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Politik

Abstimmung über "sichere Herkunftsländer" vertagt

15. Februar 2019

Soll die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten für Asylbewerber erweitert werden? Auf Antrag Thüringens hat der Bundesrat die Entscheidung über ein entsprechendes Gesetz kurzfristig abgesetzt.

Bodo Ramelow
Bild: picture-alliance/dpa/ZB/M. Schutt

Die Landesregierung Thüringen hatte kurzfristig eine Verschiebung der Abstimmung beantragt. "Wir möchten das Angebot unterbreiten, über Asylverfahrensfragen und Statusrechte, die mit diesen Fragen verbunden sind, noch einmal gründlich in Gespräche einzutreten", sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke, Artikelbild) vor der Sitzung der Länderkammer. Ein neuer Termin für das Votum wurde nicht genannt. Laut Bundesrat könnte das Gesetz auf Antrag eines Landes oder der Bundesregierung in einer der nächsten Sitzungen behandelt werden.

Das Kabinett will Georgien sowie die nordafrikanischen Staaten Tunesien, Algerien und Marokko zu sicheren Herkunftsstaaten für Asylbewerber erklären. Als solche werden Staaten eingestuft, bei denen vermutet wird, dass es in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ermöglichen. Im vergangenen Jahr hatten 7.885 Menschen aus diesen vier Staaten einen Asylantrag gestellt. Der Bundestag hat dem Gesetz bereits zugestimmt. Es bedarf jedoch auch der Zustimmung der Länderkammer, um in Kraft treten zu können.

"Eingriff in das individuelle Asylrecht"

Vor der Sitzung hatte sich abgezeichnet, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat keine Mehrheit finden würde, weil von den Ländern mit Regierungsbeteiligung von Grünen oder Linkspartei nur Baden-Württemberg zustimmen wollte. 2017 scheiterte die Erweiterung der Liste um die Maghreb-Staaten schon einmal am Widerstand der Länder, in denen die Grünen mitregieren. 

Grünen-Chefin Annalena Baerbock (Archivbild) hält die Maghreb-Staaten für nicht verfolgungsfreiBild: Reuters/A. Schmidt

Die Bundestagsfraktion der Grünen lehnt das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten generell ab. Parteichefin Annalena Baerbock nannte das Instrument einen "Eingriff in das individuelle Asylrecht". Das Bundesverfassungsgericht habe klare Kriterien für die Einstufung festgelegt, sagte sie dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Ein solches Land müsse verfolgungsfrei sein, und zwar in allen Regionen und für alle Bevölkerungsgruppen. "Das ist in den Maghreb-Ländern für Homosexuelle, Frauen, Journalisten oder Gewerkschafter nicht der Fall", unterstrich die Grünen-Vorsitzende. 

Kretschmer: Grüne handeln "unverantwortlich"

Befürworter der Reform in der Union hatten zuletzt darauf verwiesen, dass Asylbewerber aus Georgien und den Maghreb-Staaten häufiger straffällig werden als Schutzsuchende anderer Nationalitäten. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte: "Es ist unverantwortlich. Wir reden seit 2015 darüber und nichts bewegt sich, weil die Grünen die Parteiinteressen über die unseres Landes stellen." Die Einstufung von Balkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten sei eine "Erfolgsgeschichte" gewesen, sagte Kretschmer der "Rheinischen Post". "Die muss sich mit Nordafrika wiederholen."

Aus Sicht von Sachsens Ministerpräsident Kretschmer (Archivbild) ist die Haltung der Grünen nicht nachvollziehbarBild: picture-alliance/dpa/M. Skolimowska

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte das Vorgehen der Grünen kritisiert. Die "ideologische Blockade" der Partei "verhindert geordnete Verfahren und verhindert die klare Unterscheidung zwischen Schutzbedürftigen und denen, die kein Bleiberecht haben", sagte Dobrindt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Die Einstufung als sicherer Herkunftsstaat ist eine notwendige Maßnahme, um Verfolgten Schutz zu gewähren, aber Missbrauch zu verhindern."

Eine zügige Entscheidung forderte auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund. "Um eine Überlastung der Behörden und der Gerichte zu vermeiden, dürfen wir keine Zeit verlieren", mahnte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Entscheidend sei das deutliche Signal an die Menschen in den betroffenen Ländern. "Sie sollen erkennen, dass sie kaum eine Chance auf Asyl in Deutschland haben", so Landsberg.

hk/sti (dpa, afp, epd)

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