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Politik

Ex-Premiers vereint gegen Boris Johnson

13. September 2020

Im Brexit-Streit wächst der Druck auf den britischen Regierungschef, der den längst gültigen Austrittsvertrag mit der EU wieder aufbohren will. Die Ex-Premiers Tony Blair und John Major halten das Vorhaben für schamlos.

UK Brexit Verhandlungen | Boris Johnson
Boris Johnson verfügt im Unterhaus über eine Mehrheit von 80 Stimmen (Archivbild)Bild: AFP/N. Halle'n

Die früheren Regierungschefs Tony Blair und John Major riefen über die Parteigrenzen hinweg das Londoner Parlament zum Widerstand auf. Am Montag will sich das Unterhaus mit dem Gesetzesvorhaben Johnsons beschäftigen.

Der Premierminister beabsichtigt, mit dem sogenannten Binnenmarktgesetz entscheidende Vertragsklauseln zu Nordirland auszuhebeln, die von Anfang an umstritten waren. Sie sollen verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Staat Irland eine feste Grenze entsteht.

Rufschädigend

Die Ex-Premiers Tony Blair von der Labour-Partei und John Major - wie Johnson ein Konservativer - nannten das Vorhaben in der "Sunday Times" "unverantwortlich, grundsätzlich falsch und in der Praxis gefährlich". Das neue Gesetz werde den irischen Friedensprozess und die Handelsgespräche mit der EU schädigen.

Mit dem geplanten Binnenmarktgesetz will sich das Londoner Unterhaus am Montag beschäftigen (Archivbild)Bild: picture-alliance/empics/House of Commons

Blair und Major, die beide eine entscheidende Rolle bei der Befriedung Nordirlands gespielt haben, sind seit jeher Gegner der Scheidung Großbritanniens von der Europäischen Union. Sie riefen die Unterhaus-Abgeordneten auf, Johnsons geplantes Gesetz mit dem Argument abzulehnen, dass es den erreichten Frieden gefährde und dem Ruf des Vereinigten Königreichs schade.

Johnson versucht zu überzeugen

Laut Medien lehnen etwa 30 konservative Abgeordnete das Gesetz ab. Johnson verfügt allerdings über eine Mehrheit von 80 Stimmen im Unterhaus. Labour-Chef Keir Starmer warf dem Premier vor, die Uhr zurückgedreht zu haben. Auch aus dem Oberhaus gab es scharfe Kritik.

Mit einem eindringlichen Appell versuchte Johnson, die Kritiker zu überzeugen - und griff dabei die EU scharf an. "Lasst uns die EU dazu bringen, ihre Drohungen vom Tisch zu nehmen. Lasst uns dieses Gesetz durchbringen, unsere Verhandler unterstützen und unser Land schützen", schrieb er im "Telegraph".

Brüssel versuche, einen Teil des Vereinigten Königreichs vom Rest abzutrennen und die wirtschaftliche und territoriale Einheit zu zerstören. Das habe man niemals ernsthaft angenommen, als man den Brexit-Vertrag "in gutem Glauben" mit der EU verhandelt habe.

EU-Unterhändler Michel Barnier konterte auf Twitter. Die Vereinbarungen zu Nordirland seien "keine Bedrohung der Integrität des Vereinigten Königreichs. Wir haben diesen delikaten Kompromiss mit Boris Johnson und seiner Regierung ausgehandelt, um Frieden und Stabilität auf der irischen Insel zu wahren. Wir hätten über die Konsequenzen des Brexits nicht klarer sein können." In einem zweiten Tweet meinte Barnier: "Bei den Fakten zu bleiben, ist essenziell."

Für die EU handelt es sich ganz klar um einen Rechtsbruch. Brüssel forderte London daher auf, bis spätestens Ende September einzulenken. Kritiker befürchten, dass das geplante Gesetz der Todesstoß für den Handelsvertrag sein könnte, der die künftigen Wirtschaftsbeziehungen neu regeln soll. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase droht ohne Vertrag ein harter Bruch mit Zöllen und hohen Handelshürden. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wäre dies ein Horror-Szenario.

uh/haz (dpa, afp, rtr)

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