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Politik

"Kontaktverbot" statt Ausgangssperre

22. März 2020

Deutschlands Politik verhängt noch drastischere Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus. Bundeskanzlerin Merkel muss wegen eines Kontaktes zu einem Corona-Infizierten selbst in Quarantäne.

Shut down in Stuttgart. Das Corona-Virus legt die Landeshauptstadt lahm
Hier in Stuttgart waren die Straßen und Restaurants schon letzte Woche wie ausgestorbenBild: imago images/A. Hettrich

Zur Eindämmung der Coronakrise sind Ansammlungen von mehr als zwei Personen grundsätzlich in ganz Deutschland verboten. Darauf verständigten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder bei einer Telefonkonferenz in Berlin. Ausgenommen sind Familien sowie in einem Haushalt lebende Personen. Die Verordnung gilt zunächst bis zum Ende der Osterferien.

Eine Gruppe von zwölf Ländern hatte sich bereits vor der Schaltkonferenz im Grundsatz auf ein umfassendes Kontaktverbot verständigt. Dazu gehörten Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen. Demnach sollte es sich ausdrücklich nicht um eine Ausgangssperre, sondern um eine Art Kontaktverbot im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus handeln.

Bundeskanzlerin Merkel mahnt: "Die Einschränkungen der öffentlichen Kontakte sind Regeln, keine Empfehlungen." Bild: Reuters/M. Kappeler

Restaurants und Gaststätten bleiben geschlossen

Neben dem Kontaktverbot müssen in den kommenden zwei Wochen auch alle Restaurants und Gaststätten geschlossen halten - wo dies noch nicht der Fall ist. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause.

Auch Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege müssen schließen. Davon betroffen sind etwa Friseure, Kosmetikstudios, Tattoo-Studios und Massagesalons. Medizinisch notwendige Behandlungen sollen aber weiter möglich bleiben.

Frisöre müssen ab Montag geschlossen bleibenBild: picture-alliance/dpa/A. Warmuth

Merkel appelliert an die Vernunft

Nach der Telefonkonferenz rief Merkel die Menschen in Deutschland eindringlich zur Einhaltung der neuen Kontaktbeschränkungen auf. “Bitte ziehen Sie alle mit“, sagte sie in Berlin. “Zeigen Sie Vernunft und Herz.“ Es bedeute Verzicht und Opfer, wirtschaftlich wie menschlich, wenn man nicht mehr so einfach Großeltern besuchen oder Freunde treffen dürfe, sagte Merkel. Nun würden aber in ganz Deutschland im Grundsatz die gleichen Regeln gelten. Damit wisse jeder genau, woran er sei. Es handele sich nicht um Empfehlungen des Staats. “Es sind Regeln“, mahnte die Bundeskanzlerin. Wo die Behörden Verstöße feststellten, werde es Folgen haben.

An der Telefonkonferenz hatten neben Merkel auch die für den Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus wichtigsten Minister teilgenommen. Verschärfte Ausgangsbeschränkungen in den einzelnen Ländern wurden am Sonntag weitgehend eingehalten. Mehrere Länder - allen voran Bayern - hatten ihre Bestimmungen bereits verschärft. Die Polizei in Bayern verzeichnete nach eigenen Angaben nur vereinzelte Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen. 

Merkel in Quarantäne

Unmittelbar nach der Pressekonferenz in Berlin wurde bekannt, dass Merkel wegen eines Kontaktes zu einem Corona-Infizierten sich unverzüglich in Quarantäne begeben würde. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Kanzlerin sei nach ihrem Presseauftritt unterrichtet worden, dass sie am Freitag zu einem Arzt Kontakt hatte, der mittlerweile positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Der Mediziner habe am Freitagnachmittag bei Merkel eine vorbeugende Pneumokokken-Impfung vorgenommen. Die Kanzlerin habe nach der Information entschieden, sich unverzüglich in häusliche Quarantäne zu begeben, erklärte Seibert. "Sie wird sich in den nächsten Tagen regelmäßig testen lassen, weil ein Test jetzt noch nicht voll aussagekräftig wäre. Auch aus der häuslichen Quarantäne wird die Bundeskanzlerin ihren Dienstgeschäften nachgehen." 

Nur Familien dürfen jetzt noch zusammen nach draußen gehenBild: picture-alliance/HMB Media/ Heiko Becker

Dicke Luft zwischen Laschet und Söder

Bei den Beratungen an diesem Sonntag gab es dem Vernehmen nach heftigen Streit zwischen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU). Laschet habe Söder demnach massiv attackiert, weil dieser bereits am Freitag "ohne Absprache" mit dem Bund und den anderen Ländern eigene Maßnahmen mit Ausgangsbeschränkungen für Bayern verordnet hatte. Söder habe daraufhin damit gedroht, die Schalte zu verlassen. 

Bayern sei über den Verlauf der Telefonkonferenz "irritiert" gewesen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus bayerischen Regierungskreisen. Laschet habe sich bisher in der Debatte immer sehr zurückgehalten und gezögert, auch als es jüngst um die Schließung von Schulen und Kindergärten gegangen sei. Man vermute daher ein anderes Motiv. Es gehe Laschet wohl mehr um seine persönlichen Ambitionen als um die Coronakrise, hieß es.

hf/as (dpa, rtr, afp)

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