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Politik

Brexit wird noch komplizierter

Samira Shackle
3. November 2016

Der britische Supreme Court hat dem Unterhaus ein Mitspracherecht beim EU-Austritt eingeräumt. Das dürfte den Brexit-Prozess weiter verzögern.

Großbritannien Gina Miller vor dem Obersten Gericht in London
Klägerin Gina Miller (M.) hat vor dem Supreme Court Recht bekommenBild: picture alliance/abaca/K. Green

"Heute haben wir erfahren, dass diejenigen, die die 'parlamentarische Souveränität wiederherstellen' wollten, keinen Erfolg damit hatten, dem Parlament die Abstimmung zu verweigern", sagt der Jurist David Allen Green nach dem "Brexit-Urteil" des Obersten Gerichts des Vereinigten Königreichs. Mit "diejenigen" meint Green die britische Regierung von Premierministerin Theresa May, die Großbritannien aus der EU führen will, um dem eigenen Parlament die Unabhängigkeit von Brüssel wiederzugeben. Ob das Parlament das überhaupt will, wollte die Regierung aber offenbar nicht wissen, und hatte darauf bestanden, den Brexit ohne Zustimmung des Londoner Parlaments einleiten zu dürfen.

Dagegen hatte eine Kampagne, angeführt von der Investment-Managerin Gina Miller, geklagt - und nun Recht bekommen. "Auf den ersten Blick wirkt dieses einstimmige, detaillierte und gutbegründete Urteil unanfechtbar", so der Jurist Green. Und doch wird genau das erwartet, der Supreme Court hat für den 7. und 8. Dezember schon einmal einen Termin dafür reserviert.

Gestaltungsmacht für das Parlament

"May sagt, dies sei eine Regierungsangelegenheit. Doch das ist letztlich bedeutungslos", sagt Oliver Patel vom Europäischen Institut des University College London. "Eine der Stärken dieses Landes ist seine Rechtsstaatlichkeit und seine sehr solide Judikative. Die Regierung muss letztlich tun, was das Gericht anordnet."

Vertreter des Austrittslagers sehen das naturgemäß anders: Nigel Farage, Vorsitzender der Brexit-Partei UKIP, wittert "Verrat", und seine Stellvertreterin Suzanne Evans forderte gar die Absetzung der Richter und beschuldigte sie, die "Demokratie zu untergraben".

Die Argumente, die während der drei Verhandlungstage vorgebracht wurden, dürften zumindest den politischen Druck erhöhen, dem Parlament eine größere Rolle bei den Verhandlungen einzuräumen. "Diese Entscheidung hat großen Einfluss - nicht nur auf den zeitlichen Ablauf des Brexit, sondern auch auf die Bedingungen", sagt Eleanor Garnier, politische Korrespondentin der BBC. Schließlich könnten die Brexit-Gegner im Unterhaus nun solange ihre Zustimmung verweigern, bis ihnen die Konditionen zusagten.

Verzögerung beim Brexit?

Auch wenn der Supreme Court in seinem Urteil nicht vorschreibt, ob es in der Abstimmung um ein einfaches Ja oder Nein gehen muss oder um ein komplexes Gesetzesvorhaben - in jedem Fall dürfte sich der Austritt Großbritanniens aus der EU verzögern, wenn das Oberste Gericht bei seinem Urteil bleibt.

Premierministerin May will eine Parlamentsbeteiligung verhindernBild: picture-alliance/dpa

Die Mehrheit der Konservativen im Unterhaus beträgt nur zwölf Sitze. Und viele ihrer Abgeordneten hatten beim Referendum für den Verbleib gestimmt. Auch wenn die meisten Torys sich wohl nicht gegen das Ergebnis des Referendums stellen werden, könnte es knapp für die Regierung werden, die nötige Mehrheit zu erhalten, um den Austrittsparagraphen 50 des Lissabon-Vertrages zu bemühen.

"Das Parlament dürfte vor einer Abstimmung Informationen über die Verhandlungspositionen der Regierung einfordern", vermutet Oliver Patel vom University College. Die Regierung müsste dann also ihre Pläne offenlegen. "Das senkt definitiv die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexit - was auch immer das bedeuten würde. Aber das Parlament wird kaum für einen Komplettausschluss aus dem gemeinsamen Binnenmarkt stimmen."

Nach dem Supreme Court bliebe der Regierung noch der Europäische Gerichtshof, um das Parlament von Brexit-Entscheidungen auszuschließen. Aber im aktuellen Klima ist kaum zu erwarten, dass sich irgendjemand an eine europäische Institution wendet.

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