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Politik

Immer noch ein alternatives Machtzentrum?

Alexander Busch
15. November 2019

In einem sind sich die BRICS-Staaten weitgehend einig: Sie positionieren sich zunehmend gegen die USA. Doch sie haben sich unterschiedlich entwickelt und verfolgen teilweise konträre Interessen.

Brasilien BRICS-Gipfel in Brasilia
Bild: Reuters/P. Golovkin

Es sei wie ein Treffen alter Freunde gewesen, erklärte der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro nach dem BRICS-Gipfel in Brasília. Tatsächlich glichen sich die versammelten Staatsführer vor allem beim Alter und dem Geschlecht: Die Präsidenten aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sind alle über 60 Jahre alt. Auf der Suche nach weiteren Gemeinsamkeiten, mussten sich die Staatsführer bei ihrem Gipfel unter brasilianischem Vorsitz gehörig anstrengen.

Kritik an den USA - nur nicht zu offensichtlich

Man einigte sich schließlich im Schlusskommuniqué darauf, Multilateralismus zu fordern, Protektionismus abzulehnen und den Handel innerhalb des Blocks ausbauen zu wollen. Indirekt wurden bei jeder dieser Forderungen die USA unter Präsident Donald Trump kritisiert - aber eben nur indirekt, denn Brasiliens rechtspopulistischer Präsident ist ein erklärter großer Fan seines US-Kollegen und auch für Indien sind die USA ein wichtiger strategischer Handelspartner. Dennoch zeigte sich, dass die Interessenkonflikte innerhalb des BRICS zugenommen haben, jedoch die Bedeutung des Blocks als wirtschaftliche Vereinigung der schnellwachsenden Schwellenländer abgenommen hat.

Unter dem Wachstumsaspekt hatte Jim O`Neill, der Chefökonom der Investmentbank Goldman Sachs in den 2000er Jahren die Staaten Brasilien, Russland, Indien und China zum BRIC-Akronym zusammengefasst. 2010 wurde aus politischen Gründen noch Südafrika als Vertreter Afrikas aufgenommen. Doch aus dem Block, der 40 Prozent der Weltbevölkerung und etwa ein Drittel des Weltwirtschaftsprodukts produziert, ist ein heterogenes Gebilde geworden.

Die BRICS-Durchstarter: Indiens Premier Modi und Chinas Präsident XiBild: picture-alliance/Photoshot/Z. Ling

Von China und Indien abgehängt

Die ursprüngliche Arbeitsteilung bei der Kreation der BRIC-Staaten in der Weltwirtschaft gilt zwar immer noch: Nach O`Neill ist China der industrielle Fertiger ("Werkhalle"), Indien der Dienstleister ("Denkfabrik"), Brasilien der Agrar- und Rohstofflieferant ("Ernährer") und Russland der Öl- und Gasproduzent ("Tankstelle") der Weltwirtschaft. Doch Indien und China sind rasant gewachsen und haben die BRICS-Partner abgehängt. Ihr Anteil an der Weltwirtschaft ist seit 2001 von 12 auf 27 Prozent gestiegen, so der IWF. Russland, Südafrika und Brasilien dagegen haben verloren, von 7 auf 6 Prozent. Brasilien und Südafrika sind nach vielen Krisenjahren Regionalmächte geblieben in der Peripherie der Weltwirtschaft. Russland dagegen ist als Militärmacht weiterhin führend in der Gruppe. Dass sich die Staatschefs trotz der unterschiedlichen Interessen auf den weiten Weg nach Brasília aufgemacht haben, zeigt jedoch, welche Bedeutung sie weiterhin dem Block als alternatives geopolitisches Machtzentrum beimessen.

Die "Werkshalle" der BRICS - Produktion in ChinaBild: Imago

Jeder für sich

Chinas Staatspräsident Xi Jinping kritisierte, dass der wachsende Protektionismus weltweit den Handel und die Investitionen stagnieren lassen würden. Er positionierte sich in Brasília als der Marktwirtschafter, Klimaschützer und Förderer der weltweiten Digitalökonomie - offensichtlich als Alternative zu Trump. Russlands Staatschef Wladimir Putin, dessen Wirtschaft unter der Blockade der Europäischen Union leidet, erklärte sein Interesse an verstärkter internationaler Zusammenarbeit bei Pharmazie, Luft-und Raumfahrt, Informatik und Nukleartechnologie. Indiens Premierminister Narendra Modi dagegen will den Freihandel innerhalb des BRICS ausbauen.

Gastgeber Jair Bolsonaro hielt sich politisch deutlich zurück. Auffällig war, wie er Chinas Xi umwarb. Im Wahlkampf vor einem Jahr hatte Bolsonaro noch laut über die chinesische Expansion in Brasilien geschimpft. Jetzt zeigt er sich dankbar, dass chinesische Energiekonzerne halfen, dass die Ausschreibung von Ölfeldern kürzlich nicht vollständig zum Fiasko wurde. Xi zeigte sich großzügig und kündigte einen Investitionsfonds in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar an, den er für Brasilien auflegen werde für Infrastrukturprojekte. 15 Milliarden will China sofort anweisen, sobald Brasilien eine Eigenbeteiligung von 5 Milliarden US-Dollar vorweisen kann.

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