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Politik

Streit um Facebook-Gesetz

Heiner Kiesel
19. Mai 2017

Noch vor Ende der Legislaturperiode soll ein Gesetz verabschiedet werden, das gegen Fake-News und Hassrede im Netz vorgeht. Für das Ziel findet sich breite Unterstützung, aber der Weg dahin ist umstritten.

Symbolbild Tastatur Internet
In der Anonymität des Internets: Fake News und Hasskommentare sind zum gesellschaftlichen Problem gewordenBild: picture-alliance/dpa/Hildenbrand

Es soll schnell gehen mit dem Gesetzesvorhaben, durch das es im Internet ehrlicher und zivilisierter zugehen soll. Vor fünf Wochen hat das Bundeskabinett den Entwurf für ein Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verabschiedet, jetzt diskutiert der Bundestag in erster Lesung darüber. Wenn es bei den Vorstellungen der Bundesregierung bleibt, drohen den Betreibern von Internetplattformen wie Facebook, Instagram und Twitter Millionenbußen, wenn sie sich nicht um die Entfernung strafbarer Inhalte kümmern. Offensichtlich illegale Posts müssen dann innerhalb von 24 Stunden verschwunden sein, bei komplizierten Sachverhalten bleibt den Unternehmen eine Woche Zeit. Vor allem soll es identifizierbare Ansprechpartner für Beschwerden bei den Plattformen geben.

Will schnell ein Gesetz gegen Hass im Internet: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD)Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

"Hasskriminalität beschädigt unser Zusammenleben, unsere Debattenkultur und die Meinungsfreiheit", betonte Bundesjustizminister Heiko Maas. Er verteidigte seinen Entwurf, der dafür sorge, dass bereits bestehende Regelungen endlich durchgesetzt werden könnten. "Ich mache mir Sorgen um den freiwilligen Flüchtlingshelfer, der beleidigt und eingeschüchtert wird, um die Jugendlichen, die im Netz in krimineller Weise gemobbt werden", sagte Maas zu Beginn der Debatte. "Ich weiß, dass wir uns mit diesem Gesetz in einem grundrechtssensiblen Bereich bewegen", gesteht der SPD-Politiker ein.

Die großen Netzwerke müssen nachrüsten

Mit dem geplanten Gesetz wären nicht alle Betreiber von Internetplattformen betroffen. Es gibt eine Schwelle von zwei Millionen Nutzern im Inland vor. Die Regierung geht davon aus, dass es nur bei zehn sozialen Netzwerken tatsächlich zur Anwendung kommt. Auf die kommen dann, auch diese Zahl nennen die Autoren des Entwurfs, Kosten von etwa 25 Millionen Euro für die Pflicht zur Vorhaltung eines wirksamen Beschwerdemanagements zu. Weiterer Aufwand entsteht für die Betreiber, weil sie regelmäßig Bericht über ihren Umgang mit den Beschwerden an ihren Inhalten erstatten müssen. "Bußgelder drohen nur dann, wenn es ein strukturelles Versagen der Netzwerke gibt, wenn also überhaupt kein effizientes Beschwerdesystem besteht", stellte Maas klar.

Wenn Facebook, Twitter und Co über Inhalte richten

Petra Sitte (Linke) bezweifelt Facebooks UrteilskompetenzBild: picture-alliance/dpa/L. Schulze

Das reicht den Kritikern des Gesetzesentwurfes im Bundestag nicht aus - auch wenn breiter Konsens besteht, dass der Druck auf die Betreiber sozialer Netzwerke steigen muss. "Facebook, Twitter und Co haben sich in der Vergangenheit viel zu oft wenig kooperativ gezeigt", sagt Oppositions-Politikerin Petra Sitte (Linke), Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien. Denn bezeichnete sie den Entwurf als ein "eilig herunter geschriebenes Gesetz", das dazu diene, "Handlungsbereitschaft zu zeigen". Sie bemängelt aber, dass nach Maas' Vorstellungen, privatwirtschaftliche Unternehmen entscheiden müssten, was gelöscht werden müsse oder nicht. Sie bezweifelte generell die Urteilskompetenz dieser kommerziellen Unternehmen wie Facebook an, "die offenbar ein größeres Problem mit weiblichen Brustwarzen als mit Naziprogaganda haben".

Konstantin von Notz (B'90/Grüne): "Ein wüstes Gesetz"Bild: picture alliance / dpa

Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, warf Maas vor, nach langer Untätigkeit jetzt "mit einem wüsten Gesetz" aufzuwarten. Man müsse die Anbieter in die Pflicht nehmen, aber sie nicht in eine Richterrolle bringen. Die Befürchtung dahinter: Die Netzwerke könnten aus Vorsicht überreagieren und lieber mehr als weniger löschen.

Selbst vielen Abgeordneten der Regierungspartei CDU ist nicht ganz wohl bei dem Gesetzesentwurf. Einen Ausweg sieht die Unionsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker darin, die Entscheidung einem unabhängigen Gremium zu übertragen, ähnlich der Altersfreigabe bei Filmen durch eine freiwillige Selbstkontrolle. "Ein solches Verfahren könnte mehr Vertrauen und Akzeptanz bei den Betroffenen auf beiden Seiten schaffen."

Breites Bündnis gegen die Lex Facebook

Schon im Vorfeld der Debatte hat der Branchenverband der Digitalunternehmen Bitkom gegen den Gesetzesentwurf protestiert. Er verstoße gegen das Grundgesetz und sei europarechtswidrig. Bestätigt werde diese Einschätzung durch zwei Rechtsgutachten, die der Verband in Auftrag gegeben habe, unterstreicht Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. "Der Einsatz gegen Hassrede und Kriminalität im Netz ist zu wichtig, als dass er mit einem überhasteten und handwerklich schlechten Gesetz geführt werden kann, das vor den Gerichten keinen Bestand hätte", ist er überzeugt. Er wehrt sich gegen die befürchteten "massenhaften Löschungen im Schnellverfahren", die das Gesetz nach sich ziehen würde. Dadurch würde die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden.

Sieht die Meinungsfreiheit in Gefahr: Bitkom-Geschäftsführer Bernhard RohlederBild: DW/H.Kiesel

Der Bitkom hat sich zusammen mit zahlreichen anderen Akteuren aus der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft zu einer "Allianz für Meinungsfreiheit" zusammengeschlossen - darunter die im Kampf gegen Rechts engagierte Amadeu-Antonio-Stiftung, Reporter ohne Grenzen und der Chaos Computer Club. Sie wenden sich gegen eine Privatisierung der Inhaltskontrolle und versuchen den Druck von den Internetdiensten zu nehmen. "Absichtliche Falschmeldungen, Hassrede und menschenfeindliche Hetze sind Probleme der Gesellschaft und können daher auch nicht durch die Internetdiensteanbieter allein angegangen werden", heißt es im Manifest der Allianz. Auch die rechtspopulistische Partei AfD will gegen das Gesetz kämpfen und hat eine Verfassungsbeschwerde angekündigt.

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