1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Bundestag billigt riesiges Konjunkturpaket

29. Juni 2020

Weniger Steuern beim Einkaufen und Geld aufs Familienkonto: Der Bundestag hat wichtige Teile des Konjunkturpakets beschlossen, das Konsum und Wirtschaft in der Corona-Krise wieder ankurbeln soll.

Bundestag - Sondersitzung zur Mehrwertsteuerabsenkung
Bild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Das Konjunkturpaket, zu dem die Mehrwertsteuersenkung für ein halbes Jahr und der Kinderbonus gehören, wurde in einer Sondersitzung mit den Stimmen von Union und SPD beschlossen. Die Oppositionsparteien FDP und AfD votierten mit Nein, Linke und Grüne enthielten sich. Nachdem auch der Bundesrat am Nachmittag zugestimmt hat, kann die Steuersenkung wie geplant am Mittwoch in Kraft treten. Deutschland droht dieses Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie die schwerste Rezession der Nachkriegszeit.

Der Mehrwertsteuersteuersatz sinkt demnach im zweiten Halbjahr befristet von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte Steuersatz von sieben auf fünf Prozent. Viele Supermärkte, Auto- und Möbelhäuser haben bereits angekündigt, die Ersparnis eins zu eins an ihre Kunden weiterzugeben - teils wurden bereits zum Wochenbeginn Preise gesenkt.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte sich überzeugt davon, dass die Steuersenkung die Wirtschaft ankurbeln werde. "Wir gehen davon aus, dass der überwiegende Teil dem Wachstum zugutekommt", sagte er. Es würden rund 20 Milliarden Euro an zusätzlicher Kaufkraft zur Verfügung stehen.

Einmaliger Kinderbonus

Familien erhalten einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind. Der Kinderbonus wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet, bei Besserverdienern aber mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet, so dass vor allem Familien mit weniger Geld profitieren. Für die Alleinerziehenden, die während der Krise besonders stark belastet waren, wird der sogenannte Entlastungsbeitrag 2020 und 2021 von 1908 Euro auf 4000 Euro angehoben.

Zufrieden? - Bundeswirtschaftsminister Peter AltmaierBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Unternehmen sollen steuerlich entlastet werden, damit sie ihre Liquidität verbessern können. Hier geht es unter anderem um erleichterte Verlustrückträge, Erleichterungen bei der Gewerbesteuer und eine Erhöhung der steuerlichen Forschungszulage.

Der Bund übernimmt den Großteil der Kosten für das Konjunkturpaket: Knapp 13 Milliarden Euro an Steuerausfällen entstehen durch die Senkung der Mehrwertsteuer, der Kinderbonus schlägt mit weiteren 5,4 Milliarden Euro zu Buche. Um das zu stemmen, will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) noch einmal mehr Kredite aufnehmen. Inzwischen sind für 2020 Rekordschulden von 218,5 Milliarden Euro vorgesehen. Den zweiten Nachtragshaushalt soll der Bundestag noch in dieser Woche beschließen.

Kontroverse Debatte

In der einstündigen Debatte würdigte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt das Konjunkturpaket als das größte in der Geschichte der Bundesrepublik. In der Finanzkrise seien es nur 80 Milliarden Euro gewesen, jetzt insgesamt 130 Milliarden, sagte er. "Wir setzen ein starkes Signal." Dobrindt fügte hinzu: "Deutschland schaltet vom Krisenmodus in den Zukunftsmodus." Das Land werde "stärker, krisenfester und modernen aus dieser Krise rauskommen".

Die SPD verteidigte die geplante Kreditaufnahme. Der Bund könne derzeit an den Finanzmärkten Kredite aufnehmen "entweder zum Zins null oder zu einem negativen Zinssatz", sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, in der Bundestagsdebatte. "Wann sollten wir Schulden aufnehmen wenn nicht jetzt?", fragte er.

FDP-Fraktionsvize Christian Dürr verwies auf den Verwaltungsaufwand, der den Unternehmen aus der Mehrwertsteuererhöhung erwachse. Es sei fraglich, ob die Entlastung wirklich bei den Menschen ankomme. Profitieren würden insbesondere Unternehmen, die in der Krise nicht gelitten hätten - wie etwa die Online-Händler.

Auch der AfD-Abgeordnete Albrecht Glaser zweifelte die Entlastung der Verbraucher an und bezeichnete Deutschland mit Blick auf ein mögliches EU-Kreditprogramm zur Corona-Krise als einen Gastwirt, der seine Stammgäste ewig anschreiben lasse, "bis sie alle Alkoholiker sind".

Wird die Steuersenkung weitergereicht?

Die Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht verwies auf Studien, denen zufolge nur bis zu 15 Prozent der Steuersenkung bei den Käufern ankommen werde. Profiteure seien dagegen große Unternehmen wie Amazon. Zudem würden sich Menschen, die sich um ihren Arbeitsplatz sorgten, jetzt kaum ein Auto oder eine neue Küche kaufen.

Der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz bezeichnete die Mehrwertsteuersenkung in der Debatte als "unkalkulierbare Wette". Das Hoffen auf eine Weitergabe an die Verbraucher alleine helfe nicht. Die Bevölkerung hätte besser an anderer Stelle entlastet werden sollen.

kle/qu (afp, rtr, dpa)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen