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Politik

Am Steuer nur noch unverhüllt

Wolfgang Dick
22. September 2017

Der Bundesrat hat am Freitag etliche Gesetze für Autofahrer ergänzt und neu gefasst. Dazu gehören schärfere Strafen für Raser und Mobiltelefonierer. Und: Jede Gesichtsverdeckung ist künftig verboten.

Marokko Frau mit Niqab
Bild: picture alliance/dpa/N. Seliverstova/Sputnik

Unter diese Regelung fallen neben Masken, Hauben und Schleiern auch Kopfbedeckungen wie Burka und Nikab. Ausdrücklich genannt sind diese Kleidungsstücke allerdings im Gesetzestext nicht. Auch nicht in Erläuterungen der Ausschüsse, die den Bundesratsbeschluss vorbereitet haben. Konkret heißt es jetzt nur ergänzend in der Straßenverkehrsordnung: "Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist." Also müssen Augen, Nase und Mund künftig frei bleiben. Wer dagegen verstößt, dem droht ein Bußgeld von 60 Euro.

Schon im April hatte auf Initiative des von Minister Alexander Dobrindt (CSU) geführten Verkehrsministeriums der Bundestag das Gesetz beschlossen. Es fehlte jetzt nur noch das O.K. der Länderkammer. Hauptargument für das Verschleierungsverbot ist, dass die Verkehrsüberwachung weiter automatisiert werden soll.  So genannte Blitzeranlagen lösen bei Geschwindigkeitsübertretungen Kameras aus, die Fotos von den Fahrern machen. Dabei können im Gesicht verhüllte Personen natürlich kaum identifiziert werden.  In Deutschland gilt: Der tatsächliche Fahrer - und nicht der Fahrzeughalter oder Besitzer - haftet für Fehlverhalten im Straßenverkehr. Also muss der Fahrer zu ermitteln sein, so das Argument des Gesetzgebers.

Selbst moderne Blitzanlagen können verhüllte Fahrer nicht identifizierenBild: picture-alliance/dpa

Politik durch die Hintertür?

Kritiker der ansteigenden staatlichen Überwachung vermuten, dass es in Wirklichkeit um mehr geht. Die Maßnahme ziele auch auf die weitere Durchsetzung von Verboten gegen die Vollverschleierung. Der stellvertretende Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Nurhan Soykan, lässt gegenüber der DW erklären, man nehme zur Kenntnis, dass es einen Rechtsruck in Deutschland gebe. Durch diesen würden die Muslime immer mehr als Gefahr wahrgenommen und der Gesetzgeber unter Druck gesetzt, auf diese vermeintliche Gefahr zu reagieren. In Wahlkampfzeiten mache sich dies besonders bemerkbar. Der Verband sieht keinen Regelungsbedarf. Es sei kein Fall bekannt, in der eine Burka- oder Nikabträgerin einen Unfall verursacht habe, der auf die Kopfbedeckung zurückzuführen sei. Es gehe nicht um Sicherheit im Straßenverkehr, sondern um Symbolpolitik.  

Auf Anfrage kann auch der ADAC keine Statistiken liefern, die eine erhöhte Unfallgefahr durch Burkaträgerinnen belegen. Jedenfalls bestehe kein Anlass, so Deutschlands größter Automobilclub, dass es einer solchen Regelung im Straßenverkehr bedürfe. Selbst aus der Karnevalszeit seien keine besonderen Fälle bekannt.  

Die Bundesregierung bittet um eine sachliche Diskussion. Im Vorfeld der Abstimmung habe man auch geprüft, inwieweit vermehrt auf Anhaltekontrollen im Verkehr gesetzt werden könne. Dies würde aber zu einem "übermäßigen und nicht leistbaren Personalaufwand in den Länder" führen und sei nur für die Motorradfahrer durchführbar. Hier seien Anhaltekontrollen bereits Standard. Für Motorradfahrer gilt im übrigen zum persönlichen Schutz eine Helmpflicht. Insofern seien sie auch von der Neuregelung nicht betroffen. Erlaubt seien im übrigen weiterhin Hüte, Gesichtsbemalung, Bärte und Piercings.  

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