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Politik

Brexit: Woche der Wahrheit in London?

Barbara Wesel
5. Februar 2018

Das Kabinett in London ist tief gespalten in Hard- und Soft-Brexiteers. Nun sollen sie sich endlich einig werden, welche Ziele Großbritannien gegenüber der EU verfolgen will. Ein Schlüsselpunkt: die Zollunion.

Kabinettsitzung in London
Bild: AFP/Getty Images/D. Leal-Olivas

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in Davos für Lacher gesorgt, als sie vor Journalisten ihre immer wiederkehrenden Gespräche mit der britischen Premierministerin darstellte: "Was bietet ihr uns an?" fragt May, und Merkel antwortet: "Ihr wollt doch austreten, ihr müsst doch sagen was ihr wollt." Und so weiter, immer im Kreis.

In London machte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Montag klar, dass es diesen Kreislauf schnellstmöglich zu unterbrechen gelte: "Die Zeit ist gekommen, eine Entscheidung zu treffen", sagte Barnier nach einem Treffen mit Premierministerin Theresa May und ihrem Brexit-Beauftragten David Davis am Vortag der nächsten Verhandlungsrunde in Brüssel. Konkret meinte er damit die Entscheidung über die Konditionen des Außenhandels zwischen EU und Großbritannien nach dem Brexit.

Am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche soll sich das britische "Kriegskabinett", bestehend aus den elf wichtigsten Ministern der Regierung, in 10 Downing Street treffen. Der Druck wächst, nachdem Theresa May am vergangenen Freitag in einem BBC-Interview alle Fragen nach einer anstehenden Entscheidung zum Brexit erneut mit dem Hinweis abgewehrt hatte, es gehe gar nicht um ein Entweder-oder.

Jedes Wochenende Streit über den Brexit

Man wolle beim Brexit aufs Ganze gehen und alles verlangen: reibungslosen und zollfreien Handel mit der EU, eine Lösung für das Irland-Problem und Handelsabkommen mit der ganzen Welt. Außerdem müsse die Kontrolle über Geld, Regeln und Rechtsprechung wieder in britischer Hand liegen. Auch in Mays Kabinett weiß man, dass das Illusionstheater ist. So merkte ein Kritiker aus den eigenen Reihen an, die Regierungschefin verspreche ihren Bürgern weiter "Wundermittelchen".

Mahnt zur Eile: EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier (r.) bei seinem britischen Gegenüber David DavisBild: Imago/A. Parsons

Seit Monaten verläuft jedes Wochenende nach dem gleichen Ritual: Erst melden sich die harten Brexiteers zu Wort und schlagen in den Zeitungen auf die Anhänger eines weichen EU-Austritts ein. Dann machen diese die Runde durch die Politik-Talkshows und versuchen, die andere Seite als Phantasten darzustellen.

So sah man am Sonntag Innenministerin Amber Rudd, die laut über eine Art Zollunion oder ein spezielles Zollabkommen mit der EU nachdachte. Gleichzeitig tourte Wohnungsbauminister Dominic Raab durch die Sendungen und bestritt, dass so etwas infrage käme.

Aus der Downing Street kam inzwischen die Ansage: "Es ist nicht unsere Politik, in einer Zollunion zu bleiben. Wir haben das bereits im letzten Sommer deutlich gemacht. Wir schlagen eines von zwei Modellen vor: eine Zoll-Partnerschaft oder eine stromlinienförmige Zoll-Vereinbarung."

Ende des Flügelstreits?

Eine erneute Palastrevolte des harten Brexit-Flügels gegen Theresa May vom Wochenende scheint einmal mehr im Sande zu verlaufen. Die Unterstützer von Boris Johnson & Co wissen, dass sie keine Mehrheit haben - weder in der Partei, noch im Parlament oder bei den Wählern. Und die Angst vor Neuwahlen ist groß, die Tories rechnen bei den Kommunalwahlen im Mai mit einem vernichtenden Schlag.

Was soll David Davis (l.) verhandeln? Hardliner wie Boris Johnson (r.) und Soft-Brexiteers wie Philip Hammond (M.) müssen sich einigen.Bild: Reuters/J.J.Mitchell

Wenn die Premierministerin sich im Amt halten will, muss sie jetzt einen Kompromiss zwischen den beiden Brexit-Lagern in ihrem Kabinett herstellen. Dazu kursiert der Vorschlag, dass die beiden führenden Brexiteers - Außenminister Boris Johnson und Umweltminister Michael Gove - einer "befristeten Verlängerung von Elementen der Zollunion" zustimmen sollen. Demgegenüber sollten die Minister Rudd und Hammond dann den Weg frei machen, für neue Handelsabkommen zwischen Großbritannien und Drittländern.

Ein Kompromiss, keine Lösung

Es scheint Theresa May zunächst nur darum zu gehen, kurz- und mittelfristig wirtschaftlichen Schaden abzuwenden. Denn eine solche Lösung würde die Grundsatzfragen nur weiter in die Zukunft verschieben, statt ein konkretes Konzept für eine Zukunft nach dem Brexit zu liefern.

Unklar ist auch, wie viele Jahre nach dem Ende der Übergangszeit so eine "befristete Verlängerung" der Zollunion dauern sollte. Zumal längst klar ist, dass die verbleibende Zeit bis Ende 2020 schon jetzt viel zu kurz ist, um ein detailliertes Abkommen zum künftigen Verhältnis zwischen EU und UK abzuschließen.

Wer also erwartet, dass in dieser Woche von der britischen Regierung klare Worte zur Zukunft nach dem Brexit zu hören sind, dürfte enttäuscht werden. In Brüssel wird bereits erwartet, dass aus London bald ein Antrag zur Verlängerung der Übergangsphase kommt.

May hat neue Handelsbeziehungen im Blick

01:29

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