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Bundestagswahl 2025: Wie hat Deutschland gewählt?

24. Februar 2025

CDU/CSU gewinnen die Bundestagswahl 2025, die Kanzler-Partei SPD wird desaströs abgewählt. AfD - jeder fünfte Deutsche wählt die extreme Rechte. Was bedeutet das für Deutschland?

Markus Söder und Friedrich Merz reichen sich vor dem Unions-Wahlslogan lächelnd die Hände
So sehen Sieger aus: die Vorsitzenden der Unionsparteien CSU und CDU, Söder und Merz, feiern den Wahlsieg bei der Bundestagswahl 2025Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Stärkste Kraft werden und den nächsten Bundeskanzler stellen - dieses Wahlziel hat die konservative Union aus CDU und CSU erreicht. "Wir haben diese Bundestagswahl 2025 gewonnen", freute sich CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Wahlabend in Berlin. Großer Jubel blieb in der CDU-Parteizentrale dennoch aus. Die Union hatte ein deutlich besseres Wahlergebnis erwartet. "30 Prozent plus X", so hatte es im Wahlkampf geheißen. 

Rund 28 Prozent der Stimmen reichen nicht, um allein zu regieren. CDU/CSU müssen sich einen Koalitionspartner suchen. Von den Mehrheitsverhältnissen her käme die AfD infrage, die hinter der Union auf Platz zwei kam. Jeder fünfte Wähler in Deutschland hat die in Teilen rechtsextreme Partei gewählt. "Wir haben uns verdoppelt! Man wollte uns halbieren, das Gegenteil ist eingetreten", triumphierte die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel. CDU und CSU könnten nur mit der AfD zusammen ihre Wahlversprechen umsetzen, etwa die Beendigung der irregulären Migration. "Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung, den Willen des Volkes, den Willen Deutschlands umzusetzen."

Weidel: "Wir haben uns als Volkspartei fest verankert"

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Doch die Union hatte schon im Wahlkampf ein Bündnis mit der AfD kategorisch ausgeschlossen. "Wir haben ganz grundlegend unterschiedliche Auffassungen, zum Beispiel in der Außenpolitik, in der Sicherheitspolitik, in vielen anderen Bereichen, was das Thema Europäische Union, NATO und Euro betrifft", wiederholte Friedrich Merz seine ablehnende Haltung am Wahlabend. "Da können Sie uns die Hand ausstrecken, wie Sie wollen," sagte er an Weidel gewandt. Die drohte an, dass die AfD als größte Oppositionskraft Druck machen werde. "Wir werden die anderen jagen, dass sie vernünftige Politik für unser Land machen."

Union verspricht Richtungswechsel

Hauptthema im Wahlkampf war neben der schwachen Wirtschaft die Asylpolitik. "Man spürt die Verunsicherung der Deutschen", analysierte der CSU-Vorsitzende Markus Söder den Erfolg der AfD. Die Menschen seien sich nicht sicher, dass die Union ihre Versprechen tatsächlich umsetzen werde. Daher seien viele Wähler bei der AfD "hängen geblieben", so Söder. "Wir werden alles daransetzen, einen Richtungswechsel zu organisieren in Deutschland."

Es läuft auf eine schwarz-rote Koalition mit der SPD hinaus. Auch die Grünen stünden gerne dafür bereit. Die bisherigen Regierungsparteien müssen aber erstmal ihre Verluste verkraften. Besonders drastisch erwischte es die SPD, die mit gut 16 Prozent der Stimmen das schlechteste Wahlergebnis seit 1890 einfuhr. "Das ist ein bitteres Wahlergebnis für die Sozialdemokratische Partei", räumte der noch amtierende Kanzler Olaf Scholz ein. Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach sogar von einem "niederschmetternden, katastrophalen Ergebnis".

Scholz räumt "Wahlniederlage" ein

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Glückloser Kanzler Olaf Scholz

Scholz ist der einzige Bundeskanzler der letzten fünf Jahrzehnte, der nicht im Amt wiedergewählt wurde. Nicht einmal drei Jahre regierte er mit seiner Koalition aus SPD, Grünen und FDP, als sie Anfang November 2024 am Streit über die Staatsfinanzen zerbrach. Scholz hat angekündigt, in Zukunft nur noch normaler Bundestagsabgeordneter sein zu wollen.

Nicht nur die SPD wurde bei der Bundestagswahl abgestraft. Die FDP verlor drastisch, kam nicht über die Fünf-Prozent-Hürde und wird im nächsten Bundestag nicht vertreten sein. FDP-Chef Christian Lindner hat nach der Niederlage seinen Rückzug aus der Politik angekündigt.

Die Verluste der Grünen halten sich Grenzen. Von einem "achtbaren Wahlergebnis" sprach der grüne Spitzenkandidat Robert Habeck. "Wir sind nicht so stark abgestraft worden, aber wir wollten mehr und das haben wir nicht erreicht." Sollten die Grünen von der Union für eine Koalition gebraucht werden, dann sei seine Partei gesprächsbereit, sagte Habeck, bevor alle Stimmen ausgezählt waren. Danach war klar, dass die Grünen nicht gebraucht werden.  

Die Linke klar im Bundestag

Eine Koalition mit der Linkspartei hatte die Union schon vor der Wahl genauso ausgeschlossen wie mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das sich Anfang 2024 von der Linkspartei abgespalten hatte. Die Linkspartei hatte zuletzt eine unerwartete Aufholjagd hingelegt. Mit über acht Prozent der Stimmen war sie der Überraschungssieger unter den kleineren Parteien. Das BSW ist nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. 

Unabhängig davon, wie die Koalitionsverhandlungen mit der SPD verlaufen, warten auf die künftige Bundesregierung enorme Herausforderungen. Die Regierungsbildung müsse angesichts der vielen Aufgaben zügig vonstatten gehen, forderte Friedrich Merz am Abend seines Wahlsiegs. "Die Welt da draußen wartet nicht auf uns, sie wartet auch nicht auf langatmige Koalitionsgespräche und -verhandlungen." 

Deutschland müsse jetzt schnell wieder handlungsfähig werden, "damit wir in Europa wieder präsent sind und auf der Welt wahrgenommen wird: Deutschland wird wieder zuverlässig regiert". Das könne eher gelingen, wenn der Koalitionsvertrag wie ein "Rahmenwerk" gestaltet werde und nicht wie eine detailliert ausgearbeitete Regierungsvorlage, heißt es in der CDU.

Merz: "Ich weiß, daß es nicht einfach werden wird“

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Milliardenloch im Haushalt

Die größte Herausforderung der neuen Regierung dürfte in der Finanzierung künftiger Haushalte liegen. Die Steuereinnahmen reichten zuletzt nicht mehr aus, um alle anstehenden staatlichen Aufgaben zu bezahlen. Wachsende Militärausgaben, die Sanierung der kaputten Infrastruktur, die klimafreundliche Transformation des Landes - das alles verschlingt Milliardensummen. Hinzu kommt, dass Deutschland in der größten Wirtschaftskrise seit der Wiedervereinigung steckt. 

Die Bundestagswahl war die erste seit dem russischen Großangriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Seither hat die Bundesregierung Militärhilfen in Höhe von etwa 28 Milliarden Euro für die Ukraine bereitgestellt. Damit war Deutschland nach den USA der größte Unterstützer der Regierung in Kyjiw.  

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump haben sich die Vorzeichen geändert: Die neue US-Regierung kehrt Europa den Rücken. Weitere Hilfen für die Ukraine seien in erster Linie die Aufgabe der Europäer, heißt es in Washington. Auch um seine Verteidigungsfähigkeit müsse Europa sich fortan stärker selbst kümmern. 

Internationale Erwartungen an Deutschland

Die neue Bundesregierung muss schnell Prioritäten setzen. Vor allem, wenn Deutschland wieder den politischen Rang einnehmen soll, den die CDU im Wahlkampf beschworen hat. "Wir müssen als Deutschland wieder eine Führungsrolle in Europa übernehmen, nicht von oben herab, sondern mit Frankreich, mit Polen, mit einer starken Europäischen Union", hatte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kurz vor der Wahl in der ARD betont. 

Neben diplomatischen Initiativen erfordert das große finanzielle Anstrengungen. Der größte Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen dürfte sein, woher diese Mittel kommen sollen: Aus neuen Krediten oder aus Umschichtungen im Bundeshaushalt? Vor allem zwischen CDU/CSU und den Sozialdemokraten gibt es hier Differenzen. 

Was wird aus der Schuldenbremse?

Nicht mehr Geld ausgeben als man einnimmt, das steht in der deutschen Verfassung. Ausnahmen gibt es nur in Notsituationen, bei Naturkatastrophen und in schweren Wirtschaftskrisen. SPD und Grüne halten es für unvermeidbar, neue Schulden aufzunehmen. Ganz anders CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz: Er setzt auf Wirtschaftswachstum und fordert Kürzungen bei den Sozialleistungen. Das ist für die SPD inakzeptabel. Für die Grünen wären Abstriche beim Klimaschutz ein Tabu gewesen. 

Wo steht Deutschland wirtschaftlich?

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Spätestens 30 Tage nach der Wahl, also spätestens am 25. März, muss sich der neue Bundestag konstituieren. Mit der konstituierenden Sitzung des Bundestags endet laut der deutschen Verfassung auch die Amtszeit von Bundeskanzler Olaf Scholz und der gesamten Bundesregierung. Gibt es bis dahin noch keine neue Regierung, bleibt die alte geschäftsführend weiter im Amt.

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