Bulgarien: Reformen in letzter Minute
4. November 2003Noch ist Bulgarien nicht EU-Mitglied, aber Bundesinnenminister Otto Schily hat bereits ein deutsch-bulgarisches Abkommen zur Zusammenarbeit bei der Verbrechensbekämpfung unterschrieben. "Bulgarien ist sich seiner Verantwortung bewusst, nach seinem EU-Beitritt für die Sicherheit an der EU-Außengrenze zu sorgen", sagte Schily bei der Vertragsunterzeichnung Ende September 2003 in Sofia. Das sieht auch Erweiterungskommissar Verheugen so: Ebenso wie Rumänien habe Bulgarien eine sehr große strategische Bedeutung für die Sicherheit Europas.
Parallelen zu Rumänien
Grenzsicherung, bessere Zollvorschriften, Beitrag zur KFOR und SFOR im Kosovo und in Bosnien: Für diese Leistungen hat Bulgarien im vergangenen Jahr viel Lob von der Kommission kassiert. Zudem verfüge das Land über eine funktionierende Wirtschaft, habe die Inflation in den Griff bekommen und die Staatsverschuldung verringert – ganz ähnliche Entwicklungen wie in Rumänien.
Doch die Liste der Probleme ist immer noch lang. Dringend nötig ist nach Auffassung der EU eine vollständige Reform des Justiz- und Verwaltungssystems, denn dort behinderten grundlegende Schwächen die Fortschritte in vielen Bereichen:
Korruption, hohe Arbeitslosigkeit und Armut führen dazu, dass die Bevölkerung höchst unzufrieden mit der Regierung von Staatsoberhaupt Georgi Parwanow ist. Ministerpräsident Simeon Saxkoburggotski war vor zwei Jahren mit dem Versprechen angetreten, den Wohlstand der Bevölkerung innerhalb von 800 Tagen zu verbessern. Davon spüren die meisten Bulgaren heute immer noch nichts.
Verfassung geändert
Ende September 2003 hat das bulgarische Parlament erstmals notwendige Verfassungsänderungen für einen EU-Beitritt verabschiedet. Das Justizsystem soll wirksamer und schneller werden, die Immunität von Richtern wurde auf Diensthandlungen beschränkt – dadurch sollen Verbindungen der Juristen zur Mafia geahndet werden können.
Die Änderungen kamen allerdings wohl nur durch internationalen Druck zustande: EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen hatte bei einem Besuch in Sofia im Juli 2003 davor gewarnt, dass Bulgarien seine EU-Aufnahme gefährden könnte - wenn es nicht bis zum 1. September sein Justizsystem ändere.