Regierung ohne Uniform
24. November 2014Die Uniform hat er abgelegt: Als Premierminister Isaac Zida am Montag die erste Sitzung des neuen Kabinetts in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou eröffnete, trug der Oberstleutnant nicht wie gewohnt Tarnfleck und rotes Beret. Zida gab sich im blauen Anzug zivil und staatsmännisch. Nach dem einstündigen Kabinettstreffen kündigte Zida dann "eine Vielzahl von Reformen" an, unter anderem in der Wirtschafts- und Verteidigungspolitik des Landes. Zida, einst stellvertretender Kommandeur der Präsidentengarde, hatte einen Tag nach der Flucht des ehemaligen Staatschefs Blaise Compaoré Anfang November die Macht im Land übernommen. Erst unter internationalem Druck hatte sich Zida auf die Bildung einer zivilen Übergangsregierung eingelassen.
Egal ob in Uniform oder im feinen Zwirn: Isaac Zida bleibt der starke Mann in Ouagadougou. Er ist nicht nur Premier, sondern gleichzeitig auch Verteidigungsminister. Und an der Spitze der wichtigen Innen- und des Energieressorts sowie des Sportministeriums stehen ebenfalls Männer des Militärs, die zwar ihre Uniformen abgelegt haben, aber Zida weiterhin treu ergeben sein dürften. Insbesondere Innenminister Denise Barry gilt als Vertrauter des Premiers. Hält das Militär in Ouagadougou also weiter das Heft in der Hand?
Vier von 26
"Unter der völligen Kontrolle des Militärs steht die Übergangsregierung sicher nicht", sagt Alexander Stroh vom Hamburger Giga-Institut für Afrika-Studien. "Es sind vier Minister in einem Kabinett von deutlich über 20 Personen, in dem durchaus auch hochkarätige Vertreter aus dem Bereich der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu finden sind." Die Zivilgesellschaft war es, die im Oktober zu Demonstrationen gegen Compaoré aufgerufen hatte. Der wollte die Verfassung ändern lassen, um sich, nach 27 Jahren an der Macht, eine fünfte Amtszeit zu ermöglichen. Unter dem Druck der Massenproteste trat er schließlich zurück.
"Bisher kann ich kein wirkliches Aufbegehren der Bevölkerung gegen den Einfluss des Militärs in der neuen Regierung erkennen", sagt Imad Mesdoua, Westafrika-Experte beim Thinktank Africa Matters Ltd. "Die meisten Leute warten einfach darauf, dass es mit Neuwahlen zu einer echten zivilen Regierung kommt." Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, meint Alexander Stroh vom Giga-Institut. Denn die Zivilgesellschaft und auch die politische Opposition hätten bisher im Übergangsprozess eine konstruktive Rolle gespielt und seien mit den Militärs in Dialog getreten. "Auf dieser Grundlage kann man momentan recht optimistisch in die Zukunft blicken. Ich glaube, dass man zu einer einigermaßen ordentlichen Vorbereitung der Wahlen kommen wird", so Stroh. "Für Euphorie ist sicher nicht die richtige Stunde, aber zumindest kann man im Moment hoffen, dass die Zivilisten einen ganz wesentlichen Einfluss behalten."
Zerstrittene Opposition
Übergangspräsident ist der ehemalige Diplomat Michel Kafando, der im neuen Kabinett gleichzeitig den Posten des Außenministers übernimmt. Seine Regierung soll das westafrikanische Land durch die einjährige Übergangsperiode führen und Neuwahlen organisieren. Ein Übergangsrat soll in dieser Zeit die gesetzgeberische Funktion des Parlaments wahrnehmen. Bénéwendé Stanislas Sankara ist Vorsitzender der Oppositionspartei "Union für das Wiedererwachen". "Natürlich wird der Übergangsrat die Regierung kontrollieren, das ist seine Aufgabe", sagt er der DW. Allerdings: Die Opposition ist zerstritten. Die verschiedenen Bürgerbewegungen, die Compaoré aus dem Amt gejagt haben, konnten sich bislang noch nicht einmal darauf verständigen, welche Vertreter sie in den Übergangsrat entsenden. "Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir diese Unstimmigkeiten nicht weiter mit uns herumschleppen, wenn es an die Gesetzgebung geht", so Sankara.
Für die Übergangsregierung selbst gilt es nun, das Vertrauen der Burkiner zu gewinnen. Bevor es an die Organisation der Neuwahlen geht, müssen die neuen Machthaber in Ouagadougou dafür sorgen, dass die Übergangsregierung nicht als Produkt eines Militärputsches wahrgenommen wird und die staatlichen Strukturen respektiert werden. Das Ablegen von Tarnfleck und Beret des Premierministers könnte ein erster Schritt in diese Richtung gewesen sein.