Ist Bayern-Torwart Yann Sommer zu klein?
16. April 2023Fakt ist: Yann Sommer, aktuelle Nummer eins im Tor des FC Bayern München, ist 1,83 Meter groß. Fakt ist auch: Das ist für einen Torhüter der Spitzenklasse eher klein. Fakt ist des Weiteren: Manuel Neuer, die eigentliche Nummer eins der Bayern, der nach einem Unterschenkelbruch gerade nicht spielen kann, ist mit 1,93 Meter zehn Zentimeter größer als Sommer. Soweit die Fakten. Alles, was an Diskussionen darüber hinausgeht, ob Neuer die Bälle gehalten hätte, die Sommer zuletzt knapp verpasst hat, ist reine Spekulation.
Trotzdem wird über Sommer geredet. Der Schweizer, der in der Winterpause nach dem Skiunfall Neuers als Ersatz von Borussia Mönchengladbach für acht Millionen Euro losgeeist wurde, ist damit eine prominente der vielen Baustellen des FC Bayern. "Das sind die Zentimeter, die ihm fehlen. Manuel Neuer hätte den Schuss gehalten", sagte der ehemalige Dortmunder Keeper Roman Weidenfeller bei Sky nach der herben 0:3-Niederlage der Bayern in der Champions League bei Manchester City. Beim 1:0 für City durch Rodri hatte sich Sommer vergeblich nach einem Weitschuss gestreckt.
Harte Kritik
Der ehemalige Nationalspieler und Bayern-Profi Dietmar Hamann ging in seiner Kritik noch weiter: Sommer sei "heillos überfordert" gewesen, sagte der heutige Experte des TV-Senders Sky und ging sogar über das Spiel in Manchester hinaus. "Der Torwart hat, und das nicht nur heute, sondern in den letzten Wochen, maßgeblich die Mannschaft verunsichert." Insgesamt, so Hamann, habe Sommer nicht die Klasse, sich als Bayern-Torwart langfristig durchzusetzen. "Als er kam, hätte ich gedacht, er kann das. Aber ich muss mich revidieren und sagen: Er hat das nicht geschafft. Ich glaube nicht, dass er eine Option ist, bei den Bayern nächste Saison im Tor zu stehen."
Nach dem Gegentor im Spiel gegen Hoffenheim in der Bundesliga, einem Freistoßtreffer, bei dem Sommer den Ball zwar noch mit den Fingerspitzen streifte, der dann aber vom Innenpfosten ins Tor sprang, war Hamann etwas gnädiger und nahm den Schweizer sogar in Schutz: "Wenn es bei dir gut läuft, dann springt der Ball an den Pfosten, dann hältst du ihn", sagte Hamann. Aber einen solchen Lauf habe Sommer derzeit nicht, meinte Hamann und analysierte den unglücklichen Gegentreffer so: "Ich denke, er hatte Angst vor dem Pfosten, Angst davor, dass er mit dem Kopf an den Pfosten kracht."
Häme und Verständnis im Netz
Auf Social Media sind die Reaktionen geteilt: Während es Spaßvögel gibt, die Tweets absetzen wie: "Was sagen Bayern-Fans und Freibad-Fans demnächst übereinstimmend? Der Sommer war zu kurz.", oder Vorschläge posten, dass man Sommers Nachteil bei der Körpergröße doch mit Topfstelzen für Kinder oder einem Tritthocker ausgleichen möge, gibt es auch Stimmen, die eine Diskussion über Sommer nicht nachvollziehen können.
Auch Sommers ehemaliger Sportdirektor, Roland Virkus von Borussia Mönchengladbach, verteidigte seinen ehemaligen Torhüter. "Wie man mit ihm umgeht, finde ich respektlos", sagte Virkus: "Das man alles auf ihn ablädt, finde ich nicht ok. Es ist immer das Problem der Gesamtheit und nicht eines Einzelnen." Sommer werde derzeit "auf jeden Fall" ungerecht behandelt, betonte Virkus: "Als Torhüter hast du sicher mal ein Spiel, das nicht so gut ist. Aber das schmälert ja nicht die Lebensleistung eines Torhüters." Der ehemalige Gladbacher sei "einer der besten Torhüter Europas".
Beweise seiner Klasse
Ob Virkus mit dieser Einschätzung richtig liegt, dazu gibt es sicherlich auch wieder geteilte Meinungen, aber in einem Punkt hat der Gladbacher Sportdirektor recht. Fakt ist nämlich auch: Yann Sommer hat in der Bundesliga, in der Champions League, im DFB-Pokal und auch im internationalen Wettbewerben mit der Schweizer Nationalmannschaft schon so manchen schier unhaltbaren Ball gehalten und für seine Mannschaften Punkte gerettet und Spiele gewonnen. Und dabei war er auch immer "nur" 1,83 Meter groß.