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Politik

Brexit: Darum geht's in Runde Zwei

Nina Niebergall
17. Juli 2017

In dieser Woche wollen die Verhandlungspartner aus Großbritannien und der EU erstmals über konkrete Inhalte sprechen. Auf der Agenda stehen gleich mehrere große Streitfragen. Ein Überblick.

Großbritannien - Symbol - Europa
Bild: Getty Images/AFP/J. Tallis

Der britische EU-Austritt ist beschlossene Sache, der Zeitplan ist gesteckt - nun wird es ernst. Oder, wie Michel Barnier es ausdrückte: "Jetzt beginnt die harte Arbeit." Der Franzose sitzt für die Europäische Kommission am Verhandlungstisch. Um diese Themen soll es in dieser Woche gehen:

Rechte der EU-Bürger in Großbritannien

Wie mit den 3,2 Millionen Menschen umgehen, die derzeit mit einem Pass eines anderen EU-Landes in Großbritannien leben? Diese Frage hat für beide Seiten Priorität. Der Vorschlag aus London: Diejenigen, die seit mehr als fünf Jahren im Land leben, sollen eine Art Sonderstatus erhalten. "Wir wollen die EU-Bürger so weit wie möglich wie britische Staatsbürger behandeln, nur dass sie nicht wählen dürfen", versicherte der britische Brexit-Minister zuletzt.

Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg: London lehnt jede Zuständigkeit ab Bild: picture-alliance/dpa/H. Galuschka

Brüssel geht dieses Angebot nicht weit genug. Denn aus EU-Sicht liegt der Teufel im bürokratischen Detail - etwa, wenn es um Familiennachzug oder die Anerkennung von Studien- und Berufsabschlüssen geht. Barnier fordert deshalb klare, einfache Regeln. Schwierig werden dürfte es auch bei der Frage, welche juristische Instanz die Rechte der EU-Bürger überwacht. Das will Brüssel nicht der Willkür künftiger britischer Regierungen überlassen. London lehnt indes jedwede Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ab. 

Die Brexit-Rechnung

Für reichlich Zündstoff sorgt schon jetzt das Thema Geld. Brüssel verlangt von der britischen Regierung, finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen, die sie während ihrer Mitgliedschaft in der Union eingegangen ist. Dabei geht es um laufende Beiträge etwa für Förderprogramme, gemeinsame Schulden oder Pensionen für EU-Beamte. Wie hoch die Rechnung genau ausfallen wird, ist unklar. Durch Brüssel geistern jedoch Zahlen von bis zu hundert Milliarden Euro.

Solche Summen hält in London niemand für diskutabel, auch wenn Großbritanniens Finanzminister Philip Hammond kürzlich einräumte: "Wenn eine Summe ordentlich berechnet und geprüft ist, dann werden wir natürlich darüber reden." Hammond brachte auch eine Übergangsperiode nach dem Austritt im März 2019 ins Gespräch, während der man weiter Beiträge an Brüssel zahlen könne.

Großbritanniens Finanzminister Philip Hammond setzt auf KompromisslösungenBild: Reuters/BBC

Das Problem: London kann sich bislang nicht auf eine einheitliche Verhandlungsposition einigen. Seit der Parlamentswahl im Juni ist Premierministerin Theresa May geschwächt, der Machtkampf innerhalb ihres Kabinetts brodelt heftiger denn je. So steht Hammond als Befürworter eines "weichen" Brexits den Hardlinern David Davis und Boris Johnson gegenüber. Außenminister Johnson hatte zuletzt etwa erklärt, Brüssel könne sich seine Milliardenforderungen abschminken. 

Die irische Grenze

Mit dem Brexit droht den Iren eine skurrile Situation mit unabsehbaren Folgen. So würde die EU-Außengrenze künftig zwischen Nordirland und der Republik Irland verlaufen - inklusive Kontrollen für Pendler und Warenverkehr. Die irische Regierung befürchtet, dass in diesem Fall der jahrzehntelange Nordirland-Konflikt wieder aufbrechen und es zu neuerlicher Gewalt kommen könnte.

Das wollen auch Brüssel und London unbedingt vermeiden. Bislang hat jedoch keine der beiden Seiten konkrete Ideen vorgelegt, wie eine "harte" Grenze vermieden werden soll. Ein weiterer Umstand könnte die Lage verkomplizieren: So war Theresa May nach ihrer Niederlage bei der vorgezogenen Parlamentswahl gezwungen, eine informelle Koalition mit der nordirischen DUP einzugehen. Die protestantische Partei ist wegen ihrer teils radikalen Haltungen in Nordirland umstritten, ihr Verhältnis zum katholischen Irland belastet.

Für Michel Barnier (links) und David Davis geht es nun an die ArbeitBild: picture alliance/dpa/G.Vanden Wijngaert

Rechtliche Zuständigkeiten

Die Unterhändler wollen in dieser Woche auch über laufende Justizverfahren beraten. Das betrifft etwa die Auslieferung von Straftätern, aber auch Vertragsverletzungsverfahren. In Fällen, in denen Großbritannien gegen EU-Recht verstoßen hat, könnte Brüssel also auch nach 2019 noch ermitteln - und womöglich die eine oder andere Geldbuße erheben.

Für die Zeit nach dem Brexit schlägt Brüssel einen "gemeinsamen Ausschuss" vor, der Streitfälle über die Austrittsvereinbarungen regelt. Ist dort keine Einigung möglich, soll der EuGH entscheiden und gegebenenfalls Sanktionen verhängen. Der Gerichtshof ist für London ein rotes Tuch, die Zustimmung zu diesem Vorschlag also fraglich.

Die Atombehörde

Mit dem Brexit verlässt Großbritannien auch die Europäischen Atomgemeinschaft Euratom. Diese ist etwa für die Sicherheit der Nuklearanlagen oder den Umgang mit Atommüll zuständig, regelt aber vor allem den Handel von nuklearem Material. Tritt Großbritannien aus der EU aus, werden sämtliche Lieferverträge - sei es für Atomkraftwerke oder für medizinische Geräte in Krankenhäusern - obsolet. London fürchtet daher Versorgungsengpässe.

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