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Politik

Abgeordnete reisen nach Incirlik

4. Oktober 2016

Vier Monate lang durften Bundestagsabgeordnete die deutschen Soldaten in der Türkei nicht besuchen. Jetzt bricht eine Delegation zu einer dreitägigen Reise auf.

Türkei Bundeswehr Einsatz in Incirlik
Bild: Bundeswehr/Jirka Ohk

Der CDU-Politiker Karl Lamers erhofft sich von der bevorstehenden Reise einer Bundestagsdelegation zu den deutschen Soldaten in der Türkei eine Entspannung im deutsch-türkischen Verhältnis. "Diesem Besuch kommt insofern eine hohe Bedeutung zu, als damit wieder ein Stück weit Normalität eintritt", sagte der Leiter der siebenköpfigen Delegation der Deutschen Presse-Agentur.

Allerdings betonte Lamers auch, dass der Bundestag weiterhin zu seiner von der Türkei scharf kritisierten Armenier-Resolution stehe. Zwar sei der Beschluss rechtlich nicht bindend. "Dennoch hat der Bundestag natürlich das Recht, sich zu allen wichtigen Fragen zu äußern. Das haben wir getan, und dazu stehen wir auch", sagte Lamers.

CDU-Politiker und Delegationsleiter der Türkei-Reise hofft auf Normalität bei den Beziehungen zur TürkeiBild: DW/J. Danisman

Armenien-Resolution brachte Besuchsverbot

Sieben Abgeordnete aus allen Bundestagsfraktionen brechen an diesem Dienstag zu einer dreitägigen Reise in die Türkei auf, bei der sie die rund 240 deutschen Soldaten auf der Luftwaffenbasis Incirlik besuchen werden. Die türkische Regierung hatte einen solchen Besuch wegen der Armenien-Resolution monatelang untersagt. Im Juni hatte das Parlament die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord verurteilt. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs wehrt sich massiv gegen diese Einstufung. Die türkische Regierung hob das Besuchsverbot für die Abgeordneten erst auf, als die Bundesregierung die Resolution für rechtlich nicht verbindlich erklärte.

Politische Gespräche in Ankara

Der Delegation gehören sieben Mitglieder des Verteidigungsausschusses an. Sie werden zunächst in Ankara politische Gespräche mit türkischen Parlamentariern und Regierungsvertretern führen. Am Mittwoch geht es dann mit einem Militärflugzeug weiter nach Incirlik, wo die deutschen Soldaten stationiert sind. Die Reise startet einen Tag nach einer Verlängerung des Ausnahmezustands in der Türkei, der nach dem Militärputsch Mitte Juni verhängt worden war. Über die Aufarbeitung des Putsches wollen die Bundestagsabgeordneten in Ankara sprechen. "Für uns ist wichtig: Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Augenmaß", sagte Lamers. "Wir können über all diese Dinge offen miteinander sprechen, wie das unter Partnern üblich ist."

Arnold: Türkei ein "schwieriger Partner"

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold warb dafür, den "schwierigen Partner" Türkei weiter einzubinden. "Sowohl die Türkei als auch wir müssen ein Interesse daran haben, dass wir Partner bleiben. Das gilt sicherlich in beide Richtungen", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion der Nachrichtenagentur AFP. "Und wir müssen eben mit schwierigen Partnern umgehen."

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold verteidigt die erneute Annäherung an die TürkeiBild: DW/J. Danisman

Arnold betonte, die einlenkende Äußerung der Bundesregierung im Armenien-Streit, dass eine Resolution des Bundestages juristisch nicht bindend sei, sei keine Distanzierung gewesen: "Die Bundesregierung kann sich nicht inhaltlich vom Bundestag distanzieren, und das hat sie auch nicht gemacht." Vielmehr habe sie "erklärt, dass eine Resolution die Funktion einer Resolution hat und die Meinung des Parlaments wiedergibt".

Auch die geplanten deutschen Investitionen auf dem Stützpunkt in Höhe von 58 Millionen Euro seien nicht in diesem Licht zu sehen, sondern schon lange vorher verhandelt worden. "Das ist keine aktuelle Entwicklung", sagte Arnold. "Das resultiert einfach daraus, dass die Amerikaner uns im Augenblick Gastfreundschaft gewähren, dort alles beengt ist und auch die Unterkünfte der Soldaten nicht dem Standard entsprechen, den wir eigentlich für unsere Soldaten haben möchten."

Die Basis Incirlik liegt nur 110 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Von dort aus startet die von den USA geführte internationale Militärkoalition ihre Einsätze gegen die Dschihadistenmiliz IS. Neben 1.500 US-Soldaten sind dort auch knapp 240 deutsche Soldaten stationiert. Sie fliegen mit sechs Tornado-Aufklärern über Syrien und versorgen die Verbündeten mit einem Airbus-Tankflugzeug in der Luft mit Treibstoff. Das Mandat für den Bundeswehreinsatz in Incirlik endet offiziell im Dezember, soll jedoch verlängert werden.

as/cr (dpa, afp)

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