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Politik

Bundeswehreinsatz: Geheimdokument belastet Türkei

27. November 2020

Lautstark behauptet Ankara, deutsche Soldaten hätten grundlos ein türkisches Frachtschiff betreten. Laut einem EU-Papier aber lagen sehr konkrete Anhaltspunkte für Verstöße gegen das Waffenembargo gegen Libyen vor.

Konflikt Türkei | Frachtschiff | Kontrolle durch deutsche Soldaten
Ein deutscher Soldat seilt sich von einem Helikopter abBild: Demiroren News Agency/AFP

Laut dem Geheimdokument der EU, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wurde der türkische Frachter bereits seit längerem verdächtigt, für illegale Waffenlieferungen in das Bürgerkriegsland Libyen zu dienen. Dem Dokument zufolge wurde zu dem Schiff sogar schon vor der Bundeswehrkontrolle am vergangenen Sonntag ein Sonderbericht für Waffenembargo-Experten der Vereinten Nation verfasst.

Wie das Magazin "Spiegel" berichtet, hatten Militärexperten der EU-Operation IRINI auf Satellitenaufnahmen eines früheren Hafenaufenthalts des Schiffs im libyschen Misrata erkannt, dass damals gepanzerte Militärfahrzeuge ausgeladen worden waren. Beim jüngsten Hafenaufenthalt der "Roseline A" im türkischen Hafen Ambarli im November sei auf Überwachungsbildern erneut verdächtige Ware entdeckt worden.

Die Kontrolle des türkischen Schiffes durch die Bundeswehr war im Rahmen der Operation IRINI erfolgt und hatte Empörung und Protest der Regierung in Ankara ausgelöst. Die Türkei wertete den Einsatz von Soldaten des NATO-Partners Deutschland als rechtswidrig und warf der Bundesregierung und der EU unbefugte Gewaltanwendung vor. Wie die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldet, wurden sogar staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet.

Deutschland beteiligt sich mit der Fregatte "Hamburg" an der EU-Operation im Mittelmeer (Archivbild)Bild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Die Einsatzführung vertritt hingegen die Auffassung, es habe hinreichende Gründe zu der Annahme gegeben, dass das kontrollierte Schiff gegen das UN-Waffenembargo gegen Libyen verstoßen könnte. Die deutschen Soldaten seien höchst professionell vorgegangen und hätten das Schiff im Einklang mit international vereinbarten und in der NATO üblichen Verfahren inspiziert.

Neue Sanktionen in Vorbereitung

Aus EU-Kreisen hieß es zudem, es würden neue Sanktionen wegen Verstößen gegen das Libyen-Embargo vorbereitet. Erste Strafmaßnahmen waren bereits im September verhängt worden. Sie trafen Unternehmen aus der  Türkei, Jordanien und Kasachstan, die am Transport von Kriegsmaterial beteiligt gewesen sein sollen.

Ob der türkische Frachter "Roseline A" am Sonntag tatsächlich Waffen oder andere verbotene Güter an Bord hatte, ist indes unklar. Die Bundeswehr musste die Durchsuchung des Schiffes vorzeitig abbrechen, weil die Türkei als Flaggenstaat offiziell Protest gegen den Einsatz einlegte.

Zweifel an den Angaben Ankaras

Das türkische Außenministerium gab an, der Frachter habe Farbmaterial und Hilfsgüter geladen gehabt, was allerdings angezweifelt wird. Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko von der Partei Die Linke sagte: "Die türkische Regierung muss die Frage beantworten, weshalb sie sich gegen eine Überprüfung des Frachters stemmt, wenn dieser angeblich nicht für den Schmuggel von Drohnen und anderem Kriegsgerät genutzt wird." Das Gepolter aus Ankara lasse nur den Schluss zu, dass dort etwas verborgen werden solle.

Die Operation IRINI soll neben dem Waffenschmuggel auch Öl- und Kraftstoffschmuggel verhindern. Deutschland beteiligt sich seit dem Sommer mit der Fregatte "Hamburg" an dem Einsatz. An Bord sind rund 230 Soldatinnen und Soldaten.

uh/wa (dpa)

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