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Politik

Bulgarien: Jung, gesund - und geimpft

Alexandar Detev
25. Februar 2021

"Wir impfen alle, die es wollen!", hat der bulgarische Premierminister Boiko Borissow angeordnet. Unser Reporter Alexandar Detev war bereit, sich impfen zu lassen.

Coronavirus | Impfstoff und Impfzentren
AstraZeneca-Impfungen sind in Bulgarien für Patienten verfügbar, die nicht zu den priorisierten Gruppen gehörenBild: Martin Wagner/imago images

21 Februar 2021, 15 Uhr. Vor der Militärmedizinischen Akademie in Sofia, der größten medizinischen Einrichtung in der Hauptstadt des EU-Landes Bulgarien, hat sich eine lange Schlange gebildet. Ich bin bereit, ein paar Stunden zu warten. Da kommt ein Mann zu mir und sagt: "Jeder, der nicht auf der Liste steht und die Impfung von AstraZeneca erhalten möchte, kann direkt reingehen". In zwei Minuten sitze ich in einem großen Impfraum und fülle ein Formular aus - die einzige Bedingung, um geimpft zu werden. Ich erkläre, dass mir die möglichen Nebenwirkungen des Impfstoffs von AstraZeneca bekannt seien und, falls sie auftreten sollten, ich mich umgehend melden würde.  "Vergessen Sie nicht, Ihre Telefonnummer einzutragen! Wir werden Sie in 6-7 Wochen kontaktieren", erinnert die Krankenschwester.

Ich bin mit dem Formular fertig und bekomme die Anweisung, mich in Kabine Nummer 4 zu setzen. Nach einer Minute kommt der Arzt und fragt, wie ich mich fühle. "Perfekt", sage ich. "Allergien, Vorerkrankungen?"  "Keine." Er nimmt die Spritze. "OK, du bist jung und gesund. Deshalb ist eine starke Reaktion möglich. Vor allem Fieber, Müdigkeit und Kopfschmerzen. Wenn es länger als 24 Stunden dauert, melde dich bitte sofort. Bislang hatten wir keine solchen Fälle, aber trotzdem." Durch ein aktiveres Immunsystem reagieren junge Menschen in der Regel viel intensiver auf die Impfung als ältere, erfahre ich. OK, alles klar! Ich werde geimpft. "Darf ich ein Selfie machen?", frage ich den Arzt. Diesen Moment muss ich einfach festhalten. "Ja, bitte!".

DW-Reporter Alexandar Detev im Impfzentrum in SofiaBild: Alexander Detev/DW

In anderthalb Monaten soll ich also einen Anruf bekommen, um den Termin für die zweite Dosis festzulegen. Schwere Nebenwirkungen hatte ich keine. Nur Müdigkeit und Kribbeln in der Hand. Genau wie bei jeder anderen Impfung. Freunde von mir hatten auch Fieber, aber nur in den ersten 24 Stunden.

Alle impfen, die es wollen!

"Sie warten, sie zögern oder sie wollen nicht. Solange sie zögern, impfen wir alle, die es wollen", hatte der bulgarische Premierminister Boiko Borissow am letzten Wochenende angeordnet. Seitdem gibt es grünes Licht für alle Bürger, die geimpft werden wollen. Es ist völlig egal, ob man bereits in einer programmierten Impf-Warteschleife war oder nicht. Man geht einfach zu einem der Impfzentren, die zu bestimmten Zeiten alle Bürger impfen - nachmittags an Werktagen, jederzeit am Wochenende oder im 24-Stunden-Zentrum - und fertig! Wie das überhaupt möglich ist? Einer der Hauptgründe liegt darin, dass viele Bulgaren, die in den ersten drei priorisierten Gruppen eine Dosis erhalten durften, diese abgelehnt haben. In Bulgarien ist die Impfskepsis groß. Laut einer Umfrage von letzter Woche (AlphaResearch, 18.02.2021) sind nur zehn Prozent sofort bereit, sich impfen zu lassen - und ganze 52 Prozent wollen es gar nicht.

Am letzten Dienstag (23.02.) wurden landesweit 1925 neue Corona-Fälle registriert - eine Rekordzahl im Jahr 2021. Trotz der steigenden Zahl kranker und hospitalisierter Patienten hat die bulgarische Regierung entschieden, die Gastronomie am 1. März wieder zu öffnen. Premierminister Borissow, der vor einer Parlamentswahl am 4. April steht, sucht offenbar nach einem Gleichgewicht zwischen der Lockerung der COVID-Maßnahmen und der steigenden Zahl der neuen Fälle. Im Herbst war Bulgarien mit überfüllten Krankenhäusern und mit Patienten, für die es kein freies Bett gab, konfrontiert. Deshalb hofft der Premier jetzt auf die Massenimpfung. Zudem schloss er sich den Forderungen nach einem europäischen Impfpass an. Borissow erklärte am Donnerstag (25.02.), er habe sich mit Österreich, Griechenland und anderen Ländern auf einen Vorschlag für den "grünen Pass" geeinigt. Dieser solle "all jenen Erleichterung verschaffen, die geimpft wurden oder die Krankheit durchgemacht haben".

Werden die Impfdosen reichen?

Derzeit ist nur das AstraZeneca-Vakzin für Patienten verfügbar, die nicht zu den priorisierten Impfgruppen gehören. Die Impfdosen von BioNTech/Pfizer und Moderna werden für diejenigen Personen verwendet, die an der Organisation der Parlamentswahlen beteiligt sind. Die Erklärung dafür: der zeitliche Abstand zwischen den zwei Dosen sei kürzer. Dies bedeutet, dass alle Mitglieder der Wahlkommissionen, Wahlbeobachter, usw. bis zum 4. April beide Dosen erhalten können.

Schlange vor dem 24-Stunden-Impfzentrum in der bulgarischen Hauptstadt SofiaBild: Alexander Detev/DW

Alle anderen, die sich auch mit den Vakzinen von BioNTech/Pfizer oder Moderna impfen lassen wollen, können sich in eine Liste eintragen lassen. Sobald es genügend Impfstoffe von diesen Herstellern gibt, soll ihnen ein Termin angeboten werden. In Bulgarien werden derzeit täglich zwischen 10.000 und 15.000 Menschen geimpft. Die Gesundheitsbehörden sind überzeugt, dass die Impfstoffe ausreichen. "Bulgarien hat so viele Dosen bestellt, dass es für jeden genug gibt", sagte der bulgarische staatliche Gesundheitsinspektor Dr. Angel Kuntschew in einem Rundfunkinterview. Donnerstagabend (25.02.) kam dann die überraschende Meldung des Gesundheitsamtes, dass die Impfungen wegen einer Lieferverzögerung von AstraZeneca pausieren müssten. Die Massenimpfungen würden aber ab nächste Woche fortgesetzt, hieß es in der Mitteilung.

Mit durchschnittlich 1,72 Impfungen je 100 Einwohner bleibt Bulgarien das Schlusslicht in der EU. Wenn aber die neuen Impfregeln bestehen bleiben, könnte sich das bald ändern - mehr als ein Viertel aller COVID-Impfungen in dem südosteuropäischen Staat wurden in den letzten 4 Tagen gemacht. Anfang Mai werde ich hoffentlich die zweite Dosis des AstraZeneca-Impfstoffs bekommen. Und spätestens im Sommer, so hoffen viele Menschen hier, sollte auch in Bulgarien eine Herdenimmunität erreicht sein.

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