Bundespolizei soll flächendeckend Taser bekommen
23. Juli 2025
Bundespolizisten sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig flächendeckend Elektroschock-Pistolen, sogenannte Taser, einsetzen dürfen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss das Kabinett in Berlin; der Bundestag muss den Neuerungen noch zustimmen.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt sagte, die Geräte schützten die Beamten; sie wirkten deeskalierend in Gefahrensituationen. Müsse eine Person auf Distanz gehalten werden, die beispielsweise mit einer Schlag- oder Stichwaffe hantiere, dann sei der Taser ein mögliches Mittel. Er sei eine sinnvolle Ergänzung zu Schlagstock, Pfefferspray und Pistole.
Fünf Millionen Euro pro Jahr
Dobrindt zufolge sollen in den kommenden Jahren zunächst 10.000 Stück angeschafft werden. 2025 seien dafür fünf Millionen Euro eingeplant, für die Folgejahre jeweils die gleiche Summe. Bei Bedarf könne der Betrag noch aufgestockt werden, so Dobrindt.
Im Gesetzentwurf heißt es, Einsatzkräfte müssten "über alle Einsatz- und Führungsmittel verfügen, um effektiv und gleichzeitig verhältnismäßig vorgehen zu können". Der Gebrauch der Schusswaffe sei dabei stets das letzte Mittel. "Um ein möglichst abgestuftes Vorgehen bei der Anwendung des unmittelbaren Zwangs zu gewährleisten, können Distanz-Elektroimpulsgeräte, umgangssprachlich auch Elektroschockpistolen oder Taser genannt, eingesetzt werden."
GdP: "Wichtiges Einsatzmittel"
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte das Vorhaben im Juni grundsätzlich begrüßt. Angesichts wachsender Gefahren für die Beamten im Dienst, insbesondere an Bahnhöfen, seien die Geräte ein "wichtiges Einsatzmittel", sagte der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, damals der "Rheinischen Post".
Aus der Opposition kommt hingegen Kritik. Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, sagte der gleichen Zeitung im vergangenen Monat, es gebe etliche dokumentierte Todesfälle nach Taser-Einsätzen - "auch bei unbewaffneten oder verwirrten Personen". Statt weiterer "Aufrüstung der Polizei" sei es notwendig, dass die Beamten "auf Deeskalation, Kommunikation und Menschenrechte" setzten.
Projektile mit Widerhaken
Ein Taser ist ein Gerät, mit dem Elektroschocks aus einer Distanz von wenigen Metern abgegeben werden. Dazu verschießen sie dünne Drähte mit pfeilförmigen Projektilen. Diese verhaken sich in der Haut und leiten Stromstöße in den Körper, was zu schmerzhaften Muskelkontraktionen führt. Die getroffene Person wird hierdurch in der Regel handlungsunfähig.
Die Waffen sind umstritten, da Taser beim Einsatz gegen Menschen etwa mit Herzerkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen zu schwersten gesundheitlichen Folgen führen können. Der Deutsche Anwaltverein verlangt daher klare Regeln etwa zu Zahl und Dauer der angewendeten Elektroschocks.
Das Bundesinnenministerium erklärte indes, in einem Praxistest bei der Bundespolizei seit 2020 hätten sich keine Hinweise auf gesundheitliche Risiken ergeben. Dabei seien Taser im Rahmen von mehr als 40.000 Einsätzen in 16 Fällen genutzt worden. In den USA sind die Elektroschockgeräte seit langem im Einsatz. In Deutschland sind sie in mittlerweile zehn Bundesländern für Polizisten im regulären Streifendienst verfügbar.
Behrens: Erhöhte Komplexität in Hochstresssituationen
Einige Länder lehnen die Einführung weiterhin ab. So hatte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens erklärt, in Hochstresssituationen könne die Auswahl des geeigneten Einsatzmittels durch das zusätzliche Instrument noch komplexer werden. Deshalb habe die Regierung in Hannover bisher nur Spezialeinsatzkräfte mit Tasern ausgestattet, sagte die SPD-Politikerin den Funke-Medien.
jj/pgr (dpa, afp, kna)
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