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Politik

Demos gegen Abschiebungen nach Afghanistan

11. Februar 2017

In zahlreichen Städten haben Tausende einen Abschiebestopp für afghanische Flüchtlinge gefordert. Deren Heimatland sei nicht sicher. Bundeskanzlerin Merkel plant derweil schon den nächsten Deal - mit Tunesien.

Deutschland Demo gegen die Abschiebung von Flüchtlinge nach Afghanistan in Berlin
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS.com/O. Messinger

In Berlin zog ein Protestzug vom Brandenburger Tor zum Alexanderplatz (Artikelbild). Die Polizei sprach von rund 200 Teilnehmern, der Flüchtlingsrat Berlin von zehnmal so vielen. In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf versammelten sich 2000 Demonstranten, in Hamburg waren es nach Polizeiangaben 1500, aus Bayern meldeten Nürnberg und Augsburg jeweils mehrere Hundert Teilnehmer an den Kundgebungen. Proteste gab es auch in Hannover und Erfurt.

Auch in Hamburg protestierten Hunderte gegen die AbschiebungenBild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Die Demonstrationen richteten sich gegen die Abschiebung afghanischer Flüchtlinge in ihr Heimatland. Nach Ansicht der Kritiker ist das Land alles andere als sicher. Das gesamte Land sei vom Kampf zwischen Regierungstruppen und den radikalislamischen Taliban betroffen, nicht nur einzelne Regionen. Die Sammelabschiebungen mit zwei Flügen im Dezember und Januar seien ein Tabubruch gewesen, der sich nicht wiederholen dürfe.

Der Flüchtlingsrat NRW erklärte, nach einem Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks sind im vergangenen Jahr zwischen Januar und September mehr als 2500 Zivilisten getötet und mehr als 5800 verletzt worden. Das seien so viele Opfer wie seit 2009 nicht mehr.

Tabubruch Sammelabschiebungen

Bund und Länder hatten sich bei einem Flüchtlingsgipfel am Donnerstag mit Kanzlerin Angela Merkel darauf verständigt, dass es deutlich mehr Abschiebungen geben soll. Umstritten blieben aber vor allem Rückführungen nach Afghanistan.

Schnellere Abschiebungen nach Tunesien

In der kommenden Woche wird Merkel beim Besuch des tunesischen Ministerpräsidenten Youssef Chahed in Berlin zügigere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Tunesien ansprechen. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft sagte sie, es müsse in dieser Frage "schneller gearbeitet" werden, insbesondere "wenn es um Gefährder geht".

Damit bezog sich die Bundeskanzlerin auf den Fall des Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri. Eine Abschiebung des terrorverdächtigen Tunesiers war an fehlenden Papieren gescheitert. Merkel sprach aber von einer "sehr positiven Einstellung" der tunesischen Regierung, diese Zusammenarbeit zu verbessern.

Im Gegenzug könne Tunis mit weiterer deutscher Unterstützung beim wirtschaftlichen Aufbau des Landes rechnen. Dabei gehe es besonders um die Schaffung von Arbeitsplätzen, um "die große Herausforderung der Jugendarbeitslosigkeit zu bewältigen", sagte Merkel in ihrem Video-Podcast. Positiv merkte die deutsche Regierungschefin an, dass Tunesien sich "sehr couragiert" dem islamistischen Terrorismus stelle.

Tunesische Polizei zerschlägt Terrorzelle

In der Hauptstadt des nordafrikanischen Landes hat die Polizei eine mutmaßliche Terrorzelle zerschlagen. Die sechs Mitglieder der Gruppe hätten in Kontakt mit der Dschihadisten-Miliz "Islamischer Staat" (IS) in Libyen gestanden und Freiwillige für den Kampf in Syrien angeworben, erklärte das Innenministerium in Tunis.

Den Angaben zufolge wurden die Verdächtigen im Alter zwischen 19 und 51 Jahren bereits am Freitag festgenommen. Sie hätten gestanden, heimlich ein "militärisches" Training absolviert zu haben, um sich dschihadistischen Gruppen im Ausland anzuschließen.

Hochburg der Islamisten

Seit der Revolution in Tunesien im Frühling 2011 gab es in dem Land eine Reihe islamistischer Anschläge. Im März 2015 wurden bei einem Angriff auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis 21 ausländische Touristen getötet. Drei Monate später töteten bewaffnete Angreifer am Strand von Sousse 38 Menschen. Der IS bekannte sich zu dem Angriff.

Nach Angaben der Vereinten Nationen haben sich bislang mehr als 5500 Tunesier islamistischen Gruppen in Syrien, dem Irak, Libyen, dem Jemen und Mali angeschlossen. Die tunesischen Behörden gehen von 3000 Dschihad-Kämpfern aus.

mak/wl (dpa, afp, epd)

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