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Bundestag entscheidet über Athen-Paket

17. Juli 2015

Geburtstagsgeschenke kann man sich nicht aussuchen. Kanzlerin Merkel wird zum 61. auch zahlreiche Gegenstimmen aus dem eigenen Lager erhalten, wenn im Parlament neue Finanzhilfen für Griechenland zur Abstimmung stehen.

Bundesadler im Reichstag in Berlin (Foto: dpa)
Der Adler blickt nach Athen - wie auf der EuromünzeBild: picture-alliance/dpa

Die Überschrift ist fast ebenso sperrig wie die Griechenland-Rettung selbst: Für die Sondersitzung des Bundestages standen die "Verhandlungen der Bundesregierung über die Gewährung von Finanzhilfen an die Hellenische Republik Griechenland" auf der Tagesordnung.

In der Debatte warb Bundeskanzlerin Angela Merkel eindringlich für ein neues Milliarden-Rettungspaket. Die Voraussetzungen für Hilfen seien gegeben. Auf die Frage, ob die Vorteile die Nachteile überwögen, sagte Merkel: "Meine Antwort lautet aus voller Überzeugung: Ja." Die Kanzlerin betonte: "Wir würden grob fahrlässig handeln, wenn wir diesen Weg nicht wenigstens versuchen würden."

"Weit mehr als eine Währung"

Merkel dankte ausdrücklich Finanzminister Wolfgang Schäuble für die Verhandlungen und erhielt dafür langen Beifall aus der Unionsfraktion. Der Euro sei weit mehr als eine Währung, sagte sie. Er stehe wie keine zweite europäische Entscheidung für die Idee einer europäischen Einigung. Aber europäische Verträge müssten eingehalten und dürften nicht einseitig für null und nichtig erklärt werden. Europa benötige aber auch die Fähigkeit zum Kompromiss.

Dass eine Mehrheit den Weg für ein drittes Hilfspaket freimachen wird, gilt als sicher. Doch in der CDU/CSU brodelt es. Die Abgeordneten spüren in ihren Wahlkreisen den Widerstand gegen neue Milliardenhilfen für Athen. So war es kaum verwunderlich, dass in der Probeabstimmung am Donnerstag 48 Unionsabgeordnete mit Nein stimmten, während es in der SPD nur zwei waren, darunter Ex-Finanzminister Peer Steinbrück. Die CDU/CSU-Fraktion hat 311 der 631 Sitze im Parlament.

Keine glanzvolle Mehrheit

Für die Kanzlerin ist klar: Das Geschenk einer glanzvollen Mehrheit im eigenen Lager würden ihr die Parlamentarier zum 61. Geburtstag nicht machen. Doch für die Pragmatikerin Merkel zählt vor allem: Das Mandat ist gesichert, das die Bundesregierung braucht, um überhaupt in neue Verhandlungen mit Athen über ein Programm unter dem Euro-Rettungsmechanismus eintreten zu können.

Auch die Grünen unterstützen ein drittes Hilfspaket, werden sich bei der Abstimmung des Bundestages jedoch mehrheitlich enthalten. Die Linke will dagegen Verhandlungen ablehnen - mit dem Argument, Griechenland würden zu harte Bedingungen auferlegt.

In der Debatte bat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Abgeordneten "aus voller Überzeugung" um ihre Zustimmung zur Aufnahme der Verhandlungen. Die Alternative dazu wäre Chaos. Die Kanzlerin machte zugleich klar, dass weder die Regierung in Athen noch die anderen Euro-Länder bereit gewesen sei zu einem Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion.

"Nicht weiter hochstilisieren"

Die deutsche Presse heizt die Debatte an: "Stern"-Titelbild.Bild: Stern

Der CDU-Europapolitiker Gunther Krichbaum sieht die Kanzlerin wegen des Unmuts in der Unionsfraktion nicht beschädigt. "Es geht hier um die Sachfrage, die im Vordergrund steht. Man sollte das jetzt auch nicht weiter hochstilisieren", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Europaausschusses im ARD-"Morgenmagazin".

Krichbaum sagte, er werde mit Ja stimmen, habe aber lange mit sich gerungen. "Es ist wahrscheinlich die schwierigste politische Entscheidung, die ich, seit ich im Bundestag bin, seit 13 Jahren, zu treffen habe." Das Problem sei, dass Athen das Vertrauen zerstört habe. "Auf der anderen Seite geht es natürlich um mehr als nur Griechenland - es geht darum, ob und wie wir in der Europäischen Union, vor allem in der Euro-Zone, zusammenstehen."

Zentralbankgewinn als Obolus

In den Unterlagen, die die Bundesregierung den Parlamentariern bereitstellte, heißt es, Deutschland wolle zu einer Brückenfinanzierung seinen bisher nicht verwendeten anteiligen Zentralbankgewinn der Euro-Länder in Höhe von 532 Millionen Euro beisteuern.

Das Geld für eine kurzfristige Zwischenfinanzierung soll aus dem EU-Finanztopf EFSM kommen. Die Nothilfe war am Donnerstag von den 28 EU-Ländern beschlossen worden. Zudem hatten die Euro-Finanzminister einem weiteren Hilfsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren im Grundsatz zugestimmt. Der Plan muss in den kommenden Wochen verhandelt werden. Das neue Programm werde vom aktuellen, vor zwei Jahren gegründeten Eurorettungsschirm ESM kommen, beschlossen die Minister.

Bevölkerung tief gespalten

Die Meinung der Bevölkerung in Deutschland über die neuen Hilfsmaßnahmen ist tief gespalten. Wie eine ARD-Umfrage ergab, sind 46 Prozent der Befragten dafür, dass der Bundestag neuen Verhandlungen mit Athen zustimmt. Doch 49 Prozent sähen es lieber, wenn die Parlamentarier den Daumen senkten.

Sehr eindeutig ist das Ergebnis, sobald es um Prognosen darüber geht, wie die Schuldenkrise weiter verlaufen wird: 85 Prozent rechnen damit, dass Griechenland langfristig auf Hilfe angewiesen ist. Nur elf Prozent der Befragten erwarten, dass mit dem neuen Paket die griechische Wirtschaft grundlegend nach vorn gebracht werden kann.

jj/kle (dpa, afp, rtr)

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