Britischer Verteidigungsminister tritt zurück
1. November 2017Die Vergangenheit hat den britischen Verteidigungsminister Michael Fallon eingeholt. Er soll 2002 bei einem Dinner einer Journalistin mehrfach ans Knie gefasst haben. Außerdem soll ein Staatssekretär seine Assistentin beauftragt haben, in einem Sex-Shop Vibratoren zu kaufen. Zunächst entschuldigte sich der Verteidigungsminister, nun nahm Fallon seinen Hut. Als sein Nachfolger wurde inzwischen der konservative Politiker Gavin Williamson ernannt.
Keine offizielle Untersuchung gegen den Minister
Er sei "in der Vergangenheit hinter den hohen Standards zurückgeblieben, die wir an die Streitkräfte stellen", begründete Fallon den Schritt in seinem Entlassungsgesuch an die britische Premierministerin Theresa May. Gleichwohl beharrte der Verteidigungsminister darauf, dass viele der veröffentlichten Vorwürfe gegen ihn "falsch" seien. Seinen Parlamentssitz will Fallon behalten. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe lief gegen den Minister ein Disziplinarverfahren. Eine offizielle Untersuchung soll es laut Regierung aber nicht geben.
Fallon gilt als enger Verbündeter von Regierungschefin May. Die lobte ihren bisherigen Verteidigungsminister am Abend ausdrücklich: In seiner Amtszeit habe er dazu beigetragen, dass die britischen Streitkräfte im Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) erfolgreich gewesen seien und mehr als drei Millionen Menschen aus den Fängen der islamistischen Fundamentalisten hätten befreit werden können.
Liste über "unangemessenes Verhalten"
Der 65-Jährige hatte den Posten als Verteidigungsminister seit 2014 inne. Von 2010 bis 2012 war er stellvertretender Vorsitzender der britischen Konservativen. Sein Rücktritt erhöht den Druck auf Mays Kabinettschef Damian Green. Auch er soll einer Frau ans Knie gefasst haben, streitet die Vorwürfe aber ab.
Der Zeitung "Times" zufolge zirkuliert unter Mitarbeitern der konservativen Fraktion des Unterhauses eine Liste mit fast 40 Abgeordneten, darunter mehrere Regierungsmitglieder, gegen die es Vorwürfe wegen "unangemessenen Verhaltens" geben soll. Premierministerin May hatte angekündigt, sollte es Hinweise oder Belege für Fehlverhalten geben, werde dies Konsequenzen haben. Zugleich forderte sie wirkungsvollere Maßnahmen gegen sexuelle Übergriffe im Parlament.
Sexuelle Übergriffe auch bei Labour?
Nicht nur bei den Konservativen, auch bei der oppositionellen Labour-Partei gibt es Ärger: Eine Frau, die früher Mitglied des Partei-Präsidiums war, berichtete öffentlich von einer Vergewaltigung durch einen hochrangigen Parteikollegen. Sie habe aus Angst nach der Tat im Jahr 2011 keine Anzeige erstattet. Parteichef Jeremy Corbyn kündigte eine unabhängige Untersuchung an.
Ausgelöst wurde die Debatte über sexuelle Belästigung in Großbritannien durch den Fall des Hollywoodproduzenten Harvey Weinstein. Gegen ihn haben viele Frauen Vorwürfen der sexuellen Belästigung erhoben. Seitdem berichteten hunderttausende Frauen und Männer von ähnlichen Vorfällen, was eine breite Debatte über derartige Taten anstieß. Die im Fall Fallon betroffene Journalistin nahm den Vorfall selbst offenbar gelassen: Sie twitterte: "Meine Knie blieben intakt."
cw/wa (dpa, rtr)