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Politik

Bundeshaushalt: Mehr Geld für (fast) alle

27. April 2018

Der neue SPD-Finanzminister Olaf Scholz hat seinen ersten Finanzplan vorgelegt und sorgt prompt für Ärger. In zwei Ministerien, aber auch bei seinen Genossen. Die hatten sich mehr versprochen. Aus Berlin Sabine Kinkartz.

Geldsack
Bild: Fotolia/Tobif82

Was darf die Regierung ausgeben und wofür? Normalerweise wird das immer schon vor Beginn eines neuen Jahres vom Bundestag beschlossen. Doch die Bundestagswahl im vergangenen September hat den Zeitplan erheblich durcheinander gebracht. Die Regierungsbildung hat Monate auf sich warten lassen. Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland daher eine vorläufige Haushaltsführung, die enge Grenzen setzt. 

Doch damit soll es nun bald vorbei sein. Der neue Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat einen konkreten Haushaltsentwurf für 2018, sowie eine Finanzplanung bis 2022 vorgelegt. Am kommenden Mittwoch wird das Kabinett sich mit dem Entwurf befassen, danach der Bundestag. Anfang Juli soll der Haushalt 2018, der Gesamtausgaben von 341 Milliarden Euro vorsieht, endgültig stehen.

Die "Schwarze Null" steht

Mit Olaf Scholz hat seit neun Jahren erstmals wieder ein SPD-Politiker das Finanzministerium übernommen. Die Sozialdemokraten hatten in den Koalitionsverhandlungen darauf bestanden, das Ressort zu bekommen. Eine harte Nuss für die Union, fürchtet sie doch, dass Scholz das Geld lockerer in der Tasche sitzt als seinem Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble von der CDU. Doch es scheint, als wolle Scholz das Gegenteil beweisen.

Mit seinem Haushaltsentwurf knüpft Scholz nahtlos an die Finanzpolitik seines Vorgängers an. Es werde auch weiterhin keine neuen Schulden geben, daran lässt er keinen Zweifel. Das sei "unverrückbarer Maßstab für den Bundeshaushalt", heißt es im Etatentwurf. Mit dieser Politik will Scholz es schaffen, dass Deutschland 2019 nach 17 Jahren erstmals wieder die sogenannten EU-Maastricht-Kriterien einzuhalten. Das heißt, der deutsche Schuldenstand soll dann wieder weniger als 60 Prozent der Leistungsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft (BIP) ausmachen.

Mehr Geld wird trotzdem ausgegeben

Was nicht heißt, dass Deutschland jetzt sparen muss. Union und SPD haben in den Koalitionsverhandlungen ausgerechnet, dass sie im Verlauf ihrer Regierungszeit 46 Milliarden Euro zusätzlich ausgeben können. Finanzminister Scholz setzt die Planungen in seinem Etatentwurf eins zu eins um. Als "prioritäre Maßnahmen" hat die Koalition Investitionen in Bildung, Forschung und Digitalisierung vorgesehen. Knapp sechs Milliarden Euro stehen dafür bis 2021 zusätzlich zur Verfügung.

Für "Familien, Kinder und Soziales" werden zwölf Milliarden Euro mehr ausgegeben. Die Bereiche "Bauen und Wohnen" sind mit vier Milliarden Euro zusätzlich veranschlagt, Länder und Kommunen sollen mit acht Milliarden Euro entlastet werden. Deutlich mehr Geld wird für die innere Sicherheit und für die Verteidigung veranschlagt. Der Etat von Bundesinnenminister Horst Seehofer steigt von 9,1 auf 13,8 Milliarden Euro. Insbesondere die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und der Zoll dürften sich über mehr Stellen freuen.

Die Sache mit den Quoten

Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat in den kommenden Jahren mehr Geld zur Verfügung. Im Vergleich zu 2017 sollen es in diesem Jahr zwei Milliarden Euro mehr sein.

2019 soll ihr Etat um weitere gut drei Milliarden Euro auf 42,25 Milliarden Euro steigen. Von der Vorgabe der NATO, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben, ist Deutschland allerdings immer noch weit entfernt. Um diese Quote, auf die auch US-Präsident Donald Trump immer wieder abzielt zu erreichen, müsste die Bundeswehr etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung haben.

Im Bundesverteidigungsministerium ist man daher keineswegs zufrieden. "Wir haben nach schwierigen Verhandlungen viel für die Bundeswehr erreicht, aber nicht alles", verlautet aus dem Ministerium. "Die Bundeswehr will und muss die Lücken, die nach 25 Jahren der Unterfinanzierung in der Ausrüstung entstanden sind, zügig füllen." Die Etatsteigerung sei zwar "ein deutlicher Zuwachs, aber gemessen am gewaltigen Nachhol- und Modernisierungsbedarf noch unzureichend". Unter dem Strich bleibe sogar ein Fehlbetrag, der der Bundeswehr 2019 für weitere Modernisierungsschritte nicht zur Verfügung stehe.

Auch bei der Entwicklungshilfe hapert es

Ärger mit der Quote gibt es ebenfalls an anderer Stelle im Haushalt. 0,7 Prozent des BIP sollen die Ausgaben für Entwicklungshilfe betragen. "Oda-Quote" wird das genannt. 2016 wurde der Zielwert erstmals erreicht, weil die Kosten, die Deutschland für Flüchtlinge aufwendet, zur Entwicklungshilfe dazu gerechnet wurden. Als die Kosten 2017 sanken, sank auch die Quote wieder ab, auf 0,66 Prozent.

Um ein weiteres Absinken zu verhindern, hatten sich Union und SPD eigentlich darauf geeinigt, die Entwicklungshilfe 1:1 zum Verteidigungsetat zu erhöhen. Tatsächlich soll der Etat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit in diesem Jahr im Vergleich zu 2017 um eine Milliarde Euro auf 9,4 Milliarden Euro steigen. In den Jahren danach sinkt der Etat laut Finanzplan aber wieder. Die Quote für Ausgaben der Entwicklungszusammenarbeit würde dadurch 2019 nur noch 0,47 Prozent betragen.

Ärger ist vorprogrammiert

Ob es dabei bleibt, muss wohl politisch entschieden werden. Aus dem Verteidigungsministerium heißt es bereits warnend, es werde erwartet, "dass diese Lücke im Zuge des weiteren Haushaltsaufstellungsverfahrens vertragskonform geschlossen wird". Eine nicht ganz selbstlose Forderung: "Der Mittelzuwachs müsste dann 1:1 auf den Verteidigungshaushalt umgelegt werden, so wie es ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart ist", wird ergänzend erklärt. Das wollen die beiden Ministerien sogar in einer "Protokollerklärung" festhalten, wenn sich das Kabinett in der kommenden Woche mit dem Etat befasst.

Bei weitem nicht alle Wünsche sind erfüllbar, das ist die klare Botschaft, die unter SPD-Finanzminister Olaf Scholz aus dem Ministerium schallt. Die in den Koalitionsverhandlungen veranschlagten zusätzlichen 46 Milliarden Euro seien komplett ausgereizt, heißt es. Daher müssten auch Vorhaben der Koalition, die nicht als "prioritär" eingestuft wurden, darauf warten, dass sich "zusätzliche finanzielle Spielräume" ergeben.

Der neue Finanzminister ist auch stellvertretender SPD-VorsitzenderBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Sparen? Da sind viele Genossen anderer Ansicht

So mancher Parteifreund von Scholz dürfte sich erstaunt die Augen reiben. Schließlich haben sie in der SPD nicht ohne Grund in den Koalitionsverhandlungen hart um das Finanzministerium gefeilscht. Viele Genossen drängen darauf, dass der Staat wieder fürsorglicher wird und mehr Geld in Soziales fließt. Die "schwarze Null" gefällt in der SPD bei weitem nicht jedem. Wenn Scholz den Geldbeutel nun genauso verschlossen hält wie sein konservativer Vorgänger Schäuble, dürfte das für Unmut bei den Sozialdemokraten sorgen.

Allerdings fließen 2018 bereits knapp 140 Milliarden Euro in den Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Es ist der größte Posten im Haushalt. Knapp 28 Milliarden Euro sind für die Grundsicherung und Unterbringung von Erwerbslosen veranschlagt. 94 Milliarden Euro fließen in die Rentenkasse. Da in Deutschland immer mehr alte Menschen leben, wird dieser Zuschuss weiter steigen. 2022 sollen es mehr als 109 Milliarden Euro sein.

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