Regierung warnt Erdogan vor Rede im Konsulat
3. Juli 2017Die Bundesregierung hat den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan nachdrücklich gewarnt, entgegen eines Verbots der Bundesregierung am Rande oder nach dem G20-Gipfel in Deutschland öffentlich aufzutreten. "Für die Bundesregierung kann ich nur noch einmal bekräftigen, dass Auftritte dieser Natur mit einer hinreichend langen Vorlauffrist bei der Bundesregierung per Verbalnote ans Auswärtige Amt gerichtet zu beantragen wären", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer. Alles andere wäre "ein Verstoß gegen den von der Bundesregierung zum Ausdruck gebrachten Willen, der wiederum fußt auf unserer deutschen Souveränität". Das gelte auch in Hinblick auf "Gerüchte", dass Erdogan etwa von einem Generalkonsulat aus sprechen und dies dann als Videobotschaft verbreitet werden könnte.
Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es über die Frage "des Hoheitsgebietes auf diplomatischem oder konsularischem Gelände ernsthaft mit den Türken eine Meinungsverschiedenheit gibt", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Er sprach von "Möglichkeiten, auf das Einfluss zu nehmen, was in unverletzlichen Räumlichkeiten von diplomatischen oder konsularischen Vertretungen vor sich geht". Dazu merkte er an: "Die gibt es. Das ist so".
Gabriel zeigt kalte Schulter
Erdogan wird an diesem Freitag beim G20-Gipfel in Hamburg erwartet. Er hatte in Berlin anfragen lassen, weil er in Deutschland anlässlich seines Aufenthalts auf dem Gipfeltreffen noch vor Landsleuten sprechen wollte. Die Bundesregierung lehnte dies ab. Außenminister Sigmar Gabriel hatte erklärt, "dass ein solcher Auftritt angesichts der Konfliktlage, die es mit der Türkei gibt, nicht angemessen wäre und derzeit nicht in die politische Landschaft passt".
Am Freitag schränkte die Bundesregierung zudem Auftritte ausländischer Regierungsvertreter in Deutschland generell ein. Ein Verbot gilt für Auftritte weniger als drei Monate vor deutschen Wahlen oder einer Abstimmung im jeweiligen Heimatland des ausländischen Gastes. EU-Politiker sind von dieser Regelung ausgenommen. Das Auswärtige Amt informierte am Freitag alle ausländischen Vertretungen in einer Rundnote darüber, dass solche Auftritte der Genehmigung der Bundesregierung bedürfen. Dem Ministerium zufolge sind grundsätzlich auch Veranstaltungen in ausländischen Botschaften oder Konsulaten von der Neuregelung betroffen, da auch diese zum deutschen Hoheitsgebiet gehören.
Botschaft: Keine Genehmigung nötig
Dagegen vertrat der Sprecher der türkischen Botschaft, Refik Sogukoglu, im Gespräch mit der "Rheinischen Post" die Auffassung, für einen Auftritt des Präsidenten in einem türkischen Generalkonsulat bedürfe es keiner Genehmigung durch die Bundesregierung. Diese Entscheidung liege allein bei Erdogan. Konsulate gelten rechtlich gesehen zwar nicht als fremdes Staatsgebiet, stehen aber unter einem besonderen völkerrechtlichen Schutz.
Vor dem Hintergrund des Verfassungsreferendums in der Türkei im April hatte es eine breite Diskussion um Auftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Die Städte Gaggenau in Baden-Württemberg und Köln unterbanden Auftritte. Nach dem Versammlungsrecht sind die Kommunen dafür zuständig. Ein generelles Verbot für Auftritte ausländischer Politiker kann wiederum das Auswärtige Amt aussprechen. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland sind seit der Bundestagsresolution zum Völkermord in Armenien und der Entwicklung in der Türkei seit dem Putschversuch stark angespannt.
kle/uh (dpa, rtr, epd, afp)