Thomas Müller bestreitet nach 25 Jahren im Bayern-Trikot sein letztes Bundesliga-Heimspiel für die Münchener. Nicht nur die Anhänger verneigen sich vor der lebenden Vereinslegende.
Thomas Müller - Schlüsselspieler und Publikumsliebling beim FC Bayern Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
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"Es ist fast ein bisschen mehr besonders für die Leute", sagte Thomas Müller vor seinem letzten Heimspiel als Fußball-Profi des FC Bayern München am Samstag (10.05.2025) in der Bundesliga gegen Borussia Mönchengladbach. "Die werden mich natürlich weniger sehen - ich selbst sehe mich ja jeden Tag."
Typisch Müller. Um einen lustigen Spruch war das Bayern-Urgestein nie verlegen. Und auch nach wenig geglückten Auftritten seiner Mannschaft duckte sich der Offensivspieler - im Gegensatz zu manchem Teamkollegen - nicht weg, sondern beantwortete vor den Fernsehkameras und Hörfunk-Mikrophonen auch unangenehme Fragen.
Die Mischung aus sportlichen Topleistungen, Offenheit und Humor machte den 35-Jährigen nicht nur in München, sondern auch in ganz Deutschland zu einem der beliebtesten Fußballspieler - wenn nicht sogar zum beliebtesten. "Er war immer authentisch, sympathisch, lustig, angenehm, optimistisch. Vor allem aber war er immer fähig, zu führen", sagte der frühere Bayern-Erfolgstrainer Jupp Heynckes, der an diesem Freitag (09.05.2025) seinen 80. Geburtstag feiert, über Müller.
Rekordspieler des FC Bayern
Beim FC Bayern könnte man das Vereinsmotto "Mia san mia" (Wir sind wir) beinahe in "Mia san Thomas Müller" umändern. Er gehöre zum Klub "wie die Frauenkirche [der Dom der Stadt - Anm. d. Red.] zu München", befand Bayern-Präsident Herbert Hainer. "Er wurde vor den Toren der Stadt geboren, ist in diesem Verein groß geworden und schon während seiner aktiven Zeit eine Legende - das schaffen die Allerwenigsten. Sein Laufweg in die Geschichtsbücher ist mit Rekorden gepflastert. Einen Spieler wie Thomas Müller wird es nie wieder geben."
Müller gilt als Münchener Original - und darf natürlich auch beim Oktoberfest nicht fehlenBild: Alexander Hassenstein/Getty Images Europe Pool/picture alliance
Bereits mit zehn Jahren trug er das Trikot des deutschen Rekordmeisters. 25 Jahre später endet seine Spielerkarriere bei den Bayern. Für die kommende Saison erhielt Müller keinen neuen Vertrag mehr. Das letzte Bundesliga-Spiel vor den eigenen Fans ist das 750. Pflichtspiel des inzwischen 35 Jahre alten Stürmers für die Münchener. Mit Abstand lief niemand so oft für die Bayern auf wie er - auf Platz zwei dieser Vereinsstatistik steht Torwartlegende Sepp Maier mit 709 Einsätzen.
Eine eigene Vitrine hat Thomas Müller bereits im Vereinsmuseum. Dort sind neben einem getragenen Bayern-Trikot mit der Rückennummer 25 auch die Fußballschuhe ausgestellt, die speziell für sein 710. Pflichtspiel für die Münchener produziert wurden. Auf den drei weißen Streifen steht "Der Raumdeuter 25" - ein Hinweis, wie Thomas Müller selbst einst im Jahr 2011 gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" seine Rolle auf dem Fußballplatz beschrieb.
"Irgendwie bin ich schon ein Unikat. Es gibt Dribbler, die sich ziemlich ähnlich sind, auch Stürmer, aber was bin eigentlich ich? Ich bin ein Raumdeuter." Einer, der ein besonderes Gefühl und Auge für die Situation auf dem Platz hat, der in der Lage ist, den entscheidenden Pass zu spielen oder selbst zur Stelle zu sein.
Thomas Müller und der richtigen Blick für die Situation (hier 2011 in einem Spiel gegen Borussia Dortmund)Bild: Martin Hangen/hangenfoto/Vallejos/picture alliance
"Er hatte alles im Blick und hat das dann umgesetzt. In der Einfachheit liegt bei ihm die Stärke", sagte Jürgen Klinsmann, der Ex-Teamchef der deutschen Nationalmannschaft, unter dem Müller bei der WM 2010 in Südafrika Torschützenkönig wurde.
Für das DFB-Team traf er insgesamt 45-mal. 248 Tore erzielte Müller für den FC Bayern, 150 davon in der Bundesliga - 57 in der Champions League, damit liegt er in der ewigen Rangliste von Europas Eliteklasse auf Platz sechs. Und er glänzte auch als Torbereiter: 274 sogenannte Assists stehen in Müllers Statistik.
Thomas Müller hat fast alles gewonnen, was es im Fußball zu gewinnen gibt. 2014 wurde er mit der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister. Mit den Bayern sammelte er in seiner langen Karriere 33 Titel. Zweimal - 2013 und 2020 - wurde er jeweils Champions-League-Sieger und Klub-Weltmeister.
Die in diesem Jahr vorzeitig gewonnene deutsche Meisterschaft der Münchener ist Müllers dreizehnte. Das ist nicht nur Vereins-, sondern auch Bundesliga-Rekord. Lediglich der Europameister-Titel war ihm bis zum Ende seiner Karriere im DFB-Team nach der Heim-EM 2024 nicht vergönnt.
Was nun, Thomas Müller?
Ob er jetzt die Fußball-Schuhe an den Nagel hängt oder seine Karriere im Ausland, etwa in den USA, ausklingen lässt, hat Thomas Müller, der mit seiner Frau Lisa, einer Dressurreiterin, bei München ein Pferdegestüt betreibt, bislang offen gelassen.
"So ganz habe ich es noch nicht realisiert, dass dies meine letzte Saison als Spieler des FC Bayern ist", räumte er kürzlich ein. An Ratschlägen ehemaliger Weggefährten für die Zukunft mangelt es nicht. Sein ehemaliger langjähriger Mitspieler Lahm würde sich freuen, wenn "wir häufiger gemeinsam auf dem Golfplatz stehen".
Ex-Trainer Heynckes empfahl Müller, die aktive Fußballer-Laufbahn zu beenden: "Die Beispiele der Spieler, die nach ihrer Karriere noch nach Saudi-Arabien oder China gegangen sind, zeigen doch, dass die allermeisten nicht glücklich geworden sind. An Thomas' Stelle würde ich einen Schlussstrich ziehen und in naher Zukunft in anderer Position zum FC Bayern zurückkehren."
Damit liegt Heynckes auf der Linie von Uli Hoeneß. "Ein Mensch wie Thomas Müller, ein großartiger Sportler und - wie ich auch glaube - ein großartiger Manager, der würde dem FC Bayern auch für die nächsten vielen Jahre gut zu Gesicht stehen", sagte der Ehrenpräsident des Vereins.
Thomas Müller - die Klublegende verlässt den FC Bayern
Nach 25 Jahren beim FC Bayern, 17 davon als Profi, geht die Ära Thomas Müller in München zu Ende. Kaum einer verkörpert Deutschlands erfolgreichsten Fußballklub so sehr wie der unorthodoxe Angreifer.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
Anfänge in der bayerischen Provinz
Schon mit vier Jahren beginnt Thomas Müller in seinem Heimatdorf Pähl bei München mit dem Fußballspielen. Früh beweist er dort seine außergewöhnlichen Qualitäten. Als Neunjähriger (Foto, 2.v.r.) erzielt er in einer Saison 120 Tore und weckt damit das Interesse des "großen Nachbarn" FC Bayern.
Von der D- bis zur A-Jugend durchläuft Müller alle Jugendmannschaften des FC Bayern und zählt dort immer zu den erfolgreichsten Torschützen. Er spielt schon bei den Junioren unter anderem mit den späteren Bayern-Profis Toni Kroos, Holger Bastuber und Diego Contento zusammen.
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Debüt in der Bundesliga
Am 1. Spieltag der Saison 2008/2009 darf Müller erstmals auch in der Bundesliga für die Bayern auflaufen. Im Spiel gegen den Hamburger SV wechselt der damalige Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann ihn zehn Minuten vor dem Ende für Miroslav Klose ein.
Bild: Miguel Villagran/AP/picture alliance
Premierentreffer bei Premiere in der Champions League
Einige Monate später darf Müller auch erstmals in der Champions League ran. Im März 2009 wird er im Achtelfinal-Rückspiel gegen Sporting Lissabon eingewechselt und erzielt nach wenigen Minuten den Treffer zum 7:1-Endstand.
Bild: Daniel Ulmer/Pressefoto ULMER/picture-alliance
Müller spielt immer!
Unter Louis van Gaal entwickelt sich Müller endgültig zur festen Größe im Bayern-Kader. Der knorrige Niederländer ist von Juli 2009 bis April 2011 Bayern-Trainer und fördert Müller und andere Nachwuchsspieler. Den vielseitigen Offensivspieler schätzt er am meisten. "Müller spielt immer!", lautet van Gaals Credo.
Bild: Thomas Eisenhuth/dpa/picture alliance
Erfolg in der Königsklasse
Den wichtigsten Titel seiner frühen Karriere feiert Müller mit dem FC Bayern im Jahr 2013. Gegen Borussia Dortmund holen die Münchner nach zwölf Jahren Wartezeit wieder den ersehnten "Henkelpott", den Champions-League-Pokal. Ein Jahr später ist Müller sogar Weltpokalsieger und Weltmeister und hat mit nur 24 Jahren im Grunde bereits alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.
Bild: SvenSimon/picture alliance
Keine Muskeln, keine Technik
Wie Müller selbst zugibt, ist er kein großer Ballvirtuose und beherrscht keine Tricks. Ein großer Modellathlet ist er mit seinen dünnen Beinen auch nicht. Dafür hat er ein unvergleichliches Gespür dafür, wo er stehen oder sich hinbewegen muss, um gefährlich zu sein und zum Abschluss zu kommen. Diese Fähigkeit bringt ihm den Beinamen "der Raumdeuter" ein.
Bild: Martin Hangen/hangenfoto/Vallejos/picture alliance
Radio Müller
Keiner spricht so viel wie Thomas Müller - egal ob auf oder neben dem Platz, beim Training oder in der Kabine. Müller dirigiert, kommentiert, feuert an und reklamiert - er hat nie Sendepause. Münchens Co- und Amateur-Trainer Hermann Gerland gibt ihm daher recht schnell den Spitznamen "Radio Müller".
Bild: Peter Schatz/picture alliance
Titelhamster
34 Titel feiert Müller - davon 33 mit dem FC Bayern. 13 Mal wird er deutscher Meister und sechsmal DFB-Pokalsieger. Zweimal gewinnt er mit den Münchnern die Champions League und die Klub-WM. Hinzu kommen etliche Supercups. Gemessen an gewonnenen Trophäen ist Müller gemeinsam mit Toni Kroos (ebenfalls 34 Titel) der erfolgreichste deutsche Fußballer.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
Rekordspieler
Keiner läuft so oft für den FC Bayern auf wie er. Insgesamt trägt Müller das Bayern-Trikot in 749 Pflichtspielen (Stand 9.5.2025). Im September 2024 löst er Sepp Maier (709) als Rekordspieler der Münchner ab - die Torwartlegende war ebenfalls 17 Jahre lang Profi bei den Bayern (1962 bis 1979).
Bild: SvenSimon/picture alliance
Pferdezüchter und halber Olympiasieger
Ein zweites Standbein hat sich Müller bereits aufgebaut. Gemeinsam mit seiner Frau Lisa (Foto), einer Dressurreiterin, betreibt er vor den Toren von München ein Gestüt mit einer Pferdezucht. Auf Checker, einem Pferd, an dem Müller zu 50 Prozent Mitbesitzer ist, gewinnt Christian Kukuk 2024 in Paris Gold im Springreiten.
Bild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance
Gemeinsam gealtert
Viele seiner langjährigen Bayern-Weggefährten wie Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm haben ihre Karrieren vor längerer Zeit beendet. Immer noch an Müllers Seite steht Torhüter Manuel Neuer (l.). Beide sind in der ewigen Bestenliste der Spieler mit den meisten Einsätzen in der Bundesliga und der Champions League weit nach oben geklettert.
Bild: Irina R. Hipolito/DPPI media/picture alliance
Nur noch Ersatz
So oft in der Startelf der Bayern wie Kapitän Neuer steht Müller in der laufenden Saison aber bei Weitem nicht mehr. Entweder spielt er gar nicht oder nur ein paar Minuten kurz vor dem Spielende. Richtig glücklich mit der neuen Rolle wirkt der 35-Jährige nicht.
Bild: Frank Hoermann/Sven Simon/picture alliance
"Fokus auf die Zukunft"
Der FC Bayern begründet die Trennung von Thomas Müller mit der Kaderplanung. Man wolle den Fokus auf die Zukunft richten, erklärt Sportvorstand Max Eberl die Entscheidung. Seine letzten Pflichtspiele für die Münchner werde Müller bei der Klub-WM in den USA im Sommer bestreiten, hieß es vom Verein. Auch ein eigenes Abschiedsspiel für ihn soll es geben.
Bild: Pressebildagentur ULMER/picture alliance
Ende der langen Karriere?
"Der Verein hat sich bewusst dafür entschieden, mit mir keinen neuen Vertrag für die nächste Saison zu verhandeln. Auch wenn dies nicht meinen persönlichen Wünschen entsprach, ist es wichtig, dass der Verein seinen Überzeugungen folgt", schreibt Müller in einem Brief an die Fans. Ob er seine aktive Karriere woanders fortsetzen wird, verrät der Fußballprofi (noch) nicht.