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Politik

Düstere Aussichten für Burundi-Gespräche

Gwendolin Hilse
13. Juli 2017

Ende Juli soll erneut über einen Ausweg aus der burundischen Krise verhandelt werden. Kein einfaches Unterfangen, wenn Regierung und Opposition sich nicht über den Weg trauen.

Burundi Proteste
Gegen die Regierung traut sich in Burundi niemand mehr zu protestieren. Diese Menschen gehen für die Position der Regierung auf die StraßeBild: picture-alliance/AA/R. Ndabashinze

Rund zwei Jahre ist es her, dass Pierre Nkurunziza entgegen der Verfassung und trotz Protesten der Opposition seine dritte Amtszeit als Präsident von Burundi antrat. 3000 Menschen, die sich gegen seinen Machterhalt auflehnten, sollen seitdem getötet worden sein, gibt die Opposition an. Mehr als 400.000 Burundier sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks auf der Flucht.

Am vergangenen Sonntag erst hatte ein Unbekannter in der nördlichen Kayaza-Provinz eine Handgranate in eine Menschenmenge geworfen. Acht Menschen wurden dabei getötet, 50 verletzt. Polizeisprecher Pierre Nkurikiye spricht von einem "terroristischen Anschlag". Derartige Angriffe schreibt die Regierung in der Regel bewaffneten Gegnern des Präsidenten zu.

Regierung wirft Opposition bewaffneten Aufstand vor

Uganda und Tansania versuchen schon lange, zwischen Regierung und Opposition zu vermitteln, scheiterten aber bisher mit dem Versuch, beide Seiten an einen Tisch zu bekommen. Für Ende Juli sind unter der Führung von Tansanias Ex-Präsidenten Benjamin Mkapa neue Verhandlungen in der tansanischen Stadt Arusha geplant.

Oppositionspolitiker Alexis SinduhijeBild: Getty Images/AFP/E. Ndikumana

Die Oppositionspartei "Bewegung für Solidarität und Demokratie" (MSD) hat im Vorfeld einen Fahrplan vorgelegt, wie sie sich den Weg hin zu freien und transparenten Wahlen vorstellt. Der Vorsitzende der MSD, Alex Sinduhije, schickte diesen Fahrplan an mehrere Staatsoberhäupter der Ostafrikanischen Gemeinschaft. Er bittet diese darum, den burundischen Präsidenten zu überzeugen, den reibungslosen Ablauf der für 2020 geplanten Wahlen zu sichern. "Dazu zählt die Rückkehr und der Schutz der Flüchtlinge sowie der Oppositionellen", so Sinduhije. "Außerdem verlangen wir die Freilassung der politischen Häftlinge, die Auflösung der Jugend-Miliz Imbonerakure, die Re-Etablierung politischer Parteien mit all ihren Rechten, sowie den Wiederaufbau der privaten Medien - kurz: eine Atmosphäre, die Raum für Debatten lässt."

Doch die Regierung um Präsident Nkurunziza sieht in der MSD keine würdigen Verhandlungspartner - und entzog ihr im April für sechs Monate den Parteien-Status.  Der Vorwurf: Die MSD würde einen bewaffneten Aufstand planen. Sinduhije weist dies im DW-Interview zurück: "Ich bin in keinster Weise an der Spitze irgendeiner bewaffneten Organisation." Die Regierung fürchte den Einfluss seiner Partei und das sei ihre Art, sie aus dem Weg zu räumen, so Sinduhije. Der Oppositionspolitiker  kandidierte 2007 selbst für das Präsidentenamt. 2008 wurde er "wegen Beleidigung des Präsidenten" verhaftet.

Unvereinbare Positionen

Man habe bereits ein Umfeld geschaffen, in dem ein politischer Wettkampf möglich sei, sagt hingegen Burundis Vizepräsident Gaston Sindimwo im Exklusivinterview mit der DW: "Uns ist es gelungen, alle politischen Akteure hier in Kayanza zu versammeln. Warum also sollten die Verhandlungen nicht hier stattfinden?" Wenn die Opposition dazu bereit sei, die Verhandlungen im tansanischen Arusha zu führen, sei die burundische Regierung das auch. "Aber ich denke, dass es schwer sein wird, eine Verfassung zu finden, mit der alle zufrieden sind."

Gaston Sindimwo, Vizepräsident von BurundiBild: DW/A. Niragira

Die Bildung einer Übergangsregierung, wie sie die Opposition fordert, ist für Sindimwo keine Option: "Wir haben doch bereits eine demokratisch gewählte Regierung. Jetzt suchen wir nach Wegen, um die Sicherheit und den Frieden im Land zu festigen." Auch seine Regierung sei dabei, einen Fahrplan für die Wahlen 2020 vorzubereiten.

Für den Oppositionspolitiker Sinduhije ist die Debatte über einen Rücktritt Nkurunzizas noch nicht vom Tisch. "Wenn wir die Voraussetzung für freie und transparente Wahlen schaffen wollen, müssen wir auch über Nkurunzizas Rücktritt verhandeln."

Angst vor einem erneuten Genozid

Gesine Ames arbeitet für das Ökumenische Netz Zentralafrika, ein Zusammenschluss deutscher kirchlicher Organisationen, die mit Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Region der Großen Seen zusammenarbeiten. Sie war im Mai in Burundi und beschreibt die Situation als extrem angespannt. "Das Gefühl der Angst und Ohnmacht ist omnipräsent in Burundi, es wird sich gegenseitig misstraut", sagt Ames im DW-Interview. Die politische Krise schlage sich zudem auf die wirtschaftliche und humanitäre Lage nieder: "Es mangelt an Lebensmitteln und Benzin. Das öffentliche Leben steht zum Teil komplett still."

Kein Tropfen Benzin an Burundis Tankstellen. Das öffentliche Leben ist in Teilen des Landes fast zum Erliegen gekommen Bild: DW/A. Niragira

Vergangene Woche hatte das EU-Parlament seine Wirtschaftssanktionen gegen Burundi verlängert. Damit antwortet die EU auf einen von der in Paris ansässige Menschrechtsorganisation FIDH veröffentlichten Bericht. Dieser wirft Nkurunziza und seiner Regierung vor, Burundi in eine blutige Diktatur zu stürzen, und warnt vor einem bevorstehenden Bürgerkrieg. Aus ihren Recherchen gehe hervor, dass Nkurunziza, der selbst zu der Bevölkerungsgruppe der Hutu gehört, das Militär systematisch von Tutsi-Offizieren habe "reinigen lassen". Hunderte Tutsi-Soldaten seien systematisch getötet, verschwunden oder verhaftet worden. Diese Entwicklung weckt bei vielen Beobachtern die Erinnerungen an den blutigen Bürgerkrieg, der 2005 zu Ende ging. Bei Kämpfen zwischen Hutu und Tutsi wurden damals mehr als 400.000 Menschen getötet.

"Mit dieser Regierung kann es keine Verhandlungen geben", sagt Ames. Dafür sprächen nicht nur die internationalen Sanktionen: "Die Regierung zeigt keinerlei politischen Willen, über die Öffnung des politischen Raumes oder den Erhalt der Verfassung zu sprechen." Im Gegenteil: Nkurunziza habe bereits eine Kommission für eine Verfassungsänderung ins Leben gerufen: "Das Gefährliche an der von der Regierung  geplanten Verfassungsänderung ist nicht nur die Aufhebung der Begrenzung von Amtszeiten für Präsidenten, sondern auch eine mögliche Aufhebung ethnischer Quotenregelungen." Damit laufe das komplette Friedensabkommen, das nach dem langjährigen Bürgerkrieg unterzeichnet wurde, Gefahr, außer Kraft gesetzt zu werden.

Mitarbeit: Antéditeste Niragira, Eric Topona