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Gesellschaft

Medizin-Numerus Clausus teilweise gekippt

19. Dezember 2017

Das Auswahlverfahren zum Medizinstudium verletzt die Chancengleichheit der Studierenden und ist in einigen Bereichen mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Bundesverfassungsgericht verkündet Urteil zu Numerus clausus
Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Bund und Länder müssen deshalb bis Ende 2019 die Auswahlkriterien neu regeln, die es neben der Abiturnote gibt, wie das Bundesverfassungsgericht in einem in Karlsruhe verkündeten Urteil entschied. Demnach muss unter anderem sichergestellt werden, dass Eignungsgespräche an Universitäten bundesweit in "standardisierter und strukturierter Form" stattfinden, um die Chancengleichheit der Studierenden zu wahren. Ärzteorganisationen begrüßten das Urteil und forderten schnelle Reformen.

Viel zu viele Bewerber wollen Medizin studieren

Derzeit gibt es im Studienfach Medizin nahezu fünf Mal so viele Bewerber wie Plätze. Bundesweit kommen derzeit rund 62.000 Bewerber auf knapp 11.000 Studienplätze für Humanmedizin. Zwanzig Prozent der Studienplätze werden an Bewerber mit den besten Abiturnoten vergeben, weitere zwanzig Prozent sind von der Wartezeit der Bewerber abhängig. 60 Prozent der Plätze vergeben die Universitäten nach eigenen Auswahlkriterien. Diese Kriterien sind allerdings nicht gesetzlich festgelegt.

Anlass der Gerichtsentscheidung war die Klage zweier Studienbewerber. Sie hatten bei einem Notendurchschnitt im Abitur von 2,0 beziehungsweise 2,6 nach acht beziehungsweise sechs Jahren Wartezeit noch immer keine Zulassung zum Medizinstudium erhalten. Ihre zwischenzeitlich erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zur Krankenpflegerin beziehungsweise zum Rettungssanitäter änderte an ihrer Ablehnung nichts.

Medizinstudenten in HannoverBild: picture-alliance/dpa/K. Remmers

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen stufte Verfahren als verfassungswidrig ein

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte die langen Wartezeiten als verfassungswidrig eingestuft und das gesamte Zulassungsverfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Denn nach Artikel 12 des Grundgesetzes habe jeder das Recht, seinen Beruf und seinen Ausbildungsort frei zu wählen. Wenn die staatlichen Hochschulen schon über Beschränkungen verfügen, dann müssten diese sachgerecht sein und den Grundsatz der Gleichbehandlung erfüllen. Die Verwaltungsrichter in Gelsenkirchen sahen schon die Vergleichbarkeit der Abiturnoten nicht als gegeben an. Denn beispielsweise erreichen in Thüringen 38 Prozent der Abiturienten einen Notendurchschnitt zwischen 1,0 und 1,9. In Niedersachsen sind es dagegen nur 17 Prozent. Die Abiturnote allein entscheide auch nicht über die Eignung für den Arztberuf.

Reformvorschläge gibt es seit langem. So fordert etwa die Bundesärztekammer, dass beim Zulassungsverfahren neben der Abiturnote weitere Kriterien herangezogen werden wie psychosoziale Kompetenzen, soziales Engagement und einschlägige Berufserfahrung. Notwendig seien zudem Assessment-Center, in denen fachliche und menschliche Voraussetzungen für den Arztberuf geprüft werden. Notwendig seien auch mehr Studienplätze.

Nicht nur für das Medizinstudium gelten bislang Zulassungsbeschränkungen: Der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zufolge gibt es derlei Begrenzungen für etwa 44 Prozent der mehr als 10.000 Studienangebote.

as/kle (dpa, rtr, afp)

 

 

 

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