Burkaverbot in Frankreich in Kraft getreten
11. April 2011Shoppen mit der Burka, ein Spaziergang mit dem Nikab, das ist Frauen in Frankreich nun gesetzlich verboten. Als erstes westliches Land setzte die Regierung unter Präsident Nicolas Sarkozy am Montag (11.04.2011) ein sogenanntes Burka-Verbot in Kraft. Das Gesetz war im Herbst 2010 beschlossen worden. Seitdem wurde es aber nicht angewandt, um Burka-Trägerinnen doch noch zum Verzicht zu bewegen. Es sieht Strafen von bis zu 150 Euro und einen verpflichtenden Kurs in Staatsbürgerkunde für das Verhüllen des Gesichts in der Öffentlichkeit vor.
Noch wesentlich härter sind die Strafen für Männer, denen nachgewiesen werden kann, Frauen zum Tragen eines solchen Schleiers zu zwingen. Sie können mit einem Jahr Haft und einer Strafzahlung von bis zu 30.000 Euro bestraft werden. Werden Minderjährige zum Tragen von Burka oder Nikab genötigt, kann diese Strafe sogar verdoppelt werden. Während die Nikab nur schmale Sehschlitze für die Augen offen lässt, werden die Augen bei der Burka sogar noch mit einem Gitterschleier verdeckt.
Sarkozy trommelte für Verbot
Die Mehrheit der Franzosen steht hinter der Neuregelung. Wie die meisten Politiker sieht sie den Vollschleier als Symbol der Unterdrückung von Frauen und als Zeichen eines fundamentalistischen Islams. Bei der Abstimmung über das Verbot im Senat stimmte nur ein einziger Abgeordneter dagegen.
Präsident Sarkozy hatte rund ein Jahr zuvor den Kurs vorgegeben: "Die Burka ist kein religiöses Zeichen, sondern ein Zeichen der Unterwerfung. Sie ist in Frankreich nicht willkommen", sagte der Präsident. Mit mangelndem Respekt vor dem Islam habe seine Ablehnung der Vollschleier nichts zu tun.
Klage schon absehbar
Am Montag gingen in Paris einige Betroffene auf die Straße, um gegen das Verbot zu protestieren. "Dieses Gesetz ist ein Angriff auf meine europäischen Rechte", sagte die 32-jährige Kenza Drider. Das Verbot behindere sie in der Ausübung ihrer Religions- und Bewegungsfreiheit. Die vierfache Mutter aus Avignon drohte mit einem Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Mit zwei anderen Frauen wurde Drider vorübergehend festgenommen. Allerdings nicht, weil sie ihr Gesicht verhüllt hatte, sondern weil sie sich an einer nicht angemeldeten Demonstration beteiligte, wie die Behörden mitteilten.
Dass es viele Verfahren geben wird, gilt als unwahrscheinlich. Nach Angaben des Innenministeriums verbergen derzeit allenfalls 2000 Frauen ihr Gesicht in Frankreich, das mit rund fünf Millionen Muslimen die größte muslimische Gemeinde in Europa hat. Allerdings gilt das neue Gesetz nicht nur für französische Bürgerinnen, sondern auch für ausländische Gäste, etwa aus der arabischen Welt.
Ähnlicher Vorstoß in Belgien
Etliche andere europäische Staaten werden die Umsetzung des Gesetzes genau beobachten. Belgien hat bereits eine ähnliche Gesetzesinitiative gestartet. Ein vom Abgeordnetenhaus beschlossenes ähnliches Gesetz wurde aber hinfällig, weil der Senat vor der Auflösung des Parlaments vor den Neuwahlen im Juni nicht mehr darüber befinden konnte. Inzwischen nahm das Abgeordnetenhaus in Brüssel aber einen neuen Anlauf. Auch in Deutschland werden immer wieder Forderungen nach einem Verbot von Ganzkörperschleiern laut.
Islamische Extremisten haben bereits mit Vergeltung gedroht. Die Terrororganisation Al Kaida im islamischen Maghreb hat seit dem Herbst mehrere Franzosen in ihrer Hand - und forderte gleich nach der Entführung eine Rücknahme des Burka-Verbots.
Gewerkschaft: "Richtig kompliziert"
Schwierigkeiten bei der praktischen Anwendung sieht die Polizeigewerkschaft SCPN schon jetzt. Sollte eine verschleierte Frau nach ihrer Belehrung auf dem Schleier beharren, werde es "richtig kompliziert", sagte SCPN-Vizechef Manuel Roux. Denn die Polizei könne sie nicht zwingen und sei vom Innenministerium angewiesen worden, "bloß keine Gewalt" anzuwenden. "Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn wir eine verschleierte Frau in einem Problemviertel ansprechen."
Autor: Reinhard Kleber (afp, dpa, kann, dapd)
Redaktion: Dirk Eckert