Attraktive Strände, ausgebuchte Hotels, lange Partys: Bulgariens Tourismus brummt. Urlauber fühlen sich sicher. Die Branche hofft auf eine Supersaison.
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Rezeptionistin Anita hat alle Hände voll zu tun. Kaum hat eine englische Reisegruppe ins schicke Hotel an Bulgariens Schwarzmeerküste eingecheckt, schon kommt ein Bus mit neuen Feriengästen. "Das Hotel ist voll besetzt", freut sich Anita.
Im Badeort Slantschew Brjag - international als Sonnenstrand oder "sunny beach" bekannt - brummt der Tourismus. Wegen der Terrorgefahr in Reiseländern wie der Türkei oder Ägypten hat sich Bulgarien als Ausweichziel etabliert. Stammkunden schätzen das gute Preis-Leistungs-Verhältnis von All Inclusive-Urlaub und die Strände mit feinem Sand. "Die bulgarischen Urlaubsorte sind sichere und bevorzugte Reiseziele", bekräftigt Tourismusministerin Nikolina Angelkowa im Parlament in Sofia. Der regionale Polizeichef Schiwko Daskalow lobt die gute Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte mit den Hotels, damit mögliche Terrorakte vermieden werden. "Dazu gehört die Bewachung von Badestränden und Schulung von Hotelpersonal", sagt er.
Über acht Millionen Feriengäste
Hoteliers und Kneipenbesitzer, Eis- und Ticketverkäufer hoffen unisono auf einen Supersommer. Angelkowa ist optimistisch gestimmt. Sie rechnet mit zehn Prozent mehr Touristen als im Rekordjahr 2016. Es war mit 8,2 Millionen Feriengästen aus dem Ausland das beste Jahr für den bulgarischen Tourismus seit der Wende 1989. Gut zehn Prozent der Urlauber kamen im vergangenen Jahr aus Deutschland - fast 33 Prozent mehr als 2015. Dieses Jahr sei allein die Zahl der Frühbuchungen aus der Bundesrepublik um 29 Prozent gestiegen.
Das Institut für Tourismus-Analysen in Sofia geht für 2017 von elf Prozent mehr Feriengästen als im Vorjahr aus. Die größten Konkurrenten Bulgariens sind seine Nachbarn Griechenland und Türkei.
Jetzt ist der Kunde König
Die bekanntesten Badeorte - Slantschew Brjag im Süden und Slatni Pjassazi (Goldstrand) im Norden - entstanden vor 60 Jahren entlang der längsten Sandstrände der Schwarzmeer-Küste. Von dem eintönigen, vom damaligen kommunistischen Staat gelenkten Fremdenverkehr gibt es heute keine Spur mehr.
Mit dem Übergang zur Marktwirtschaft schossen überall neue Hotels aus dem Boden. Die alten Anlagen wurden privatisiert und gründlich renoviert. Dazu kamen neue Feriensiedlungen, Grünanlagen, Wasserparks und Discos. Jetzt ist der Kunde König, lautet das Credo nicht nur der energischen Rezeptionistin Anita.
Personal wird dringend gesucht
Der bulgarische Tourismus hat aber ein großes Problem - es herrscht Personalmangel. "Ich bin neu und weiß nichts", gibt eine Mitarbeiterin eines zentral gelegenen Reisebüros in Slantschew Brjag offen zu. Überall in den Badeorten gibt es Stellenangebote. "Mitarbeiter gesucht", steht etwa auf einem Grillofen oder auf der Gartenmauer eines indischen Restaurants.
Mehr als Strand: Reisetipps für Bulgarien
Weltberühmte Klöster, tausendjährige Städte, verträumte Dörfer, grandiose Berge - Bulgarien ist Top-Reiseziel und Geheimtipp zugleich. Touristen fahren meist nur ans Schwarze Meer. Schade eigentlich!
Bild: DW/D. Schwiesau
Kloster Batschkovo
Bulgarien hat nur sieben Millionen Einwohner, aber stolze 237 Klöster! Kein Wunder, vor 1100 Jahren war das Land am Schwarzen Meer die Wiege des orthodoxen Christentums. Das Kloster Batschokovo gehört heute zu den wichtigsten Wallfahrtsorten in ganz Südosteuropa. Es wurde im Jahr 1083 gegründet und ist auch für Nichtchristen ein Erlebnis.
Bild: DW/D. Schwiesau
Park am Nationaltheater, Sofia
Obwohl auch Sofia mehr als eintausend Jahre alt ist, präsentiert sich die Hauptstadt Bulgariens sehr jung und grün. Es gibt unzählige Parkanlagen und in denen spielt sich das Leben der Sofioter ab, umsonst und draußen. Auch der Park am Nationaltheater im Stadtzentrum ist ein beliebter Treffpunkt.
Bild: DW/D. Schwiesau
Statue der Sofia
Sofia ist mit Sehenswürdigkeiten nicht gerade gesegnet, aber diese Bronzestatue ist nicht zu übersehen: Sie ist 8,80 Meter hoch, wiegt fünf Tonnen und ist aus 160 Teilen zusammengesetzt. 2001 schenkte sie der Bürgermeister seiner Stadt, seither sorgt sie für Diskussionen. Doch egal, ob schön oder nicht, sie ist auf jeden Fall ein neues Wahrzeichen Sofias.
Bild: DW/D. Schwiesau
Banja Bashi Moschee, Sofia
Fünf Jahrhunderte lang war Bulgarien von den Türken besetzt. Daran erinnert die große Moschee, das einzige Erbe der osmanischen Zeit in Sofia. Die Moschee wurde im 16. Jahrhundert errichtet. Sie gilt als eine der ältesten Moscheen in Europa und wird immer noch als Gebetshaus genutzt.
Bild: DW/D. Schwiesau
Monument am Shipkapass
Das Nationaldenkmal auf dem Shipkapass erinnert an eine der wichtigsten Schlachten zur Befreiung von der osmanischen Herrschaft. 1878 konnte sich Bulgarien, mit massiver Unterstützung von Russland, seine Unabhängigkeit zurück erkämpfen. Der Shipkapass führt in einer Höhe von 1200 Metern über das Balkangebirge und ermöglicht einen großartigen Blick ins Land.
Bild: DW/D. Schwiesau
Veliko Tarnovo
Der Balkan ist mit 600 Kilometern die längste Bergkette auf der gleichnamigen Halbinsel; er teilt Bulgarien in Nord und Süd. Im Norden befindet sich die alte bulgarische Hauptstadt Veliko Tarnovo. Das charmante Städtchen beeindruckt allein schon aufgrund seiner Lage entlang des Flusses Jantra.
Bild: DW/D. Schwiesau
Devetashka-Höhle
Die 60 Meter hohen Deckengewölbe der Devetashka-Höhle zählen zu den spektakulären Natur-Szenerien Bulgariens. 2011 wurde hier eine Action-Szene für den Hollywood-Film "The Expendables 2" gedreht. Allerdings mit dem Ergebnis, dass die Population der Fledermäuse um 75 Prozent zurückging. Mittlerweile haben sich die Gemüter der Naturschützer beruhigt und die Fledermäuse sind zurückgekehrt.
Bild: Devetaki Plateau Association
Plovdiv
Plovdiv wurde wie Rom auf sieben Hügeln erbaut, aber die zweitgrößte Stadt Bulgariens ist viel älter, nämlich 8000 Jahre alt. Thraker, Römer, Osmanen haben ihre Spuren hinterlassen. Mit dem reichen Erbe der Geschichte mischt sich ein modernes urbanes Leben. Cafés und Restaurants, Läden und Galerien prägen das entspannte Klima in der Stadt.
Bild: DW/D. Schwiesau
Amphitheater Plovdiv
Das antike Marmortheater ist eine der schönsten Hinterlassenschaften der Römer, erbaut unter Kaiser Trajan zu Beginn des 2. Jahrhunderts. Bis zu 7000 Menschen haben hier antike Tragödien und Komödien gesehen. Auch heute bilden die alten Säulen eine prächtige Kulisse für Konzerte und Theateraufführungen.
Bild: DW/D. Schwiesau
Altstadt Plovdiv
Im Vergleich sind die schmucken Häuser in der Altstadt von Plovdiv relativ jung. Reiche Kaufleute bauten sie im typisch bulgarischen Baustil gleich nach der nationalen Wiedergeburt im 19. Jahrhundert. Jedes neue Haus sollte schöner werden als das des Nachbarn. Und so zieren sie heute die kopfsteingepflasterten Gassen der Altstadt.
Bild: DW/D. Schwiesau
Plovdiv - Kulturhauptstadt Europas 2019
Gerade in diesem Jahr lohnt eine Reise nach Plovdiv, denn es ist - neben Matera in Italien - Kulturhauptstadt Europas. Bei der Gelegenheit können Sie sich gleich noch die anderen Sehenswürdigkeiten des Balkanlandes anschauen. Denn Bulgarien sollte nicht länger ein Geheimtipp bleiben.
Bild: D. Schwiesau
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Wegen der geringen Bezahlung in dem ärmsten EU-Land ziehen Rezeptionisten, Zimmermädchen, Köche, Kellner und Rettungsschwimmer seit Jahren etwa nach Griechenland, Italien oder Malta um, wo sie viel besser verdienen. Die Engpässe sollen jetzt tausende Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten wie etwa der Ukraine und Moldawien beseitigen. Die Regierung in Sofia lockerte zum 1. Juni die Regeln für die Einstellung dieser Kräfte.
Denn der Tourismus ist wichtig für die Entwicklung des Landes. Die Branche steuert rund 13 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei. Die Einnahmen von Januar bis November des Rekordjahres 2016 lagen offiziell bei 3,15 Milliarden Euro, 15 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Die realen Einnahmen dürften aber deutlich größer sein, weil die Schattenwirtschaft auch in diesem Sektor von der amtlichen Statistik nicht erfasst wird.
"Vor uns öffnet sich ein Geldkasten", beschreibt der für Tourismus zuständige Vize-Regierungschef Waleri Simeonow im Staatsfernsehen das große Potenzial von Bulgariens Fremdenverkehr. Ressortministerin Angelkowa sieht neue, ehrgeizige Ziele für die Zukunft: Mit seinem reichen Kulturerbe und gutem Wein solle Bulgarien zum Ganzjahres-Reiseziel auch für Gäste mit gehobenen Ansprüchen werden.