Bundestagswahl 2025: Die Parteiprogramme
14. Februar 2025
Selten hatten die Parteien so wenig Zeit für einen Wahlkampf wie bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar. Und selten blieb ihnen so wenig Zeit, ihre Wahlprogramme zu schreiben. Die Programme sind so etwas wie das Wunschkonzert der Parteien. Doch wollen sie künftig regieren, geht das voraussichtlich nur in einer Koalition. Koalition heißt Kompromiss; mithin Abstriche vom Ideal der Programme. Auffallend: In den Programmen ist nicht erklärt, wie die Parteien ihre zum Teil Zig-Milliarden-Versprechungen finanzieren wollen.
Zehn Parteien treten in ganz Deutschland an. Die Universität Hohenheim hat die Programme analysiert. Herausgefunden haben die Forscher, dass die Programme kürzer sind als üblich und schwer verständlich. Fachbegriffe, Bandwurmsätze und Wortungetüme wie Telekommunikationsnetzausbaubeschleunigungsgesetz (FDP) fänden sich zu oft. Das verständlichste Programm stamme von CDU/CSU, das unverständlichste komme von der AfD.
Die Deutsche Welle stellt die sieben Parteien und Gruppen vor, die im Deutschen Bundestag derzeit vertreten sind. Die Reihenfolge orientiert sich an der aktuell in Umfragen prognostizierten Stärke der Parteien. Das kann sich bis zum Wahltag noch verändern.
Das gemeinsame Wahlprogramm der Unionsparteien CDU und der bayerischen Schwesterpartei CSU ist überschrieben: "Politikwechsel für Deutschland" . Die Union von Friedrich Merz will wieder zurück an die Macht. In den vergangenen Jahren war sie größte Oppositionspartei. Ihr Programm ist geprägt von konservativen, liberalen und christlich-sozialen Standpunkten. Migration ist zum wichtigsten Thema des Wahlkampfs geworden. Die Union will irreguläre Migration begrenzen. "Wir beschleunigen Asylverfahren und Rückführungen", heißt es. Die Stärkung der Wirtschaft ist ebenso zentral. Den Unternehmern verspricht die Union: "Wir senken die Unternehmenssteuerbelastung auf maximal 25 Prozent." Sozialleistungen sollen überprüft und möglicherweise gekürzt werden. Für die Verteidigung soll künftig mehr Geld zur Verfügung stehen.
"Zeit für Deutschland" steht über dem Wahlprogramm der in Teilen rechtsextremistischen AfD. Prominent im Programm ist das Thema Migration.
Das "Asylparadies Deutschland" solle geschlossen werden, heißt es. Der Begriff "Remigration" spielt in der Partei von Alice Weidel eine große Rolle. So ist von "Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer in ihre Heimat" die Rede. Das Phänomen der "Massenzuwanderung" solle umgekehrt, Einbürgerungen erschwert werden. An einer europäischen Asylpolitik will sich die AfD nicht weiter beteiligen. Sie lehnt die EU in ihrer jetzigen Form ab, will eine "europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft". Die D-Mark soll wieder eingeführt und Wirtschaftssanktionen gegen Russland gestrichen werden.
Die SPD ist optimistisch. Sie legt gleich ein "Regierungsprogramm" vor. Motto: "Mehr für dich. Besser für Deutschland." Für die Sozialdemokraten – nomen est omen – ist das Soziale das zentrale Thema. Die SPD will unter Bundeskanzler Olaf Scholz, "dass das Leben bezahlbar bleibt – mit einem höheren Mindestlohn" und Steuerentlastungen für die, die wenig verdienen. Menschen mit sehr hohem Einkommen sollen mehr Steuern zahlen. Die Wirtschaft soll gestärkt werden. Stabile Renten verspricht die SPD ebenso. In der Migrationspolitik will sich die Partei für schnellere Asylverfahren einsetzen. Asylverfahren außerhalb der EU lehnt sie ab. Die SPD will sich weiter für eine Unterstützung der Ukraine einsetzen, nicht aber Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern.
"Zusammen wachsen" ist der mehrdeutige Titel des Programms von Bündnis90/Grüne. Die Umweltpartei nennt es ebenso "unser Regierungsprogramm". Darin heißt es: "Wir sagen, wie wir das Leben bezahlbar machen, wie wir Natur und Klima schützen. Wie wir die Wirtschaft stärken, unseren Wohlstand klimaneutral erneuern können." Wirtschaftsminister Robert Habeck setzt auf Investitionen in die Zukunft durch einen "Deutschlandfonds". Damit soll die teils marode Infrastruktur in Deutschland von Grund auf saniert werden. Wohnen solle bezahlbar werden und Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln günstiger. Wie die SPD setzen sich auch die Grünen für Steuersenkungen für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen und einen höheren Mindestlohn ein. Im Fokus stehen außerdem Klima und Energie. Die Partei will erneuerbare Energien ausbauen, Kohlekraftwerke möglichst bald abschalten.
"Alle wollen regieren. Wir wollen verändern" steht über dem Programm der Linken. Im Untertitel: "Reichtum teilen. Preise senken. Füreinander." Die Linke hat sich seit 2005 fest etabliert im Parteiensystem; kratzte aber immer wieder an der Fünf-Prozent-Hürde zum Einzug in den Bundestag. Die Linke versteht sich als kapitalismuskritische und sozialistische Alternative. In der Asylpolitik ist sie wohl die Partei mit dem liberalsten Programm: "Alle Menschen müssen bei uns die gleichen Rechte und Chancen haben, unabhängig von Pass und Herkunft." Jan van Aken und Heidi Reichinnek wollen sich für ärmere Menschen einsetzen, fordern günstigere Strom- und Heizkosten, eine Begrenzung bei Mieten, höhere Löhne. Reichere Menschen sollen höher besteuert werden. Die Linke sieht sich als "Friedenspartei"; verurteilt den Krieg gegen die Ukraine als völkerrechtswidrig.
"Alles lässt sich ändern" plakatieren die Liberalen im ganzen Land. Und so ist auch das Wahlprogramm der FDP überschrieben. Die FDP war in der Geschichte der Bundesrepublik immer wieder Mehrheitsbeschaffer in Koalitionen; das Zünglein an der Waage. Ihre Programmatik hat sich zwar gewandelt; der liberale Kern ist auch unter Parteichef Christian Lindner geblieben: Bürger und Unternehmen entlasten, weniger Staat, weniger Bürokratie, mehr Eigenverantwortung, mehr Bildungschancen, eine starke Wirtschaft und Bürgerrechte. Die FDP wolle und könne nicht hinnehmen, "dass die irreguläre Migration immer noch nicht ausreichend unter Kontrolle gebracht ist" und "dass Arbeitsplätze und Wohlstand in Gefahr sind". Ob es die Partei erneut in den Bundestag schafft: unklar.
"Unser Land verdient mehr!" steht über dem Programm des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die Partei von Co-Chefin Sahra Wagenknecht ist noch jung, hat nur wenige Mitglieder. Das BSW-Wahlprogramm macht deutlich: Das Bündnis ist ideologisch schwer einzuordnen: Linke Wirtschafts- und Gesundheitspolitik trifft auf strenge Regeln in der Asylpolitik. "Migration ist nicht die Lösung für das Problem der Armut auf unserer Welt", heißt es. Sie müsse "begrenzt" werden. Von "Flüchtlingsströmen" ist die Rede und dass das BSW "unkontrollierte Einwanderung beenden" wolle. Der erste Punkt im Programm trägt die Überschrift "Frieden". Das Programm ist tendenziell prorussisch und antiamerikanisch. Die USA seien eine "absteigende Supermacht". In Bezug auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine heißt es: "Wir wollen, dass kein weiteres deutsches Steuergeld bereitgestellt wird, um diesen sinnlosen Krieg zu verlängern."