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Zypries: Schlüsselindustrien schützen

23. August 2017

Chinesische Unternehmen haben in letzter Zeit viele Industriefirmen in der EU übernommen. Die deutsche Wirtschaftsministerin warnt vor einem "Ausverkauf", fordert besseren Schutz und erhöht den Druck auf Brüssel.

Deutschland Kuka
Deutscher Roboterbauer Kuka, jetzt in chinesischer HandBild: picture alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

Es ist nicht das erste Schreiben von Brigitte Zypries in Sachen China an die EU-Kommission. Der jüngste Brief der Bundeswirtschaftsministerin, aus dem deutsche Medien nun zitieren, richtet sich aber nicht mehr an die eigentlich zuständige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, sondern direkt an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker,  und er verschärft den Ton.  Es sei  zu erkennen, dass China sich bei Übernahmen in Europa und Deutschland einseitig auf "industrielle Hoch- und Schlüsseltechnologien" konzentriere, warnt Zypries in dem Schreiben an Juncker und fordert stärkere Vetorechte der EU-Staaten beim Verkauf von Hightech-Firmen insbesondere nach China.

"Offene Märkte dürfen keine Einbahnstraße sein", schreibt die Ministerin und bezieht sich damit auf Hindernisse für europäische Unternehmen, die in China aktiv werden wollen. Ihr Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Matthias Machnig sagte dazu der Deutschen Presseagentur,  es gehe nicht darum, die deutsche und europäische Wirtschaft abzuschotten. "Aber es darf keinen von Staaten gelenkten, subventionierten Ausverkauf von Schlüsseltechnologieunternehmen geben."

Juncker übernimmt

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte ZypriesBild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Bereits im Februar hatte Zypries ihre Forderungen gemeinsam mit ihren Amtskollegen aus Paris und Rom an EU-Handelskommissarin Malmström geschickt - mit der Bitte um konkrete Vorschläge der Kommission. Seitdem ist aus Berliner Sicht nicht mehr allzu viel passiert. Allerdings hat Juncker in der Zwischenzeit die Arbeit an dem Problem an sich gezogen. Zypries betont in ihrem Brief nun, sie sei dankbar, dass Juncker sich des Themas mittlerweile persönlich angenommen habe.

Juncker will Mitte September in einer Grundsatzrede eigene Vorschläge vorlegen, die eine schärfere Überprüfung von ausländischen Firmenbeteiligungen in Europa ermöglichen sollen. Deutschland sowie Frankreich und auch Italien, so steht es in dem Schreiben von Zypries, wollen, dass die EU-Staaten Unternehmenskäufe untersagen oder an Auflagen binden können, wenn Investitionen durch Staaten angeregt wurden, von staatlicher Seite in den Käuferländern subventioniert oder zu unrealistischen Preisen abgewickelt werden. 

Übernahmen für 12,6 Milliarden Dollar

Zur Begründung verweist Zypries auf die "einseitige Konzentration auf Unternehmen der Hoch- und Schlüsseltechnologie". Das lasse zudem "deutlich Bezüge" zu strategischen Vorgaben der Pekinger Regierung erkennen. Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland einer Studie der Unternehmensberatung EY zufolge 68 Übernahmen durch chinesische Käufer. Sie zahlten dafür insgesamt 12,6 Milliarden US-Dollar. Das waren mehr Übernahmen als in den vorangegangenen zehn Jahren zusammen. 

So kaufte der chinesische Midea-Konzern trotz Bedenken der Politik den Augsburger Roboterhersteller Kuka (Artikelbild). Die China-Übernahme des Spezialmaschinenbauers Aixtron platzte dagegen, weil der damalige US-Präsident Barack Obama wegen Sicherheitsbedenken Nein sagte. "Auch 2017 ist die Zahl der Übernahmen durch chinesische Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr bereits deutlich gestiegen", schreibt Zypries weiter.

Die deutsche Regierung hatte erst im Juli in einer Art Alleingang ihr nationales Vetorecht gegen die Übernahme strategisch wichtiger Firmen durch ausländische Investoren etwas ausgebaut. Besser geschützt werden nun Rüstungsfirmen, deren Produkte etwa zur "elektronischen Kriegsführung (…)  eine herausragende Bedeutung" haben. Auch will die Regierung damit Telekom-Firmen schützen, die Cloud-Anwendungen anbieten.

Schutz von "Schlüsselsektoren"

Das Wirtschaftsministerium kann eine Übernahme prüfen, wenn ein ausländischer Interessent mit Sitz außerhalb der EU mindestens 25 Prozent der stimmberechtigten Anteile kauft. Das gilt vor allem für strategisch wichtige Branchen wie Telekommunikation/IT, Rüstung oder Strom- und Wasserversorgung, wo Sicherheits- und Landesinteressen oder die Versorgung bedroht sein könnten. Allerdings setzt das EU-Recht den einzelnen Nationalstaaten enge Grenzen. Deshalb fordern Frankreich, Deutschland und Italien die erweiterten Befugnisse Brüssels.

EU-Kommissionspräsident Juncker will Mitte September Pläne für schärfere Regulierung vorlegenBild: imago/D.Shamkin

Bereits im Juli hatten die drei EU-Mitglieder sich in einem gemeinsamen Papier, aus dem die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zitiert, auf Vorgaben für eine grundlegende Reform verständigt. Sie wollen sich gegen ein "Aufkaufen als Teil einer strategischen Industriepolitik" wehren können. Auch wird in dem Papier das Problem direkter oder indirekter Subventionen von Seiten des Drittstaates beim Kauf von "Schlüsselsektoren" erwähnt. Welche Bereiche solche Schlüsselsektoren sind, wird nicht geklärt. 

In Brüssel heißt es, Kommissionspräsident Juncker werde auf jeden Fall eine Verschärfung der geltenden EU-Regeln vorschlagen. Ob er damit letztlich Erfolg haben wird, muss sich erst erweisen. Viele EU-Staaten haben sich bereits gegen ein gemeinsames europäisches Instrumentarium zur Investitionskontrolle ausgesprochen - darunter Schwergewichte wie Spanien und die Niederlande. Im Übrigen gibt es in 15 der 28 EU-Staaten nicht einmal nationale Behörden zur Investitionskontrolle.      

ar/bea (dpa, Archiv)

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