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Politik

Etappensieg für Theresa May

Barbara Wesel
30. Januar 2019

Das Parlament hat die Chance verpasst, die Kontrolle über den Brexit zu übernehmen. Und Theresa May hat ihre Tories hinter sich vereint. Der Preis ist, den irischen Backstop aus dem EU-Deal zu entfernen.

Die britische Premierministerin Theresa May verlässt die 10 Downing Street
Bild: Reuters/T. Melville

Vor zwei Wochen hatte die Premierministerin eine verheerende Niederlage erlitten, an diesem Abend im Unterhaus war die Opposition an der Reihe. Labour Abgeordnete hatten versucht, mit einem parteiübergreifenden Antrag die Kontrolle über das Brexit-Verfahren für das Parlament zu sichern. Aber sie scheiterten auf ganzer Linie, alle Versuche der Abgeordneten, mehr Mitwirkung zu erringen, wurden von der konservativen Mehrheit abgeschmettert.

Theresa May und die Mission Impossible

Theresa May hat das scheinbar Unmögliche geschafft: Sie hat ihre zerstrittene Partei über Nacht wieder hinter sich vereint. Aber es ist ihr nur gelungen, indem sie ihren Hardlinern Unmögliches versprach: Sie werde nach Brüssel zurückgehen und die EU dazu bringen, den verhassten irischen Backstop, die Rückversicherung gegen eine harte Grenze in Irland, aus dem Austrittsabkommen verschwinden zu lassen. Einfach so.

Sie glaubt, wenn sie mit ihrer knappen Mehrheit unter den Abgeordneten nach Brüssel zurück geht und die Entfernung des Backstop verlangt, würden ihre europäischen Kollegen dermaßen beeindruckt sein von der Einigkeit der Tories, dass sie sofort zustimmen. Zumindest tut Theresa May so, als ob sie das glaubt.

Theresa May findet genügend Unterstützer im ParlamentBild: Reuters

Denn alle Reaktionen aus Brüssel enthielten vor allem ein Wort: Nein! Von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über Ratspräsident Donald Tusk bis zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron sagten alle unisono "Nein", das Austrittsabkommen werde nicht wieder aufgemacht. Und das wusste May auch schon vorher, schließlich hatte man telefoniert. Sie ließ sich also selbst auf eine "Mission Impossible" schicken.

Auch in Brüssel kann man das Taktieren der britischen Konservativen beobachten und stellt sich vermutlich die Frage, wie viel Vertrauen man in die Regierungspartei und ihre Chefin haben kann. Warum also weitere Zugeständnisse machen?

Gibt es jetzt mehr Klarheit?

Die kurze Antwort darauf heißt ebenfalls "Nein". Denn wenn die EU May jetzt abblitzen lässt, wird sie in zwei Wochen zum Unterhaus zurückkehren und erklären müssen, dass sie nicht liefern kann. Dann müsste sie ihrer Partei erklären, dass sie alles versucht habe und die Abgeordneten bitten, trotzdem für das Abkommen zu stimmen. Das dürfte weder die harten Brexiteers noch die nordirische Democratic Unionist Party begeistern und erneut in einer Niederlage enden.

Dann bliebe May als letzte Möglichkeit, bei der EU eine Verlängerung des Brexit-Datums zu erbitten, weil man sich nicht einigen kann. Brüssel aber verlangt einen konkreten Plan, wenn es um eine Verlängerung geht. Die britische Regierungschefin müsste also ein neues Referendum, eine Neuwahl oder eine andere konkrete Lösung anbieten. Alles Dinge, die sie im Prinzip vermeiden will.

Rückt der harte Brexit näher?

Im Prinzip rückt nach diesem weiteren Abend der Selbstbespiegelung und therapeutischen Suche nach einer gemeinsamen Politik im Parlament ein harter Brexit näher. Bis zum Austrittsdatum sind es noch zwei Monate, die automatische Rückfallposition ist der Austritt ohne Abkommen, womit alle bisherigen Verträge und gemeinsamen Regelungen mit der EU automatisch enden.

Briten und Europäer - es ist schwierigBild: Reuters/D. Martinez

Auch die Europäer wollen dieses Szenario nicht, weil es vielen Ländern schadet. Am höchsten wäre der ökonomische Schaden zwar auf der britischen Seite, allerdings wollen die harten Brexiteers um Jacob Rees-Mogg und Boris Johnson längst einen solchen harten Ausstieg. Schon seit Wochen verbreiten sie die angeblichen Vorzüge eines No-Deal Brexit auf Social Media und heben hervor, welche Chancen das ihrem "globalen" Großbritannien eröffnen würde.

Die EU kann sich also nicht auf die ökonomische Vernunft der britischen Konservativen verlassen. Ein Teil der Partei legt es darauf an, das Land von der EU zu "befreien", und diese Hardliner wollen auch für die Zukunft kein enges Verhältnis. Das entlarvt das diplomatische Gerede von künftiger "Partnerschaft und Freundschaft" unter Politikern beider Seiten als hohl. Lassen sich die Tories von diesem Teil ihrer Partei treiben, wird das künftige Verhältnis zur EU von Wettbewerb und Misstrauen geprägt sein.

Wie geht es weiter?

Auf diese Frage gibt es zur Zeit keine Antwort. Mitte Februar will Theresa May den Austrittsvertrag – mit oder ohne neue Zugeständnisse von der EU – erneut dem Parlament präsentieren. Was geschieht dann? Lenken die harten Brexiteers ein, weil sie lieber diesen Brexit wollen als einen Aufschub? Oder pokern sie, um am Ende doch einen harten Brexit zu erzwingen, den Theresa May angeblich nach internen Gerüchten auch nicht will?

Man hat am Dienstag im Unterhaus nur einen weiteren Akt im großen Brexit-Drama erlebt. Klarheit ist damit nicht geschaffen. Nach fast zwei Jahren der Verhandlungen mit der EU sind die britischen Volksvertreter so zerstritten und ratlos wie eh und je.

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