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'Nicht zu gewinnen'

5. Oktober 2008

Der Kampf gegen die Taliban könne nicht gewonnen werden, meint der ranghöchste britische Befehlshaber in Afghanistan. Stattdessen müsse man mit den Islamisten verhandeln. Die Kritik bei Militärs und Politikern wächst.

Soldaten der Taskforce Helmand aus Dänemark, Estland und Großbritannien (April 2007, Quelle: AP)
Wieviel Sinn macht der internationale Militäreinsatz in Afghanistan, fragen sich immer Verantwortliche in Politik und MilitärBild: picture-alliance/ dpa

"Wir werden diesen Krieg nicht gewinnen", sagte der Brigadegeneral der britischen Luftwaffe in Afghanistan, Mark Carleton-Smith, der "Sunday Times" (05.10.2008). Es sei notwendig, die "Erwartungen herunterzuschrauben". Die Briten sollten sich auf ein mögliches Abkommen mit den Taliban einstellen.

Seine Truppen hätten den radikalislamischen Taliban für das Jahr 2008 zwar "den Stachel gezogen", sagte Brigadegeneral Carleton-Smith im Interview mit der "Sunday Times". Es sei aber "unrealistisch", dass die internationalen Truppen das Land von den Rebellen befreien könnten. Es gehe vielmehr darum, "den Aufstand auf ein kontrollierbares Maß zu reduzieren, das keine strategische Bedrohung darstellt und von der afghanischen Armee beherrscht

werden kann".

Eine Lösung: Gespräche mit den Taliban

Das könne auch bedeuten, Gespräche mit den Taliban in Betracht zu ziehen, sagte Carleton-Smith. Die Briten sollten sich auf ein mögliches Abkommen einstellen. Wenn die Rebellen bereit seien, "auf der anderen Seite des Tisches Platz zu nehmen" und über eine politische Einigung zu sprechen, sei das "eine Art Fortschritt". In Afghanistan sind 7800 britische Soldaten stationiert, die meisten in der Unruheprovinz Helmand. Seit Beginn des Einsatzes 2001 kamen rund 120 britische Soldaten ums Leben.

Ein "akzeptabler Diktator"

Noch deutlicher argumentiert der britische Botschafter in Afghanistan, Sherard Cowper – jedenfalls wenn stimmt, was der französische Kollege Cowpers der Regierung in Paris mitgeteilt hat. Das französische Wochenblatt "Canard Enchainé", dem das Schreiben der Botschaft vorliegt, berichtet, Cowper halte die aktuelle Strategie für falsch. Nach Meinung des Botschafters wäre es gut, wenn "in fünf bis zehn Jahren" ein akzeptabler Diktator in Kabul regieren würde. "Dies ist der einzige realistische Weg, und man muss unsere Öffentlichkeit darauf vorbereiten, das zu akzeptieren."

Die Lage verschlimmere sich nach seiner Meinung und die westliche Militärpräsenz sei "ein Teil des Problems". Nach Ansicht Cowpers muss man die USA unterstützen, aber die US-Strategie sei "zum Scheitern verurteilt". Die korrupte Regierung in Kabul habe jeden Kredit verspielt. "Die Verstärkung der militärischen Mittel hätte perverse Effekte: Sie würde uns noch klarer als Besatzungsmacht hinstellen und die Zahl der Ziele (für die radikal-islamischen Taliban) vervielfachen."

Widerspruch zu Browns Politik

Mit der offiziellen Politik Großbritanniens haben diese Äußerungen allerdings wenig gemein: Erst im August hatte der britische Premierminister Gordon Brown die Entschlossenheit Großbritanniens im Kampf gegen den Terrorismus bekräftigt. Gleichzeitig versprach er, mehr in die Ausbildung der afghanischen Armee zu investieren. Zwei Monate zuvor hatte der britische Verteidigungsminister Des Browne angekündigt, die Zahl der britischen Soldaten auf mehr als 8000 zu erhöhen.

Auch andere Nato-Vertreter und Diplomaten haben sich wiederholt für Verhandlungen mit den Extremisten ausgesprochen und betont, dass die Taliban alleine mit militärischen Mitteln nicht in den Griff zu bekommen seien. Am Freitag wies ein hochrangiger Taliban-Kommandeur jedoch eine Versöhnung mit der afghanischen Regierung, die er als Marionetten-Regierung bezeichnete, zurück. Die Gewalt in dem Land hat mittlerweile den höchsten Stand erreicht seit dem Sturz der Taliban-Regierung durch US-geführte Truppen 2001. (mag)

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