Bundespräsident Steinmeier setzt auf mehr Handel mit Afrika
31. Oktober 2025
Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 1. November nach Ägypten reist, nimmt er zum Auftakt seiner einwöchigen Afrika-Tour an der Eröffnung des Grand Egyptian Museum teil. In diesem bedeutenden archäologischen Museum mit über 100.000 Artefakten wird erstmals die komplette Tutenchamun-Grabausstattung ausgestellt.
Steinmeiers Fokus bei seinen geplanten Aufenthalten, auch anschließend in Ghana und Angola, liegt jedoch auf der Stärkung wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Nachbarkontinent. Eine Wirtschaftsdelegation begleitet den Bundespräsidenten auf seiner Reise.
Ägypten - ein attraktiver Markt für deutsche Unternehmer
Ägypten ist laut Khadi Camara, der stellvertretenden Leiterin Länder und Märkte beim Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft, sehr interessant für deutsche Unternehmen: "Das Land stellt einen der wenigen Märkte, in denen Deutschland auf großer Basis und in verschiedenen Sektoren große Projekte umsetzt", betont sie mit Blick auf Infrastruktur- und Schienenprojekte, Digitalisierung und Industrie. Immer mehr Unternehmen würden Ägypten als Standort wählen, fügt sie an.
Die Sicherheitslage in der Region ist zudem ein wichtiger Gesprächspunkt für das Treffen mit Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi, derzeit eine der beharrlichsten diplomatischen Stimmen beim Ringen um eine Zukunft für Gaza. Im September 2024 besuchte Steinmeier schon einmal das nordafrikanische Land und würdigte dessen Vermittlerrolle im Nahostkonflikt.
Ägypten, aber auch Ghana, die zweite Station auf der Reise des Bundespräsidenten, sind Partnerländer derInitiative G20-Compact with Africa (CwA). Sie wurde unter der deutschen G20-Präsidentschaft 2017 ins Leben gerufen mit dem Ziel, Investitionen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum in reformorientierten afrikanischen Staaten zu schaffen. 13 afrikanische Länder sind Mitglied im CwA.
"Der Compact with Africa hat dazu geführt, das die Exportkreditgarantien des Bundes für diese Länder eine bessere Risikokategorie bekommen haben", sagt Camara zur DW. Es sei wichtig, dass diese Partnerschaft relevant bleibe. Noch seien Rahmenbedingungen für Handelsaktivitäten nicht wie sie sein sollten, Hürden müssten weiterhin abgebaut werden.
Dazu dienen auch die Gespräche Steinmeiers mit seinen Amtskollegen: Der Bundespräsident trifft am 3. November Staatspräsident John Dramani Mahama in Accra. Mahama ist seit diesem Januar im Amt; die Wahl im Dezember hatte er mit dem Versprechen einer Tag und Nacht tätigen, modernen Wirtschaft gewonnen. Besonders der Goldbergbau und Bausektor sollen für mehr Wachstum sorgen.
Mit einer Bevölkerung von knapp 35 Millionen ist Ghana eine vergleichsweise kleine Volkswirtschaft. Das Land liefert vor allem Kakao nach Deutschland; weitere wichtige Exportgüter sind Früchte, Kautschuk und Erze.
Ghana - Zentrum für die Impfstoffproduktion
Ein weiterer Baustein für den Ausbau der Kooperation ist die Impfstoffforschung: Deutschland und die Europäische Union unterstützen Ghana, sich als westafrikanisches Zentrum für die Herstellung von Impfstoffen und Arzneimitteln zu positionieren. So werden mehr Arbeitsplätze und eine bessere Gesundheitsversorgung geschaffen.
In Ghana gedeiht zudem eine innovative Start-up-Szene. Auf dem Programm des Bundespräsidenten steht auch ein Treffen mit Gründern, um über Innovationen zu sprechen.
Laut Anna Lena Wasserfall, Leiterin des Auslandsbüros der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) in Accra, ist Ghana ein Prioritätsland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit.
Besonders gilt das für den Bereich der erneuerbaren Energien, aber auch für gute Regierungsführung und Korruptionsbekämpfung. "Sicherlich vor dem Hintergrund, dass Deutschland ein Interesse daran hat, das Ghana weiterhin ein stabiler Partner in der Region bleibt", sagt Wasserfall zur DW.
Sie weist auf die Militärputsche im westlichen Afrika in den vergangenen Jahren hin: In einigen Ländern seien Regierungen an der Macht, die der Zusammenarbeit mit westlichen Partner skeptisch bis ablehnend gegenüber stünden, so die Leiterin der KAS. Die Stiftung steht der Partei der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) nahe.
Zur strategischen Neuausrichtung der deutsch-ghanaischen Partnerschaft gehörten Bankreformen, die den Finanzsektor stabilisieren sollten und neue Gesetze, die es vereinfachen sollten, in Ghana Unternehmen zu gründen. "Insgesamt kann man sagen, dass Maßnahmen, die mit dem CwA umgesetzt worden sind, Ghana strukturell gestärkt, aber keine tiefgreifende Investitionsdynamik im Land ausgelöst haben", bilanziert Wasserfall.
Initiative "Compact with Afrika" verbessern
Dabei sei der Mangel an Investitionen in Ghana kein Zeichen mangelnder Attraktivität, sondern eher ein Ausdruck von strukturellen Schwächen und Unsicherheiten, die langfristige Engagements riskant erscheinen lassen, betont sie.
"Das sind Faktoren wie die hohe Staatsverschuldung und Defizite, was Vertrauen in die fiskalische Stabilität mindert, dazu kommt eine große Währungsvolatilität", sagt Wasserfall. Auch Bürokratie, Korruption und schwache Rechtsdurchsetzung seien ein Problem.
Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hat Deutschland mit der Weltbank in Washington den neuen G20 Compact with Africa Treuhandfonds ausgerufen. Mehr Wachstum und gute Jobperspektiven sollen entstehen - durch mehr Investitionen in nachhaltige Entwicklung, Infrastrukturprojekte und gut ausgebildete Fachkräfte.
Angola will näher an die G20 rücken
Der Ölstaat Angola ist zum Beispiel ein Interessent für die Aufnahme in den CwA. Bei seinem Besuch als erster Bundespräsident in Angola vom 5. bis 7. November wird Steinmeier stärkere Wirtschaftskooperationen ausloten. Das Land, das 50. Jahrestag der Unabhängigkeit feiert, könnte laut Camara ein Anwärter auf die nächste Runde des CwA sein.
"Die Regierung hat die Diversifizierung der Wirtschaft stark vorangetrieben, beispielsweise sind deutsche Unternehmen auch im Wasserstoff-Sektor aktiv. Große Wasserkraftanlagen werden dort installiert, es gibt deutsche Projekte auch im Infrastrukturbereich, im Gesundheits- und Agrarsektor", sagt sie.
In der Hauptstadt Luanda ist ein Treffen mit Präsident João Lourenço geplant, der zur Zeit auch den Vorsitz der Afrikanischen Union innehat. Lourenços Wort hat innerhalb Afrikas Gewicht - zum Beispiel vermittelt er seit Jahren zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda über die verfahrene Lage im Ostkongo.
In der Stadt Huambo will sich Steinmeier über den Ausbau des Lobito-Korridors informieren. Der Handelskorridor verbindet Angolas Atlantikküste mit den Kupferminen im Süden der DR Kongo sowie in Sambia. Aus Sicht der EU-Kommission ist der Korridor ein wichtiger Handelsweg der Zukunft - deshalb wird er im Rahmen des "Global Gateway"-Projekts gefördert, das als europäische Antwort auf Chinas Neue Seidenstraße gilt.
"Die Reise des Bundespräsidenten setzt ein wichtiges Zeichen", sagt KAS-Leiterin Wasserfall. Denn die Beziehungen zu afrikanischen Partnerländern seien angesichts der Herausforderungen der internationalen Politik in den Hintergrund gerückt. "Der Nachbarkontinent sollte bei der Diversifizierung unserer Partnerschaften und Verringerung von Abhängigkeiten eine wichtige Rolle spielen."