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Politik

Bundesregierung so unbeliebt wie selten

5. Juli 2018

Mit ihrem erbitterten Streit über die Asylpolitik haben sich CDU und CSU keinen Gefallen getan. Laut aktuellem Deutschlandtrend ist nur noch jeder fünfte Bundesbürger mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden.

Bundestag Angela Merkel und Horst Seehofer
Bild: Getty Images/S. Gallup

Wochenlang haben CDU und CSU die Republik mit ihrem Streit über die zukünftige Ausrichtung der Flüchtlingspolitik in Atem gehalten. Gipfelnd in der Rücktrittsdrohung von Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer. Die jahrzehntelange Union der Schwesterparteien stand auf dem Spiel, ja sogar die erst hundert Tage im Amt befindliche Bundesregierung drohte zu platzen.

Damit hat die Union sich und der Regierungskoalition keinen Gefallen getan. Ihr Ansehen in der Bevölkerung hat in den letzten Wochen deutlich gelitten. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap hervor. Danach sind 78 Prozent der wahlberechtigten Bürger gar nicht oder weniger zufrieden mit der Arbeit des Kabinetts von Angela Merkel. Der Anteil der Unzufriedenen stieg im Vergleich zum Juni um 15 Prozentpunkte.

Nur noch jeder Fünfte ist zufrieden

Dabei kommt die Kritik nicht nur aus den Reihen der Oppositionsparteien, sondern auch von Wählern der Regierungsparteien: Unter den Anhängern der Union sind 63 Prozent unzufrieden. Noch kritischer sind die Anhänger der SPD, die der amtierenden Bundesregierung fast mit Dreiviertelmehrheit (73 Prozent) ein schlechtes Zeugnis ausstellen.

Zufrieden oder sehr zufrieden mit der Arbeit des Kabinetts sind nur noch 21 Prozent der Befragten, das ist ein Minus von 16 Prozentpunkten im Vergleich zum letzten Deutschlandtrend. Eine vergleichbar große Unzufriedenheit bestand zuletzt mit der Koalition aus Union und FDP ein Jahr nach ihrem Amtsantritt im Jahr 2010. Für eine Koalition aus Union und SPD ist es der schlechteste Wert seit November 2006.

Seehofer besonders belastet

Der unionsinterne Streit um die Zurückweisung von Flüchtlingen hat besonders dem CSU-Vorsitzenden und Innenminister Horst Seehofer geschadet.

Die Werte für den CSU-Chef sackten um 16 Punkte auf 27 Prozent ab. Das ist der niedrigste Wert, der für Seehofer im ARD-Deutschlandtrend jemals gemessen wurde. Im Gegensatz zu Seehofer verliert Angela Merkel nur zwei Punkte an Zustimmung. 48 Prozent der für den Deutschlandtrend Befragten sind mit ihrer Arbeit zufrieden.

Sind Transitzentren die Lösung?

Auslöser des Streits war der sogenannte "Masterplan Migration", in dem Bundesinnenminister Horst Seehofer auflistet, was er alles verändern will. Bundeskanzlerin Angela Merkel findet Seehofers Plan grundsätzlich gut - bis auf die Forderung, bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen. Die CDU-Chefin besteht auf einer europäischen Lösung.

In der am Montag überraschend gefundenen Vereinbarung zur "besseren Ordnung, Steuerung und Begrenzung der Sekundärmigration" einigten sich CDU und CSU auf sogenannte Transitzentren: Asylbewerber, die über Österreich einreisen und schon woanders registriert wurden, sollen in Lager kommen, die nicht als deutsches Hoheitsgebiet gelten sollen - ähnlich einem Transitbereich am Flughafen. Im Schnelldurchlauf sollen dort die Verfahren bearbeitet und die Menschen in das für ihr Asylverfahren zuständige Land zurückgebracht werden.

Laut ARD-Deutschlandtrend finden 61 Prozent der Bundesbürger die Einrichtung von Transitzentren richtig. 34 Prozent lehnen sie ab. Zustimmung und Ablehnung sind deutlich mit parteipolitischen Präferenzen verbunden.

Die Meinungsforscher haben in ihrer Fragestellung allerdings nicht berücksichtigt, ob es sich um geschlossene oder offene Lager handeln soll. Diese Frage ist innerhalb der SPD ein sehr heißes Eisen.

Die Umfrage wurde vor demam Donnerstagabend gefundenen Einigung von CDU, CSU und SPD auf ein Asylpaket durchgeführt.

Die Egoismen der CSU

73 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass der CSU ihre eigenen Interessen wichtiger sind als der Erfolg der Bundesregierung. Dass Horst Seehofer mit seinem Verhalten gegenüber Angela Merkel die Union geschwächt hat, sehen 73 Prozent der Bürger so - auch wenn gut die Hälfte der Deutschen es gut finden, dass mit Seehofer jemand offen Merkels Kurs in der Asyl- und Flüchtlingspolitik kritisiert. Eine deutliche Mehrheit der Unions-Anhänger (75 Prozent) schließt sich der Auffassung an, dass sich das Verhalten des Innenministers nachteilig für die Union auswirkt.

Eine Minderheit der Deutschen (31 Prozent) findet, dass sich die CSU mehr als andere Parteien um die Themen kümmert, die die Menschen wirklich bewegen. Grundsätzlich sind die Befragten mehrheitlich der Meinung, dass die Asyl- und Flüchtlingspolitik viel zu viel Raum einnimmt.

Wichtige politische Themen kommen zu kurz

Im Vergleich dazu finden nach mehrheitlicher Auffassung einige Themen derzeit zu wenig Aufmerksamkeit im politischen Diskurs. Dies gilt insbesondere für die Pflege (79 Prozent), die Bildung (73 Prozent) und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums (70 Prozent). Mehr als die Hälfte der Bürger findet außerdem, dass sozialpolitische Aspekte wie die Entwicklung der Renten (62 Prozent) sowie der Klimawandel und die Energiewende (56 Prozent) aktuell zu kurz kommen.

Den politischen Umgang mit Fragen der inneren Sicherheit, also dem Schutz vor Kriminalität und Verbrechen, hält knapp die Hälfte der Bürger (45 Prozent) für angemessen, ebenso viele (45 Prozent) finden aber, dass diese Fragen zu wenig Raum bekommen. Der Handelskonflikt mit den USA wird nach mehrheitlicher Auffassung im politischen Berlin ausreichend berücksichtigt (51 Prozent).

CDU, CSU und SPD hätten derzeit keine Mehrheit

Wie in jedem Deutschlandtrend, so hat infratest dimap auch diesmal die konkrete politische Stimmung in Deutschland abgefragt. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, käme die Regierungskoalition von CDU, CSU und SPD zusammen nur noch auf 48 Prozent.

Im Einzelnen würde die Union bei 30 Prozent landen, das wäre ein Minus von einem Prozent. Die SPD käme unverändert auf 18 Prozent. Mit 16 beziehungsweise 14 Prozent könnten AfD und Grüne je einen Punkt gutmachen. Die Linke verlöre einen Punkt auf neun Prozent. Die FDP bliebe mit unverändert acht Prozent kleinste Bundestagsfraktion.

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