1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wer zahlt die Polizeikosten bei Fußball-Hochrisikospielen?

11. Januar 2025

Ist es rechtmäßig, dass Bundesliga-Vereine an den Kosten von Polizeieinsätzen beteiligt werden? Das Bundesverfassungsgericht entscheidet darüber am Dienstag. Der juristische Streit dauert bereits ein Jahrzehnt.

Polizeieinsatz beim Berliner Bundesliga-Derby im Januar 2023 zwischen Hertha und Union
Polizeieinsatz beim Berliner Bundesliga-Derby im Januar 2023 zwischen Hertha und UnionBild: Emmanuele Contini/Imago Images

Das höchste deutsche Gericht zieht einen Schlussstrich unter den seit zehn Jahren schwelenden Streit zwischen dem Bundesland Bremen und der Deutschen Fußball Liga (DFL). Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob es rechtmäßig ist, dass Fußball-Vereine an den Kosten für die Einsätze der Polizei bei Hochrisikospielen beteiligt werden, ist für kommenden Dienstag (14. Januar 2025) angekündigt.

Was versteht man unter einem Hochrisikospiel?

"Spiele mit erhöhtem Risiko sind Spiele, bei denen aufgrund allgemeiner Erfahrung oder aktueller Erkenntnisse die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine besondere Gefahrenlage eintreten wird", heißt es in den Bestimmungen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). In erster Linie entscheiden die Heimvereine darüber, ob ein Spiel als Hochrisikospiel eingestuft wird. Doch auch der DFB hat das Recht, eine Partie "aufgrund eigener Erkenntnisse" als besonders gefährdet für Ausschreitungen einzuordnen.

Wie viele Hochrisikospiele gibt es?

Nach Angaben der DFL, die für die 1. und 2. Bundesliga zuständig ist, betrifft es in den beiden höchsten deutschen Spielklassen etwa jede zwölfte Partie. Zu diesen Hochrisikospielen, die auch "Rotspiele" genannt werden, zählen zum Beispiel einige Derbys zwischen Traditionsvereinen wie Borussia Dortmund gegen Schalke 04, Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln oder Werder Bremen gegen den Hamburger SV.

Worum geht es bei dem Rechtsstreit?

Im Jahr 2015 stellte die Polizei Bremen der DFL erstmals eine Rechnung für den Polizeieinsatz beim Bundesliga-Spiel Werder gegen den HSV aus - in Höhe von rund 425.000 Euro. Inzwischen beträgt die Gesamtsumme der umstrittenen Rechnungen mehr als drei Millionen Euro.

Grundlage ist eine 2014 verabschiedete gesetzliche Regelung des Bundeslands Bremen. Darin wird für "gewinnorientierte Veranstaltungen" mit mehr als 5000 Personen eine Gebühr festgeschrieben, wenn "wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen" zusätzliche Polizeikräfte am Veranstaltungsort oder in dessen Umgebung nötig sind.

Die DFL klagte 2017 zunächst erfolgreich gegen das Gesetz. Doch in den höheren Instanzen bekam zweimal das Bundesland Bremen Recht. Daraufhin legte die DFL beim höchsten deutschen Gericht eine Verfassungsbeschwerde ein.

Wie argumentieren beide Seiten?

Die DFL sieht zwar die Vereine in der Verantwortung für die Sicherheit in den Stadien. Außerhalb der Arenen sei es aber eine "staatliche Kernaufgabe", die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Diese Aufgabe folge "aus dem Gewaltmonopol des Staates" und sei deshalb "grundsätzlich aus Steuermitteln und nicht aus Gebühren zu finanzieren", so die DFL. Sie wehrt sich auch gegen ihrer Ansicht nach "unklare Kriterien", mit denen das Bundesland Bremen einseitig Partien als Hochrisikospiele einstufe.

Zwischen den Fronten - Polizistinnen und Polizisten beim Ruhrderby 2022 zwischen Dortmund und SchalkeBild: Revierfoto/IMAGO

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer wies bei der Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht auf die hohe finanzielle Belastung für die Bundesländer hin, wenn sie für Spiele mit einem Gewaltpotential deutlich mehr Polizisten bereitstellen müssten. "Die Kosten tragen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler", sagte Mäurer. Die vom Fußball selbst eingeleiteten Maßnahmen für mehr Sicherheithätten noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Mäurer schlägt einen Fonds der DFL in Höhe von jährlich rund 20 bis 30 Millionen Euro vor. Aus diesem Topf könnten die Vereine dann die Polizeikosten für die Hochrisikospiele bezahlen. Hans-Joachim Watzke, Aufsichtsratschef der DFL, schloss einen solchen Fonds aus.

Welche Bedeutung hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts?

Sollte das Bundesland Bremen Recht bekommen, dürfte das Urteil Signalwirkung haben. Auch andere Bundesländer könnten dann einen Teil der Polizeikosten bei Hochrisikospielen den Fußballvereinen in Rechnung stellen. So hat sich das Bundesland Hamburg bereits entsprechend positioniert.

Wie ist das Problem in anderen großen Fußball-Nationen Europas geregelt? 

In Frankreich werden Fußballvereine bereits seit 1995 für zusätzliche Polizeikosten bei Risikospielen zur Kasse gebeten. In Italien sind die Klubs seit 2014 an den Kosten beteiligt. In Spanien und Großbritannien bezahlt der Staat für alle Polizeieinsätze rund um den Fußball. 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen