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Politik

Chefausbilder des Heeres abgesetzt

26. April 2017

Die Serie von Missbrauchsfällen bei der Bundeswehr reißt nicht ab: Und wieder wurde versucht, die Übergriffe zu vertuschen. Der Korpsgeist alter Tage herrscht immer noch in vielen deutschen Kasernen.

Deutschland General Walter Spindler
Bild: picture-alliance/dpa/P. Endig

Nun hatte die Verteidigungsministerin wohl die letzte Geduld verloren: Wegen einer nur schleppenden Aufklärung von Missbrauchsfällen bei der Bundeswehr habe Ursula von der Leyen den Chefausbilder des Heeres abgesetzt, bestätigte ihr Ministerium der Deutschen Presse-Agentur. Das heißt: Generalmajor Walter Spindler (Artikelfoto) "steht nicht mehr in der Verantwortung", so die knappe, sachliche Mitteilung aus Bonn.

Konsequenzen an der Spitze

Spindler muss seinen Posten räumen, das Ausbildungskommando in Leipzig soll laut Presseberichten künftig Brigadegeneral Norbert Wagner führen. Der leitet derzeit das Ausbildungszentrum in Munster. 

Hintergrund für die Absetzung sei ein bislang unbekannter Fall von Verfehlungen durch Heeresausbilder in der Kaserne im thüringischen Sondershausen gewesen, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Soldaten hatten sich demnach bereits im Mai 2016 über schwere Schikanen durch zwei Hauptfeldwebel beschwert.  

Lehrgangsteilnehmer seien in Sondershausen regelmäßig verbal erniedrigt und zu Strafmaßnahmen wie langen Dauerläufen gezwungen worden, hieß es. Einer der Unteroffiziere soll die Anwärter unter anderem als "genetischen Abfall" bezeichnet und gefordert haben, sie "endlich auszusortieren". Das zuständige Ausbildungskommando unter Spindler sei den Vorwürfen aus Sicht des Ministeriums nicht energisch genug nachgegangen. Ermittlungen seien möglicherweise sogar verhindert worden.

Wiederholt war die Bundeswehr wegen Vorwürfen von brutalen Trainingsmethoden, Schikanen, Mobbing bis hin zu sexuellen Übergriffen und Ritualen in die Schlagzeilen geraten. Offenbar wollte Ministerin von der Leyen nun Entschlossenheit demonstrieren und zeigen, dass man derartige Missstände nicht länger tolerieren will. Seit ihrer Amtsübernahme wirbt die CDU-Politikerin für ein modernes Image der Bundeswehr. Sie will Meldewesen und Dienstaufsicht verbessern.

Kündigte systematische Aufklärung an: Ursula von der Leyen Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

    

Extremfall Pfullendorf

Noch schlimmere Vorfälle als in Thüringen hatte es zum Beispiel im baden-württembergischen Pfullendorf gegeben. Ende Januar war der Skandal um entwürdigende Aufnahmerituale auf dem Gelände ans Tageslicht gekommen, ein internes Papier des Ministeriums schilderte schockierende Details. Ausbilder sollen Soldatinnnen unter anderem zum Tanz an der Stange gezwungen und sexuell belästigt haben.  

In dem Ermittlungsbericht war von "gravierenden Defiziten in Führung, Ausbildung, Erziehung sowie Dienstaufsicht" die Rede. Auch hier wurde die Aufklärung verschleppt. Offenbar hielt eine ganze Unterabteilung ihr demütigendes Lehrprogramm für völlig normal.

Im März waren Missstände bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall bekannt geworden. Ein Obergefreiter soll dort sexuell belästigt und genötigt worden sein.  

SC/kle (dpa, Spiegel)

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