1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bundesverfassungsgericht begrenzt "Staatstrojaner"-Einsatz

7. August 2025

Das höchste deutsche Gericht hat entschieden: Der Einsatz sogenannter Staatstrojaner durch Strafverfolger ist in der Bundesrepublik nur bei schweren Straftaten zulässig.

Symbolfoto | Staatstrojaner mit Handy und Bundesadler
Das Überwachen und Ausspionieren von Verdächtigen durch den Staat ist umstritten (Symbolbild)Bild: Christian Ohde/picture alliance

Bei der Verbrecherjagd dürfen Strafermittler in Deutschland seit einigen Jahren auch heimlich Handys und Computer von Verdächtigen mit Späh-Software - sogenannten Staatstrojanern - infiltrieren und so Daten erheben. Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass diese Befugnisse teilweise verfassungswidrig sind.

In Teilen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar

Der Erste Senat des Gerichts in Karlsruhe erklärte die "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" (kurz: Quellen-TKÜ) für Tatbestände mit einer Höchstfreiheitsstrafe von bis zu drei Jahren für unzulässig. Sie ist also auch rückwirkend ungültig. Darüber hinaus sei die Befugnis der Ermittler zur heimlichen Online-Durchsuchung von Computern und Smartphones von Verdächtigen in Teilen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Schränkte den Einsatz von Staatstrojanern ein: das Bundesverfassungsgericht in KarlsruheBild: Udo Herrmann/CHROMORANGE/picture alliance

Als Staatstrojaner wird Späh-Software bezeichnet, die ohne Kenntnis des Verdächtigen auf seinem Computer oder Smartphone installiert wird. Seit einer Änderung der Strafprozessordnung im Jahr 2017 kann die Polizei damit zur Aufklärung bestimmter Straftaten zum Beispiel verschlüsselte Nachrichten über Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Telegram mitlesen (Quellen-TKÜ) oder sogar sämtliche Daten auf einem Gerät durchforsten (Online-Durchsuchung).

Schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte

Die Quellen-TKÜ sei ein sehr schwerwiegender Eingriff unter anderem in die Grundrechte, entschied das Bundesverfassungsgericht. Somit gelte: "Ausgehend von dem sehr hohen Eingriffsgewicht muss die Quellen-Telekommunikationsüberwachung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne auf die Verfolgung besonders schwerer Straftaten beschränkt sein."

Für Maßnahmen der Strafverfolgung komme es auf das Gewicht der verfolgten Straftaten an, erläuterte das Gericht. Solche, für die eine Höchstfreiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen sind, gehörten zum einfachen Kriminalitätsbereich. Dies schließe die Einordnung als besonders schwere Straftat von vornherein aus.

Eine Frage lautete: Darf der Staat bei Messenger-Diensten mitlesen? Manchmal!Bild: Valentin Wolf/imageBROKER/picture alliance

Mehrere Verfassungsbeschwerden eingereicht

Gegen die Befugnisse waren in Karlsruhe mehrere Verfassungsbeschwerden eingereicht worden - darunter die vom Verein Digitalcourage initiierte, über die nun entschieden wurde.

"Die Staatstrojaner werden über Sicherheitslücken installiert, die dafür in jedem Smartphone, Computer, Tablet und in jeder Spielekonsole vorhanden sein müssen", erläutert der Verein auf seiner Webseite. Diese Hintertüren könnten neben der Polizei aber auch Kriminelle nutzen, um auf Geräte zuzugreifen. Der Staat verletze damit seine Schutzpflicht.

Wie aus einer kürzlich veröffentlichten Statistik des Bundesamts für Justiz hervorgeht, gab es im Jahr 2023 insgesamt 104 richterliche Anordnungen zur Quellen-TKÜ. Tatsächlich durchgeführt wurden 62. Online-Durchsuchungen wurden den Angaben zufolge 26 Mal angeordnet und sechsmal durchgeführt. Meist ging es dabei um den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

pg/wa (dpa, afp)

Redaktionsschluss: 18:00 Uhr (MESZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.