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Politik

"Bringen Sie die verdammten Impfstoffe JETZT"

12. Dezember 2020

US-Präsident Trump setzte im Kampf gegen die Pandemie stets auf einen Impfstoff, und nie ging es ihm schnell genug. Erst recht nicht zum Ende seiner Amtszeit.

US-Präsident Donald Trump und FDA-Chef Stephen Hahn auf einer gemeinsamen Pressekonferenz (Archiv)
US-Präsident Donald Trump und FDA-Chef Stephen Hahn auf einer gemeinsamen Pressekonferenz (Archiv)Bild: picture-alliance/CNP/S. Reynolds

Der abgewählte US-Präsident beschimpfte seine Zulassungsbehörde. Und sein Stabschef schickte womöglich noch eine Drohung hinterher. Prompt wurde binnen Stunden der erste Corona-Impfstoff in den USA zugelassen. Währenddessen sprach der künftige Präsident von einem "tragischen Meilenstein" angesichts von mehr als 3000 Corona-Toten in den USA an einem einzigen Tag.

In scharfem Ton hatte Donald Trump die zuständige Arzneimittelbehörde FDA aufgefordert, den Corona-Impfstoff des Mainzer Pharma-Unternehmens BioNTech und des US-Konzerns Pfizer sofort zuzulassen. FDA-Chef Stephen Hahn solle "die verdammten Impfstoffe JETZT" herausbringen, twitterte der US-Präsident. "Hören Sie auf, Spiele zu spielen, und fangen Sie damit an, Leben zu retten!!!" Die FDA bezeichnete er als "große, alte, langsame Schildkröte".

Nach Recherchen der "Washington Post" soll Trumps Stabschef Mark Meadows den FDA-Chef zum sofortigen Rücktritt aufgefordert haben, falls nicht noch am Freitag ein Impfstoff zugelassen werde. Bei der "New York Times" heißt es, Meadows habe Hahn aufgefordert, nach einem anderen Job Ausschau zu halten. Mehrere US-Medien bestätigen die Berichte.

Die FDA fühlt sich "ermutigt"

Hahn selber sprach von einer unwahren Darstellung des Telefonats mit dem Stabschef. Die FDA sei "ermutigt" worden, den Antrag von BioNTech-Pfizer zügig zu bearbeiten. "Die FDA ist entschlossen, diese Genehmigung schnell zu erteilen." Eigentlich war die Notfallzulassung des Corona-Impfstoffs für Samstagmorgen geplant, nun wurde alles um ein paar Stunden vorgezogen: Am Freitagabend gab die Behörde den Impfstoff frei.  

Eine bei der FDA angesiedelte unabhängige Impfkommission hatte am Donnerstagabend eine beschleunigte Zulassung für den Impfstoff von BioNTech und Pfizer empfohlen. Die entsprechende Entscheidung der FDA wurde deshalb binnen kürzester Zeit erwartet, um mit den Impfungen schon am Montag beginnen zu können. Bereits am vergangenen Dienstag hatte die Arzneimittelbehörde erklärt, sie stufe das Mittel als sicher und wirksam ein.

Die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA Bild: Jacquelyn Martin/dpa/picture alliance

Trump hatte die schnelle Entwicklung von Corona-Impfstoffen zum Hauptziel seiner Politik im Umgang mit der tödlichen Pandemie gemacht. Es muss sich zeigen, inwieweit der Präsident mit dem Druck auf die Zulassungsbehörden das Vertrauen in die Impfungen untergräbt. Unmittelbar nach der Zulassung veröffentlichte er ein Video, in dem er die überaus rasche Entwicklung des Impfstoffs als einen Erfolg seiner Regierung darstellt: "Die Pandemie mag in China begonnen haben, aber wir beenden sie genau hier, in Amerika."

"Höchste einzelne Todeszahl während dieser Pandemie"

Der künftige US-Präsident Joe Biden nannte den neuen Höchststand an Coronavirus-Toten einen "tragischen Meilenstein". "Mehr als 3000 Tote an einem einzigen Tag, die höchste einzelne Todeszahl während dieser Pandemie", sagte er in Wilmington im Bundesstaat Delaware. "Das sind mehr Tote an einem einzelnen Tag, als wir an 9/11 oder in Pearl Harbor hatten." Damit bezog er sich auf die Anschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington sowie auf den japanischen Angriff auf Pearl Harbor (Hawaii) im Dezember 1941.

Biden hatte in dieser Woche ein 100-Tage-Programm zur Bekämpfung der Pandemie angekündigt, das er nach seiner Amtsübernahme am 20. Januar sofort umsetzen wolle. Teil des Plans ist die Verabreichung von mindestens 100 Millionen Dosen eines Impfstoffs in dieser Frist. Er forderte den US-Kongress erneut auf, das monatelange Tauziehen zu beenden und ein neues Hilfspaket in der Krise zu beschließen.

Der Pharmakonzern Moderna teilte derweil mit, die US-Regierung kaufe weitere 100 Millionen Dosen seines Impfstoff-Kandidaten. Diese Dosen würden im zweiten Quartal des kommenden Jahres geliefert. Von den ersten 100 Millionen bereits von den USA gekauften Einheiten würden 20 Millionen noch in diesem Monat ausgeliefert, die restlichen 80 Millionen im ersten Quartal 2021. Die USA hätten zudem die Option, 300 Millionen weitere Dosen von Moderna zu kaufen. Auch der Moderna-Impfstoff muss erst noch von der FDA zugelassen werden.

rb/wa (afp, ap, dpa, rtr)