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Royals in Bedrängnis?

12. August 2021

Der britischen Königsfamilie droht ein weiterer Skandal: Prinz Andrew wird wegen sexuellen Missbrauchs verklagt. Wie groß ist der Schaden für die Royals?

Prinz Andrew Porträt
Prinz Andrew, der Sohn von Queen Elizabeth II., wird verklagtBild: Steve Parsons/empics/picture alliance

Der US-Investmentbanker Jeffrey Epstein hat sich vor zwei Jahren in seiner Zelle umgebracht, doch der Schatten des Sexualtäters fällt immer noch auf den zweitjüngsten Sohn der britischen Königin, Prinz Andrew. Der soll vor mehr als 20 Jahren mithilfe von Epstein ein 17-jähriges Mädchen mehrfach sexuell missbraucht haben. Das mutmaßliche Opfer, die heute 38-jährige Virginia Giuffre, hat nun bei einem US-Bundesgericht Klage gegen den Prinzen eingereicht. Mit den Worten: "Ich mache Prinz Andrew dafür verantwortlich, was er mir angetan hat. Die Mächtigen und Reichen sind nicht davon ausgenommen, für ihre Taten zur Verantwortung gezogen zu werden."

Virgina Giuffre vor der PresseBild: Bebeto Matthews/AP/dpa/picture alliance

Bereits 2019 hatte Virginia Giuffre den Prinzen im Zuge eines Prozesses um den Pädophilen-Ring, den Epstein zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen aufgebaut haben soll, zur Verantwortung ziehen wollen. Der hatte daraufhin ein BBC-Interview gegeben, bei dem er sich nicht wie erhofft verteidigt, sondern in peinlichster Weise selbst demontiert hat. Danach ist er von seinen royalen Ämtern zurückgetreten, wies jedoch alle Anschuldigungen zurück und bleibt bis heute dabei, dass er nichts von den Machenschaften seines Freundes Epstein gewusst habe. Der Prozess in New York soll nun die Wahrheit ans Tageslicht bringen.

"Die Queen kann keine Krise erschüttern"

Für das britische Königshaus ist dies eine traurige Premiere. Denn noch nie war vorher ein Mitglied der Royal Family verklagt worden. Für die 95-jährige Queen Elizabeth II. wäre dies ein weiterer Schlag in diesem ohnehin schwierigen Jahr. Sie hat ihren Ehemann Prinz Philip verloren - und die peinlichen Enthüllungen ihres Enkels Harry und dessen Frau Meghan im Frühjahr über vermeintlichen Rassismus in der Königsfamilie haben ihr ebenfalls zugesetzt. Adelsexpertin Julia Melchior macht sich im DW-Interview keine großen Sorgen: "Eine von Elizabeths großen Tugenden ist, dass sie allen Krisen standhält. Ob es Regierungskrisen sind oder Familienkrisen, Staatsaffären, Liebesaffären - das ist ja fast wie eine Soap-Opera in dieser Familie! - das ist das Bewundernswerte, dass sie das stoisch über sich ergehen lässt und weiter ihren Dienst tut. Sie lässt sich nicht beirren sondern hält an ihrer Berufung fest. Und dann kann sie keine Krise erschüttern."

Die Queen kann nichts erschütternBild: picture-alliance/abacaD. Nievere

Jeder Skandal sei zwar ein weiterer Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe, so Julia Melchior. Jedoch: "Prinz Andrew ist nicht die Institution Königshaus. Er ist eine Nebenfigur, die der Familie großen Schaden zufügt, aber wegen ihm wird nicht die Monarchie wackeln."

Die Königsfamilie lebt nicht mehr zeitgemäß

Kinder und Enkel der Queen haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder für Skandale gesorgt. Welchen Anteil die Queen selber daran haben könnte - dazu stellt sich Julia Melchior die Frage, ob Elizabeth es vielleicht verpasst hat, ihr Haus zu reformieren. "Die Queen lebt das Modell der Großfamilie, die im Dienst der Krone steht, und das ist nicht mehr zeitgemäß, das können diese Menschen nicht leisten. Das kann man von den Familienmitgliedern nicht mehr erwarten. Es gibt da eine Kernfamilie, das ist die Queen, der direkte Thronfolger Charles, dann William und Kate und deren Kinder. Und all die anderen - das sind Nebenrollen. Von denen wird erwartet, dass sie sich königlich verhalten, aber am Ende haben sie auch nicht wirklich was zu tun."

Aus dem Falklandkrieg ist Prinz Andrew 1982 als Held zurückgekehrtBild: picture-alliance/dpa

Früher, so Melchior, sei Prinz Andrew der Sunnyboy der Königsfamlie gewesen. Ein Kriegsheld, gefeiert wie ein Popstar, die Nummer zwei in der Thronfolge. Doch dann heiratete sein Bruder Charles, dann kamen dessen Söhne - und Andrew rutschte in der Thronfolge immer weiter nach hinten und zurück in die Bedeutungslosigkeit.

Dieses unerfüllte Leben, vermutet Melchior, führte Andrew auch schließlich dazu, sich in dubiose Kreise wie die um Epstein zu begeben - gegen die royale Langeweile. Melchiors Fazit: "Dadurch, dass diese Nebenfiguren wie Andrew oder auch Prinz Harry keinen wirklichen Nutzen für die Monarchie haben, schaden sie ihr mit ihrem Verhalten. Das haben die anderen Königshäuser in Europa besser gemacht. Sie verabschieden ihre Mitglieder in ein selbstbestimmtes, in ein bürgerliches Leben.

Familienzusammenkunft in Schottland

Inzwischen ist Prinz Andrew nach Schottland gereist. Dort verbringt Queen Elizabeth traditionell ihren Sommerurlaub auf Schloss Balmoral. Auch die Ex-Frau des Prinzen, Sarah "Fergie" Ferguson ist dabei, sowie Tochter Eugenie mit Familie. Ob es ein Krisentreffen ist oder einfach eine Demonstration des Familienzusammenhalts - das ist nun Spekulationssache. Denn wie sehr auch immer Prinz Andrews Verhalten dem Lebenswerk der Königin schadet - die Queen könne gut zwischen ihrem Amt als Staatsoberhaupt und ihrer Rolle als Mutter unterscheiden, so die Adelsexpertin Julia Melchior.

 

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online