Bundestag prangert Gewalt im Iran an
9. November 2022Der Deutsche Bundestag unterstützt die Protestbewegung im Iran. "Wir verurteilen die brutale Gewalt und stehen solidarisch an der Seite der Menschen, die gegen die Menschenrechtsverletzungen und für Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie demonstrieren", heißt es in einem von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis '90/Die Grünen und FDP eingebrachten Antrag. Darin wird die Bundesregierung aufgerufen, "den bereits erhöhten politischen und diplomatischen Druck auf das Regime in Teheran aufrecht zu erhalten". Weitere Forderungen betreffen unter anderem die Verschärfung der EU-Sanktionen gegen den Iran, die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen und das Sammeln von Beweismaterial gegen Verantwortliche staatlicher Gewalt und Willkür.
Außenministerin Annalena Baerbock wies Kritik aus den Reihen der Oppositionsparteien zurück, Bundesregierung und Europäische Union agierten nicht entschlossen genug. Die EU-Staaten "arbeiten mit Hochdruck am nächsten Sanktionspaket", teilte Baerbock mit. Es solle nächste Woche verabschiedet werden. "Wir lassen nicht nach. Wir stehen an der Seite der Männer & Frauen im Iran, und zwar nicht nur heute, sondern: so lange es notwendig ist", twitterte die Außenministerin von den Grünen.
"Mutige und innovative Veränderungen"
Reformpolitiker im Iran schlugen unterdessen die Abhaltung eines Referendums vor, um die seit sieben Wochen andauernde "Krise" im Land zu beenden. In einer online veröffentlichten Erklärung verlangte die Iranische Reformfront "sofortige, mutige und innovative Veränderungen", um einen "effektiven Dialog auf nationaler Ebene" zu eröffnen. Eine entsprechende Entscheidung könnte "die Krise wirksam eindämmen und den enttäuschten, unzufriedenen und wütenden Bürgern neue Perspektiven eröffnen".
Die reformorientierten Politiker beriefen sich dabei auf die Verfassung des Landes. Diese sehe in Artikel 59 die Organisation eines "Referendums und die direkte Bezugnahme auf die Stimme des Volkes" zu wichtigen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fragen vor. Die Iranische Reformfront war 2021 von Politikern aus dem Umfeld des ehemaligen Präsidenten Mohammed Chatami gegründet worden.
Schauspielerin postet Foto ohne Schleier
Als offensichtliches Zeichen der Solidarität veröffentlichte die prominente iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti im Internet ein Foto von sich, das sie ohne den in der Islamischen Republik vorgeschriebenen Schleier zeigt. Die 38-Jährige postete das Bild auf ihrem Instagram-Account begleitet von dem Slogan der Protestbewegung, "Frau. Leben. Freiheit".
Vor wenigen Tagen hatte Alidoosti angekündigt, in ihrer Heimat zu bleiben und die Familien getöteter Demonstrantinnen zu unterstützen. "Ich werde für meine Heimat kämpfen. Ich werde jeden Preis zahlen, um für meine Rechte einzustehen, und - das Allerwichtigste - ich glaube an das, was wir heute aufbauen", schrieb sie.
Auslöser der Proteste im Iran war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September, die wegen Verstoßes gegen die Kleiderordnung von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen worden war. Aktivisten werfen den Behörden vor, die 22-Jährige misshandelt zu haben. "Aminis Tod ist Teil der systematischen Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten im Iran seit mehr als vier Jahrzehnten, wo zudem Frauen und Minderheiten besonders diskriminiert und unterdrückt werden", betonte der Bundestag.
wa/mak (afp, dpa)