. "Es ist zu erwarten, dass es jetzt schnell zu einer Einigung über den Brexit kommt", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest am Freitag. Ökonomisch folge daraus zwar, dass ein harter EU-Ausstieg mit unkalkulierbaren Kosten zunächst abgewendet sei. "Für Entwarnung ist es trotzdem zu früh", betonte der Ökonom, der lange in Großbritannien gelehrt hat. "Es wird schwer, innerhalb der Übergangsfrist bis Ende 2020 ein Freihandelsabkommen zu vereinbaren."

Ähnlich äußerte sich der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr. "Ein Exit vom Brexit ist nicht mehr möglich", sagte er. "Ob es zu einem weichen oder harten oder smarten Deal mit der EU kommt, ist aber weiter maximal unsicher." Das Austrittsabkommen regele den Abschied, nicht aber die künftigen Beziehungen der EU mit dem Königreich.

Bis Ende 2020 solle ein umfassendes Abkommen verhandelt werden. "Es wird wohl wieder zu Fristverlängerungen kommen und zu Hängepartien", sagt Felbermayr voraus.

Wegen der anhaltenden Unsicherheit sei auch damit zu rechnen, dass die Investitionszurückhaltung britischer Unternehmen anhalte, sagte der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien.

Gleiches gelte für deutsche Unternehmen, die im Geschäft mit Großbritannien tätig sind. "Der Brexit wird damit auch in den kommenden Monaten das Wirtschaftswachstum sowohl in Großbritannien als auch - wenn auch in deutlich geringerem Maße - in Deutschland belasten", sagte der Experte.

Trotz allem: Zuversicht sieht anders aus

Das sieht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag ähnlich. "Nach der Wahl in UK muss jetzt schnellstens eine Entscheidung beim Brexit herbeigeführt werden, um einen noch immer drohenden No-Deal abzuwenden", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Die anhaltende Unsicherheit habe seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 zu einem Rückgang der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich geführt. So sei Großbritannien seither von Platz fünf auf Platz sieben der wichtigsten deutschen Handelspartner abgerutscht. Auch für die Zukunft siehe es nicht besser aus.

Laut aktueller DIHK-Umfrage erwarten mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen in Großbritannien für 2020 eine schlechtere wirtschaftliche Entwicklung im Land. Aufgrund der Unklarheit über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zeigen sie sich zudem zurückhaltend mit ihren Investitions- und Beschäftigungsplänen: Etwa jede fünfte Firma wolle dort Stellen abbauen. Deutsche Unternehmen haben in Großbritannien 2500 Niederlassungen und beschäftigen über 400.000 Mitarbeiter.

... und so Verlierer: Labour-Chef Jeremy CorbynBild: Getty Images/AFP/O. Scarff

Die "Märkte" freuen sich

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hat den Wahlausgang in Großbritannien positiv bewertet. Er beseitige die Unsicherheit hinsichtlich des geplanten Ausstiegs des Landes aus der EU, sagte der Stellvertreter von EZB-Chefin Christine Lagarde am Freitag in Madrid.

"Für die Märkte und die Wirtschaft ist dies das perfekte Ergebnis", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com zum Wahlausgang. Zum einen sei nun klar, dass Großbritannien die EU zum 31. Januar 2020 geordnet verlassen werde. Zum anderen könne mit einem raschen Konjunkturprogramm der Regierung gerechnet werden.

Vor diesem Hintergrund stieg der Index für die europäische Baubranche auf ein Rekordhoch von 517,12 Punkten. Die größten Kursgewinne verbuchten aber die Banken und die Reisebranche. Ihre Indizes gewannen jeweils etwa vier Prozent.

Steigende Kurse

Der Deutsche Aktienindex Dax stieg zur Eröffnung um rund 1,5 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 13.404,54 Punkten und lag damit nur noch knapp 200 Zähler unter seinem Rekordhoch. Der EuroStoxx50 markierte mit 3756 Punkten sogar den höchsten Stand seit gut viereinhalb Jahren.

Der britische Leitindex FTSE 100 legte um fast zwei Prozent auf 7391 Punkte - ungeachtet des starken britischen Pfund, das zum US-Dollar und zum Euro deutlich zulegte. 

Das Pfund Sterling kletterte auf ein Eineinhalb-Jahres-Hoch von 1,3514 Dollar. Zur Gemeinschaftswährung markierte es mit 1,2079 sogar den höchsten Stand seit dreieinhalb Jahren.

dk/bea (rtr, dpa)

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