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Kabinett verschärft Regeln gegen Hass im Netz

19. Februar 2020

Nach der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten und dem Anschlag von Halle hat das Kabinett eine Meldepflicht für strafbare Postings und strengere Gesetze auf den Weg gebracht. Die Opposition zeigt sich skeptisch.

Symbolbild UN stellen Aktionsplan gegen Hassbotschaften vor
Bild: picture-alliance/blickwinkel/McPHOTO/C. Ohde

Wer andere Menschen im Netz beleidigt oder bedroht, muss künftig mit härteren Strafen als bisher rechnen. Opfer von Online-Attacken wiederum sollen bessere Chancen haben, dass die Urheber juristisch belangt werden. Das sieht das Gesetz von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht vor, das die Bundesregierung gebilligt hat. Die SPD-Politikerin hatte das mehrere Änderungen umfassende Paket nach dem antisemitischem Anschlag im Oktober in Halle und der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni ausgearbeitet.

Die Bundesregierung ist überzeugt davon, dass rechtsextremistische Gewalttaten auch durch Hetze im Netz ausgelöst werden. "Wir müssen den Nährboden austrocknen, auf dem dieser Extremismus gedeiht", erklärte Lambrecht. Die Flut menschenverachtender Volksverhetzungen und Bedrohungen im Netz lasse Hemmschwellen sinken.

Nach der Einigung im Kabinett hofft Justizministerin Lambrecht nun auf die Zustimmung des BundestagesBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Das neue Gesetz sieht unter anderem eine Meldepflicht für mutmaßlich strafbare Postings vor. Wer in sozialen Netzwerken Nazi-Propaganda verbreitet, Straftaten billigt oder mit Mord, Vergewaltigung oder Sachbeschädigung droht, soll künftig dem Bundeskriminalamt gemeldet werden. Zudem wurde der Strafrahmen erhöht: Online-Hetzer müssen künftig dreimal so hohe Strafen fürchten wie bisher - im Extremfall erwarten sie bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

Besser geschützt werden sollen in Zukunft auch die Kommunalpolitiker in Deutschland. Der Strafrechtsparagraph 188 zur üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens wird dahingehend verändert, dass er künftig "Politiker bis hin zur kommunalen Ebene" schützt, wie es im Gesetzentwurf heißt. Bislang waren nur Politiker bis zur Landesebene klar von dem Gesetz erfasst. Der Strafrahmen für die Diffamierung von Kommunalpolitikern wird auf fünf Jahre erhöht.

"Keine Lösung gesellschaftlicher Probleme"

Der Deutsche Städtebund und der Deutsche Richterbund zeigten sich bereits erleichtert über das schärfere Vorgehen gegen Hasskriminalität im Netz, auch wenn der Kabinettsbeschluss erst noch vom Bundestag verabschiedet werden muss.

Der Linken-Abgeordnete Niema Movassat indes kritisierte die Pläne des Regierung: "Dass eine Verschärfung von Straftatbeständen gesellschaftliche Probleme in Luft auflösen wird, ist eine empirisch nicht belegte Illusion." Das Strafrecht werde als "Mittel für politischen Aktionismus verwendet", kritisierte er.

Bei den Grünen stößt die vorgesehene Meldepflicht auf Kritik. Freiheitsrechte würden beschnitten und Kompetenzen von Sicherheitsbehörden weitreichend ausgebaut, kritisierte Renate Künast. Zwar sei es begrüßenswert, dass die Bundesregierung der Verbreitung rechtsextremer Ideologien im Netz nicht länger zuschauen wolle. Die ehemalige Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags befürchtet jedoch, dass beim Bundeskriminalamt nun eine riesige "Verdachtsdatei" entstehe und forderte Vorgaben für die Speicherung und Löschung der übermittelten Daten.

djo/qu (afp, dpa, epd, kna)

 

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