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Burundi macht Kritiker mundtot

Sarah Steffen30. April 2015

Nach Protesten gegen eine dritte Amtszeit von Präsident Pierre Nkurunziza haben Burundis Behörden Radiostationen kaltgestellt und soziale Medien geblockt. Kritische Stimmen sollen so vor der Wahl verstummen.

Polizisten vor Gebäude des Rundfunksenders RPA in Bujumbura (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/T. Mukoya

Polizisten seien in die Studios des unabhängigen Radiosenders RPA (Radio Publique Africaine) in der Hauptstadt Bujumbura eingedrungen und hätten den dort arbeitenden Journalisten verboten, weiter Programm zu machen, erzählt RPA-Direktor Bob Rugurika im Gespräch mit der DW. Die Polizisten präsentierten ein Dokument, das vom Staatsanwalt in Bujumbura unterschrieben war, so Rugurika.

"Wir können nicht mehr in den Sender hineingehen. Jetzt ist die Polizei im Gebäude. Kein Mitarbeiter hat die Möglichkeit, das Gebäude zu betreten", berichtete Rugurika. "Wir sind sehr besorgt. Diese Leute könnten Material stehlen oder zerstören."

Der Rundfunksender RPA wurde von Polizisten gestürmt und darf nicht mehr sendenBild: Reuters/T. Mukoya

Burundis Behörden hatten RPA und zwei weiteren unabhängigen privaten Stationen vorgeworfen, die Proteste gegen die Regierung mit ihrer Berichterstattung weiter angestachelt zu haben. Tausende protestieren seit Monaten auf Bujumburas Straßen gegen eine dritte Amtszeit von Nkurunziza. Am vergangenen Wochenende flammten die Proteste erneut auf, als Nkurunziza am Sonntag von seiner Partei als Spitzenkandidat für die Präsidentschaftswahl am 26. Juni aufgestellt wurde.

"Wir haben lediglich unsere Pflicht erfüllt, unser Publikum zu informieren", betont Rugurika, "aber die Regierung war mit der Berichterstattung der privaten Presse unzufrieden". Den Vorwurf einer einseitigen Berichterstattung weist er von sich. "In unseren Programmen, Sendungen und Talkshows waren immer auch Leute aus der Regierung eingeladen."

Angriff auf die Pressefreiheit

Die Radiostationen Bonesha FM und Isanganiro dürfen derweil nicht mehr live über die Demonstrationen berichten. Ihnen wurde außerdem der Relaissender gekappt – damit können sie lediglich Programm in der Hauptstadt Bujumbura ausstrahlen, jedoch die Bevölkerung im Rest des Landes nicht mehr erreichen. Polizisten stürmten außerdem das Haus der Presse, in dem sich das Büro der Burundischen Journalistenunion befindet und das mehreren Sendern als Hauptquartier dient, um für ihre Wahlberichterstattung zusammenzuarbeiten.

"Das ist eine schwerwiegende Einschränkung der Pressefreiheit", betonte Rugurika von RPA. "Es wurde noch schlimmer, als die Telekommunikationsorganisation, die dem Staat gehört, alle Festnetzverbindungen ausgeschaltet hat."

Demonstranten fordern, dass der Radiosender RPA wieder Programm machen darfBild: Reuters/T. Mukoya

"Wir sind sehr besorgt über die Situation in Burundi", sagt Cléa Kahn-Sriber vom Afrika-Desk der Organisation Reporter ohne Grenzen. "Für uns ist es inakzeptabel, dass Medien, die ihre Arbeit machen, in dem sie eine Debatte über die Probleme des Landes ermöglichen, mit Gewalt daran gehindert werden, diese Diskussion zu führen." Burundi steht auf Platz 145 von 180 Ländern auf der Rangliste der Pressefreiheit, die die Organisation jedes Jahr veröffentlicht.

"Präsident Nkurunziza und seine Partei versuchen offen, die Medien zum Schweigen über unliebsame Ereignisse zu bringen", ergänzte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen Deutschland.

In dieser Woche gingen die Behörden auch dazu über, soziale Medien wie Facebook, Twitter und Kurznachrichtendienste wie Whatsapp zu sperren. Viele der Demonstranten hatten sich über solche Plattformen organisiert. Die Sperrung wurde von der Telekommunikationsbehörde angeordnet. "Wir haben die sozialen Medien aus Sicherheitsgründen gesperrt", sagte der Geschäftsführer der Behörde, Deogratias Rurimunzu, der Nachrichtenagentur dpa.

"Versuch, Kritik verstummen zu lassen"

"Burundis Behörden versuchen unverhohlen, jegliche Berichterstattung über Kritik an Nkurunzizas Bestreben, sich eine dritte Amtszeit zu sichern, verstummen zu lassen", sagte Ostafrika-Experte Tom Rhodes von der Nichtregierungsorganisation Committee to Protect Journalists (CPJ). "Die Glaubwürdigkeit der Wahlen in Burundi hängen zum größten Teil davon ab, dass es eine freie Presse gibt. Wir fordern die Behörden auf, Journalisten und Medienhäuser ihre Arbeit machen zu lassen", so Rhodes.

Seit Monaten demonstrieren Burundier in der Hauptstadt gegen eine mögliche dritte Amtszeit NkurunzizasBild: Reuters/T. Mukoya

EU-Entwicklungskommissar Neven Mimica verurteilte die Angriffe auf die Pressefreiheit. Ohne eine freie Presse könne die Bevölkerung sich kein Bild von dem machen, was um sie herum geschehe und sie werde daran gehindert, sich selbst aktiv einbringen zu können. "Das kann nur Gerüchte begünstigen, die Frustration erhöhen und Spannungen auf der Straße befeuern", so Mimica. Die USA drangen ebenfalls darauf, dass Burundis Regierung friedliche Kritik und politische Opposition im Land erlauben müsse.

Unterdessen wurde auch die Universität von Burundi in der Hauptstadt geschlossen – ein weiterer Versuch, die Proteste einzudämmen. Tausende Studenten, viele aus ländlichen Teilen des Landes, wurden von Polizisten vom Campus eskortiert. Die meisten Studenten sind gegen eine dritte Amtszeit Nkurunzizas. Offiziell wird die Universität wegen "Sicherheitsbedenken" geschlossen – doch das halten die Studenten für einen Vorwand. "Wir wären doch die ersten hier, die das mitbekommen würden", sagte der 29-jährige Leopold. Die Behörden hofften doch nur, dass das die Demonstrationen stoppe.

Mitarbeit: Frejus Quenum

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