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Bundestagswahl: Was tun gegen Cyber-Gefahren?

6. Dezember 2024

Vor der Bundestagswahl im Februar wächst die Sorge, dass antidemokratische Akteure die öffentliche Meinung manipulieren. So, wie es in Rumänien gerade passiert ist. Dort muss die Präsidentschaftswahl wiederholt werden.

Digitale Daten und Vorratsdatenspeicherung
Digitale Einflussnahme, Manipulation, Cyberangriffe: all das könnte die Wahlen gefährdenBild: Nikolas Kokovlis/NurPhoto/IMAGO

Deutschland wappnet sich für digitale Bedrohungen rund um die vorgezogene Bundestagswahl im kommenden Jahr. Die Wahl soll voraussichtlich am 23. Februar 2025 stattfinden.

Nach Einschätzung von Behörden und Forschenden könnten im Vorfeld der Wahl verschiedene Akteure versuchen, durch Cyberangriffe und Desinformationskampagnen Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Ziel könnte es sein, gesellschaftliche Spaltungen zu verstärken.

So warnt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor "möglichen Versuchen der Einflussnahme fremder Staaten". Die Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Claudia Plattner, ergänzt: "Natürlich gibt es Kräfte innerhalb und außerhalb, die ein Interesse daran haben, einen Wahlprozess zu attackieren und eine demokratische Ordnung zu stören."

Bundeskanzler Scholz will am 11. Dezember die Vertrauensfrage stellen, um den Weg für Neuwahlen freizumachenBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Die Wahl findet nicht nur unter unvorhergesehenem Zeitdruck statt und stellt Behörden vor logistische Herausforderungen. Sie fällt auch in eine Zeit erhöhter politischer Spannungen.

"Es gibt verschiedene Themen, von der Wirtschaftslage bis zur geopolitischen Situation, die die Gesellschaft in Lager spalten", sagt Josef Lentsch, CEO der Konferenz Political Tech Summit, die Ende Januar in Berlin stattfindet, der DW.

Und er fügt hinzu: "Populisten und Extremisten sind besonders gut darin, diese gesellschaftlichen Trennlinien zu nutzen, um diese Polarisierung zu verstärken."

Angriff auf die Glaubwürdigkeit

Eine erhebliche Bedrohung geht nach Expertenmeinung von Cyber-Angriffen aus, die sich gegen prominente Personen oder Organisationen richten. Einmal gestohlen, könnten sensible Daten anschließend in koordinierten "Hack-and-Leak"-Operationen veröffentlicht werden. Sie könnten möglicherweise verändert oder aus dem Zusammenhang gerissen werden, um die Glaubwürdigkeit von Kandidaten oder Parteien zu untergraben.

"Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Russland das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Wahl im eigenen Sinne zu beeinflussen", warnt das BfV in seiner Analyse Ende November.

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Gleichzeitig stellten auch inländische Akteure, die von Deutschland aus operieren, ein Risiko dar, warnt Technologieexperte Lentsch. "Die öffentliche Sphäre hat sich verändert", sagt er: "Antidemokratische Akteure nutzen eigene Kanäle in Messengern wie WhatsApp oder Telegram oder auf Plattformen wie TikTok, um die Filterfunktion klassischer Medien oder anderer vertrauenswürdiger Akteure zu umgehen."

Sowohl einzelne Akteure als auch populistische Parteien wie die in Teilen rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) hätten die vergangenen Jahre damit verbracht, eine solche "alternative digitale Infrastruktur" aufzubauen: "Dadurch haben sie heute einen fast jahrzehntelangen Vorsprung vor anderen Akteuren wie den etablierten Parteien", sagt Lentsch.

Lektionen aus Rumänien

Das Beispiel Rumänien zeigt, wie weit die digitale Einflussnahme auf Wahlen aus dem Ausland reichen kann. Am Freitag (6.12.) erklärte das oberste Gericht des Landes die erste Runde der Präsidentschaftswahlen für ungültig.

Die Wahlen seien Ziel eines "aggressiven russischen hybriden Angriffs" geworden, so die Richter. Mithilfe koordinierter Konten, Empfehlungsalgorithmen und bezahlter Werbung sei der Wahlkampf des  rechtsradikalen Nationalisten Călin Georgescu massiv gefördert worden.

Der überraschende, nun annullierte Sieg Georgescus, einem Bewunderer von Russlands Präsident Wladimir Putin, zeige die politische Schlagkraft digitaler Infrastruktur, so Lentsch.

"Rumänien ist ein EU-Land", warnt Lentsch: "Was dort passiert ist, kann auch anderswo passieren, auch in Deutschland."

Das Zeitalter von "KI-Propaganda"

Keine andere große Partei in Deutschland habe eine so tiefgreifende digitale Infrastruktur aufgebaut, um ihre Botschaften zu verbreiten, wie die AfD, sagt Katja Muñoz, Research Fellow am Zentrum für Geopolitik, Geoökonomie und Technologie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. 

In diesem Netzwerk interagieren zahlreiche Social-Media-Accounts miteinander, um die Algorithmen der Plattformen dazu zu bringen, die Reichweite von Beiträgen zu erhöhen, so Muñoz gegenüber der DW.

"Es ist ein orchestrierter Schachzug, um bestimmte Narrative zu pushen". Gleichzeitig ermöglichen neue sogenannte "generative" KI-Programme es Parteien und Einzelpersonen seit Kurzem, Beiträge – von Texten über Bilder bis hin zu Videos – deutlich schneller als bisher zu erstellen und damit ihre Kanäle noch schneller zu bespielen.

Katja Muñoz forscht zum Zusammenspiel zwischen sozialen Medien und PolitikBild: Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik

Akteure aus dem gesamten politischen Spektrum hätten begonnen, die Technologie zu nutzen, um beispielsweise Illustrationen für Social-Media-Posts zu erstellen. Doch "die Partei in Deutschland, die mit Abstand die meisten KI-generierten Inhalte verbreitet, ist die AfD", sagt Muñoz mit Verweis auf eine Analyse, die sie im Zusammenhang mit den Europawahlen und mehreren deutschen Landtagswahlen 2024 durchgeführt hat. 

"Diese Inhalte sind nicht notwendigerweise falsch, aber sie sind irreführend und sollen bestehende Überzeugungen bestätigen – es ist KI-Propaganda", sagt sie. Als Beispiel nennt sie ein 78 Sekunden langes KI-generiertes Video, das die AfD im September nur wenige Tage vor einer Landtagswahl veröffentlichte. Der Clip zeigte Szenarien, in denen die Darstellung meist blonder und blauäugiger Menschen mit denen von People of Color kontrastiert wurden, die in negativem Kontext gezeigt wurden.

Wie lässt sich die Wahl schützen?

Um die Integrität der Wahlen zu schützen, müsse auf verschiedenen Ebenen angesetzt werden, so Experten.

Gegen Cyber-Angriffe hat das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Task Force zur Beobachtung der Bedrohungslage eingerichtet. Zudem bietet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Online-Seminare für Kandidaten und Parteien an. Sie werden darin geschult, ihre Geräte und Online-Konten vor Cyber-Angriffen zu schützen. "Normalerweise hätten wir das gerne vor Ort gemacht und in der persönlichen Ansprache, jetzt müssen wir das eher auf Webinare verlegen – einfach, weil wir nicht ganz so viel Vorbereitungszeit haben, wie wir das gedacht haben", sagte BSI-Präsidentin Plattner dem Deutschlandradio.

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Mit nur noch rund zweieinhalb Monaten bis zum voraussichtlichen Wahltermin sei es gleichzeitig umso wichtiger, so Technologieexperte Lentsch, "dass ein konstanter Austausch zwischen Zivilgesellschaft, politischen Akteuren und staatlichen Behörden stattfindet."

Forscherin Muñoz fügt hinzu, dass Behörden auch verstärkt an die Öffentlichkeit treten sollten, um das Bewusstsein für Desinformation und KI-generierte Propaganda zu schärfen: "Sie sollten den Menschen erklären, wie die öffentliche Meinung manipuliert wird und wie dadurch Randthemen in den Mittelpunkt der Debatte gerückt werden."

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