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Musik

Steinmeier eröffnet das Rheingau Musik Festival

Gaby Reucher
27. Juni 2021

In seiner Eröffnungsrede bestärkte Frank-Walter Steinmeier junge Musizierende trotz Corona durchzuhalten. Sein Benefizkonzert soll dabei finanziell helfen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Rednerpult beim Rheingau Musik Festival.
Bundespräsident Frank-Walter SteinmeierBild: Andreas Arnold/dpa/picture-alliance

Eines der berühmtesten Klöster Europas ist Kloster Eberbach bei Eltville am Rhein. In der mittelalterlichen Basilika eröffnet das Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks traditionell das Rheingau Musik Festival. Dieses Jahr mit einem Benefizkonzert des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.

Große romantische Werke von Jean Sibelius und Felix Mendelssohn Bartholdy standen auf dem Programm; zarte, aber auch gewaltige Klänge mit Augustin Hadelich als Solist an der Geige und Andrés Orozco-Estrada, Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks. Es war Musik, die die festen Mauern des Zisterzienserklosters nach der langen Corona-Zwangspause stimmungsvoll ausfüllte. "Anderthalb Jahre Hausarrest, die sind jetzt vorbei und wir freuen uns auf das Festival," sagt Michael Herrmann, der das Rheingau Musik Festival 1987 ins Leben rief. Wegen der Hygieneauflagen durften nur 650 Zuhörerinnen und Zuhörer in der Basilika Platz nehmen - halb so viele wie sonst. 

In der Basilika von Kloster Eberbach eröffnet das hr-Sinfonieorchester das Rheingau Musik FestivalBild: Ansgar Klostermann

Der "Neustart Kultur"

"Man könnte meinen, nichts sei geschehen, nichts habe sich je verändert in diesem großen, großartigen Raum, seit Bernhard von Clairvaux die Abtei vor fast 900 Jahren gründete", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Beginn seiner Ansprache im Kloster. "Dieser Raum, diese romanische Basilika, sie scheint unverrückbar. 'Ein feste Burg', wie es in der Choralzeile heißt, die Mendelssohn in seiner Reformationssinfonie so wunderbar musikalisch verewigt hat."

Aber selbst eine feste Burg könne erschüttert werden, betonte Steinmeier in Anspielung auf die Corona-Pandemie. Die steigenden Impfzahlen ließen jedoch hoffen. Immer wieder sprach Steinmeier zuversichtlich von Aufbruch und Neubeginn. "Zu diesem Neubeginn gehört in meinen Augen das Kulturleben ganz entscheidend hinzu. Ich bin überzeugt: Unser Land braucht den 'Neustart Kultur', um wieder auf die Beine zu kommen!"

Junge Musikerinnen und Musiker sollen nicht aufgeben

Nachwuchsgeiger Augustin Hadelich ist für Andrés Orozco-Estrada ein Musiker, der technisches Können mit Gefühl und Phrasierung balanciertBild: Ansgar Klostermann

Musikveranstaltungen waren von der Pandemie besonders hart betroffen und können auch jetzt nur unter strengen Auflagen stattfinden. In seiner Eröffnungsrede machte Steinmeier jungen Musikerinnen und Musikern dennoch Mut. "Aus Gesprächen weiß ich, dass nicht wenige von ihnen mit dem Gedanken gespielt haben, aufzugeben, weil sie um ihre Existenz fürchteten." Er wolle die jungen Menschen gerne dazu überreden, durchzuhalten, um ihrer Berufung zu folgen.

Die Einnahmen aus dem Benefizkonzert kommen dem Preis des Bundespräsidenten zugute, der im Rahmen des Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschulwettbewerbs zur Förderung an junge Nachwuchsmusikerinnen und -musiker verliehen wird. Der Wettbewerb wird von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz unterstützt.

Kloster Eberbach: ein Kloster mit Geschichte

Kloster Eberbach liegt idyllisch zwischen Reben und WäldernBild: picture-alliance/imagebroker/M. Jung

Umgeben von Wäldern und Weinbergen liegt Kloster Eberbach im hessischen Rheintal. Es war im Mittelalter für seinen Weinbau berühmt. Kein Wunder, dass der Wein auch das Festival prägt. "Wir haben drei Schwerpunkte, die Musik natürlich, dann die herrliche Landschaft und die wunderschönen historischen Bauten im Rheingau", schwärmt Michael Herrmann im Gespräch mit der DW. Der gute Schluck Wein gehöre selbstverständlich dazu, die Trauben sind das Motiv für die Festival-Banner.

Das Kloster mit seiner wechselvollen Geschichte ist für Herrmann einer der schönsten Orte Deutschlands. Es diente 1986 auch als Drehort für den berühmte Film "Im Namen der Rose" mit Sean Connery nach dem Roman von Umberto Eco.

Entrückt in eine andere Zeit

Der Film wurde gerühmt, weil er durchweg eine düstere Atmosphäre aufbaut, die für das mittelalterliche Leben im Kloster authentisch wirkt. Als der Geigenvirtuose Augustin Hadelich Jean Sibelius Konzert für Violine und Orchester in d-Moll mit ausgefeilten zarten Tönen anstimmte, begleitet von einem dunklen Grollen im Orchesterapparat, war die dramatische unheimliche Stimmung im Kloster schon vorprogrammiert.

Der kolumbianische Dirigent Andrés Orozco-Estrada dirigiert mit LeidenschaftBild: Ansgar Klostermann

"Der Anfang ist sehr besonders, weil das Orchester ein Flimmern erzeugt. Ich denke dabei an Nebel oder Schnee", erläutert Hadelich im Gespräch mit der DW. "Es fühlt sich ein bisschen an, als ob ich durch den Nebel laufe oder mit diesen Elementen kämpfe."

Augustin Hadelich ist derzeit für drei Spielzeiten Associate Artist des NDR Elbphilharmonie Orchesters in Hamburg. Das garantiert jungen Nachwuchsmusikerinnen und -musikern drei Spielzeiten lang Auftritte mit dem Orchester, um ihnen den Einstieg in den Konzertbetrieb zu erleichtern. 

Während Hadelich Sibelius besonnen in sich gekehrt spielte, war Dirigent Andrés Orozco-Estrada kaum auf dem Dirigentenpult zu halten. Gerade bei Mendelssohns Sinfonie Nummer 5, der sogenannten "Reformations-Sinfonie", dirigierte er mit großen Gesten und vollem Körpereinsatz. In seiner Funktion als Chefdirigent stand er zum letzen Mal vor dem hr-Sinfonieorchester. Ab September wechselt Orozco-Estrada zu den Wiener Symphonikern.

Ein feierliches Gefühl

Standing Ovations auch vom Bundespräsidenten (erste Reihe links)Bild: Ansgar Klostermann

"Die Musiker sind immer bereit neue Dinge auszuprobieren, das weiß ich zu schätzen", lobte Orozco-Estrada das hr-Sinfonieorchester im Gespräch mit der DW. "Sie sind vom Klangkörper sehr homogen, mit viel Präzision und Herz." Gerade auf die Präzision kam es in der halligen Basilika an. Doch an manchen Stellen hat der Hall auch eine besondere Wirkung.

"Wenn diese Sinfonie von Mendelssohn mit einem Choral beginnt und mit einem Choral aufhört, dann ist diese schöne deutsche Klangfarbe und Kultur wirklich sehr stark zu hören", findet der Dirigent. "In so einem Raum hat man ein starkes feierliches Gefühl und das ist ganz besonders." Für die Aufführung gab es auch bei nur halbem Publikum lautstarken Applaus und Standing Ovations.

Das Rheingau Musik Festival bietet noch bis zum 5. September Konzerte aus Klassik, Jazz, aber auch Weltmusik und Pop.

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