Britische Polizei fasst mutmaßliche Schleuser
25. Oktober 2019Bei den Ermittlungen zum Fund von 39 Leichen in einem Sattelauflieger bei London hat die britische Polizei drei weitere Personen festgenommen. Bei ihnen handele es sich um einen 48 Jahre alten Mann aus Nordirland sowie einen 38 Jahre alten Mann und eine Frau gleichen Alters. Ihnen würden Menschenhandel wie auch Totschlag in 39 Fällen vorgeworfen, teilten die Behörden mit. Zudem bleibe der bereits unter Mordverdacht festgenommene, aus Irland stammende Fahrer des Lastwagens in Haft. Der Inhaftierungsbeschluss gegen ihn sei am Donnerstag verlängert worden.
Forderungen nach Freilassung des Lkw-Fahrers
Im Internet kursierten derweil Online-Petitionen, in denen seine Freilassung gefordert wird. Unklar blieb zunächst, ob er oder jemand anderer die Polizei informiert hat und was er über den Inhalt des Aufliegers wusste. Die Zugmaschine war aus Irland gekommen, der Auflieger kam über den belgischen Hafen Zeebrügge nach Purfleet. Deshalb ermitteln auch Belgiens Behörden. Die Zugmaschine transportierte ihn dann in ein Industriegebiet in Grays östlich von London. Wann und wo die Menschen in den Lkw gelangten, ist derzeit völlig unklar.
Alle 39 in dem Lastwagen-Anhänger entdeckten Leichen werden in einem Krankenhaus in Chelmsford obduziert. Die ersten elf Toten wurden am Donnerstagabend - begleitet von einer Polizeieskorte - in die Einrichtung gebracht. Die Opfer, 31 Männer und acht Frauen, stammen nach Polizeiangaben aus China. Experten rechnen mit sehr langen Untersuchungen nach dem grausigen Fund. Die formelle Identifizierung werden den Obduktionen folgen, teilte die Polizei weiter mit. "Das wird ein langer aber entscheidender Teil dieser Untersuchung", hieß es.
BBC: Vietnamesen unter Toten befürchtet
Nach Informationen des britischen Senders BBC könnten mindestens sechs Vietnamesen unter den Opfern sein. Der Sender wisse von sechs vietnamesischen Familien, die befürchteten, dass Verwandte unter den Opfern sind, hieß es in einem Bericht. Eine vietnamesische Familie bestätigte der BBC, dass sie 30.000 Pfund für das Schleusen einer jungen Frau bezahlt habe. Die junge Frau habe am Dienstag - nur Stunden vor dem Leichenfund - noch Kontakt über SMS-Nachrichten gehalten - und dabei geklagt, sie sei am Ersticken. "Es tut mir sehr, sehr leid", habe sie an ihre Eltern geschrieben, berichtete die BBC unter Berufung auf Aussagen eines Mannes, der sich als Bruder des Opfers vorstellte. Die Polizei wollte keine Stellung dazu nehmen. Man warte die formelle Identifizierung ab, hieß es in London.
Hafenchef: Menschen wohl nicht in Zeebrügge in Auflieger gelangt
Die Leichen waren in der Nacht zum Mittwoch im Laderaum des Lastwagens im Ort Grays entdeckt worden. Die Umstände deuten stark darauf hin, dass es sich bei den Opfern um ins Land geschleuste Migranten handelt. Möglicherweise sind die Menschen im Laderaum erfroren, da der große Lkw-Sattelauflieger zur Kühlung geeignet ist. Offiziell bestätigt wurde die Todesursache zunächst nicht.
Der Chef des Hafens in Zeebrügge, Joachim Coens, sagte dem belgischen Fernsehsender VRT, es sei "höchst unwahrscheinlich", dass die Menschen in Belgien in den Anhänger gestiegen sein könnten. "Ein Kühlcontainer kommt hier vollständig versiegelt an. Bei der Inspektion wird die Dichtung überprüft und auch das Nummernschild und der Fahrer wird mit Kameras überprüft", sagte Coens. Anschließend werde die Fracht auf ein Schiff verladen.
sti/uh (ap, dpa, rtr)