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Politik

Bundeswehr künftig auch in Bagdad

Nina Werkhäuser
7. März 2018

Es war eine der letzten Amtshandlungen der alten Bundesregierung: Das Kabinett hat sechs Auslandseinsätze der Bundeswehr verlängert. Die Mission im Irak wird auf das gesamte Land ausgeweitet.

Deutschland Bundeskabinett - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, CDU
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor der wohl letzten Kabinettssitzung der bisherigen BundesregierungBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Auslandseinsätze verlängert

02:00

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Erst in der kommenden Woche wird das neue Kabinett vereidigt, aber die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bleibt im Amt. Und so konnte die CDU-Politikerin die zurückliegenden Wochen nutzen, um den Irak-Einsatz der Bundeswehr neu auszurichten. Künftig sollen deutsche Soldaten im ganzen Land irakische Streitkräfte beraten und ausbilden. Darum habe sie der irakische Premierminister gebeten, erklärte von der Leyen, die kürzlich den Irak bereist hat. In ihrer letzten Kabinettssitzung gab die geschäftsführende Bundesregierung nun grünes Licht für das neue Mandat, dem der Bundestag noch zustimmen muss. Das alte Mandat läuft - so wie die Mandate für fünf weitere Auslandseinsätze - Ende März aus. 

Ausbildung der irakischen Streitkräfte

Seit 2015 bildet die Bundeswehr im Nordirak kurdische Peschmerga für ihren Kampf gegen die Terrormiliz "IS" aus - ein Einsatz, den die Verteidigungsministerin als "großen Erfolg" wertet. Dieses Mandat - darauf einigten sich CDU/CSU und SPD in den Koalitionsverhandlungen - wird nun durch einen neuen Auftrag ersetzt: In Zukunft werden deutsche Soldaten nicht nur in nordirakischen Erbil, sondern auch in der Hauptstadt Bagdad stationiert. In mobilen Trainingsteams sollen sie im gesamten Land unterwegs sein und die "regulären irakischen Streitkräfte" ausbilden, etwa in der Entschärfung von Minen und Sprengfallen oder im Sanitätswesen.

Nachdem der "IS" im Irak militärisch besiegt sei, gehe es nunmehr darum, den Wiederaufbau des Landes zu begleiten, begründete von der Leyen den Kurswechsel. Es liege im deutschen Interesse, dass der Irak ein stabiles Land werde. "Damit leisten wir auch einen Beitrag dafür, die Grundlage für die Rückkehr von Binnenvertrieben und Flüchtlingen zu schaffen", heißt es im Text des neuen Mandats.

Im Februar führte Ursula von der Leyen Gespräche in BagdadBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Fortgesetzt werden die Aufklärungsflüge deutscher  Tornados über dem Irak und Syrien im Rahmen der internationalen Koalition gegen den "IS". Beibehalten wird auch die Luftbetankung von Kampfjets der Anti-IS-Koalition und die Überwachung des Luftraums durch AWACS-Flugzeuge der NATO, bei der die Bundeswehr einen Teil der Besatzungen stellt.

Nicht mehr eingeplant ist hingegen der Geleitschutz für den französischen Flugzeugträger Charles de Gaulle. Dadurch werden in der Region künftig weniger deutsche Soldaten eingesetzt als bisher - die Obergrenze liegt bei 800. Das neue Mandat, das nun alle Komponenten zusammenfasst, ist auf sieben Monate befristet und soll Ende Oktober zur Verlängerung anstehen.

Rechtliche Bedenken 

Die Neuausrichtung des Mandats gibt dem Streit über die Rechtmäßigkeit des Einsatzes neue Nahrung: Nach Ansicht der Grünen ist er verfassungswidrig, weil er nicht innerhalb eines "Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit" stattfindet, also im Rahmen der NATO, der EU oder der Vereinten Nationen, wie es das Grundgesetz vorschreibt. Hinter dem Anti-IS-Einsatz steht eine lose Allianz aus etwa 70 Staaten. Verteidigungsministerin von der Leyen wies die rechtlichen Bedenken zurück. "Das Mandat ist auf einer sicheren völkerrechtlichen Basis", sagte die CDU-Politikerin. Der irakische Premierminister habe die Bundeswehr dazu eingeladen, die dort "Seite an Seite" mit den Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der NATO und vielen anderen Ländern stehe.

"Brauchen Geduld und einen langen Atem": Seit 2002 sind Bundeswehr-Soldaten in AfghanistanBild: picture-alliance/dpa/S. Mustafa

Aufstockung des Afghanistan-Einsatzes

Als problematisch bewertet die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan, wo weiterhin ein beträchtlicher Teil des Staatsgebiets von den Taliban kontrolliert wird. Zwar bemüht sich die internationale Gemeinschaft seit vielen Jahren, die afghanische Armee auszurüsten und auszubilden, erleidet dabei aber immer wieder Rückschläge. Auch wegen der schlechten Sicherheitslage will die Bundeswehr ihre Militärberater künftig besser schützen.

Zu diesem Zweck stockt sie ihren Anteil an der NATO-Mission "Resolute Support" auf: Statt knapp 1.000 kommen künftig bis zu 1.300 Soldaten zum Einsatz. "Wir brauchen Geduld und einen langen Atem", verteidigte Ministerin von der Leyen die Aufstockung. "Die Bundesregierung verstrickt sich immer weiter in einen Konflikt, der nicht zu gewinnen ist und auf dem Rücken der Zivilbevölkerung Afghanistans ausgetragen wird", kritisierte hingegen Heike Hänsel von der Linksfraktion im Bundestag. Eine ehrliche Debatte über die Ziele des Einsatzes und "Kriterien für eine Exit-Strategie", fordert Agnieszka Brugger, Verteidigungspolitikerin der Grünen. "Leere Durchhalte-Parolen sind gerade bei einem so schwierigen Mandat völlig verantwortungslos."

Hoher Materialverschleiß: Bis zu 100 deutsche Soldaten mehr will das Verteidigungsministerium nach Mali schicken Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Verlängert wurde auch das Mandat für die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA in Mali, wo derzeit knapp 1.000 deutsche Soldaten stationiert sind. Die Obergrenze wird um 100 Soldaten erhöht. Die Bundeswehr begründet das mit dem gestiegenen Bedarf an Personal für die Reparatur von Fahrzeugen und anderem Großgerät, das im Wüstenklima des westafrikanischen Landes besonders reparaturanfällig ist.

Ende des Einsatzes in Somalia

Drei weitere Einsätze laufen unverändert weiter: Für die NATO-Operation "Sea Guardian", mit der die Seewege im Mittelmeer gesichert werden sollen, sind wie gehabt bis zu 650 Soldaten vorgesehen. In die beiden UN-Friedensmissionen im Südsudan und im Sudan schickt die Bundeswehr auch in Zukunft Militärbeobachter. Die deutsche Beteiligung an der EU-Ausbildungsmission in Somalia läuft hingegen Ende März aus. Dort sind derzeit noch acht deutsche Soldaten stationiert.

 

Nina Werkhäuser Reporterin
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