Burundis gefährliche Machtspiele
2. Mai 2014Rund ein Jahr vor den Wahlen liegen in Burundi die Nerven blank. Noch ist kein genauer Termin bekannt, wann die Bürger 2015 über ihren Präsidenten und das nationale Parlament abstimmen sollen. Doch schon jetzt reiben sich Vertreter der Regierungspartei und der Opposition aneinander auf. Die Opposition berichtet von Versuchen der Einschüchterung. Seit einigen Wochen macht zudem das Gerücht die Runde, die Regierungspartei Nationalrat für die Verteidigung der Demokratie (CNDD-FDD) versorge die Mitglieder ihrer Jugendliga systematisch mit Waffen. Zu diesem Schluss kommen auch interne Untersuchungen der Vereinten Nationen (UN) in Burundi.
Die Regierung in Burundis Hauptstadt Bujumbura widerspricht. Vielmehr gebe es zurzeit Kampagnen, in denen die Bevölkerung aufgefordert würde, dem Staat ihre Waffen auszuhändigen. Rund zehn Jahre nach Ende eines Bürgerkriegs, bei dem hunderttausende Burundier ums Leben kamen, ist privater Waffenbesitz ein großes Problem. "Die Bürger geben ihre Waffen freiwillig ab", sagt Willy Nyamitwe, stellvertretender Sprecher des burundischen Präsidenten Pierre Nkurunziza. Seit Beginn der Kampagne 2009 habe man bereits rund hunderttausend Waffen eingesammelt, erzählt Nyamitwe und stellt den Vorwurf der UN als absurd dar: "Wir können nicht auf der einen Seite Waffen einsammeln und sie gleichzeitig an anderer Stelle wieder ausgeben."
Kompromiss gefährdet
Die Regierung beschuldigt im Gegenzug das UN-Büro in Burundi (BNUB), mit seinen Äußerungen die Unsicherheit im Land weiter anzuheizen. "Auch wenn sie gefälscht sind, können diese Berichte für Unruhe sorgen, weil sie den Menschen Angst machen", sagt Nyamitwe im Gespräch mit der DW. Auf Weisung der Regierung musste der UN-Sicherheitschef in Burundi, Paul Debbie, das Land verlassen. Doch viele Burundier halten die UN-Darstellung für glaubwürdig. "Die Regierung sträubt sich gegen eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe, wie sie die Opposition und die Zivilgesellschaft fordern", sagt der burundische Student Louis Marcel. "Viele sehen darin ein Zeichen, dass die Anschuldigungen wahr sind."
Im burundischen Bürgerkrieg bekämpften sich seit 1993 Milizen der Hutu- und Tutsi-Bevölkerungsgruppen. Bei den Friedensverhandlungen erarbeiteten beide Seiten im Jahr 2000 einen ausgeklügelten Kompromiss, wonach Parlament und Regierung zu 60 Prozent von Hutu und zu 40 Prozent von Tutsi besetzt sein müssen. Als Präsident müssen sich Angehörige beider Bevölkerungsgruppen abwechseln, wobei jeder Präsident maximal zwei Amtszeiten an der Macht bleiben darf. Doch gerade an diesem kniffligen Gleichgewicht sägt nun die regierende CNDD-FDD. Nur knapp scheiterte im März ihr Entwurf einer Verfassungsänderung, die die Beschränkung auf zwei Amtszeiten aufheben sollte. Offenbar versucht der seit 2005 amtierende Präsident Nkurunziza, im kommenden Jahr ein drittes Mal zu kandidieren - er selbst hält sich zu diesem Thema bisher bedeckt.
Die UN soll gehen
Die letzte Wahl hatte Nkurunziza 2010 haushoch gewonnen - ohne Gegenkandidaten: Weil sie die Regierung beschuldigte, Wahlen zu manipulieren, hatte sich die Opposition weitgehend von der Abstimmung zurückgezogen. Da sie 2015 aber antreten wolle, erhöhe das Lager des Präsidenten den Druck auf politische Konkurrenten, sagt Student Marcel. "Die Lokalregierungen verbieten zum Teil Veranstaltungen der Opposition. Wo das nicht gelingt, versucht die Jugendliga, die Bevölkerung einzuschüchtern und so von der Teilnahme abzubringen."
Schon vor dem Zerwürfnis mit den Vereinten Nationen hatte Burundi angekündigt, das UN-Büro BNUB dicht machen zu wollen - am liebsten noch vor den Wahlen. Das Büro, dessen Aufgabe es ist, die Regierung beim Kampf gegen Straflosigkeit und beim Schutz der Menschenrechte zu unterstützen, ist für seine Arbeit auf das Mandat der gastgebenden Regierung angewiesen. Die Internationale Gemeinschaft hält das Aus des BNUB aufgrund der aktuellen Entwicklungen für verfrüht. Präsidentensprecher Willy Nyamitwe sieht hier aber kein Problem. "Das bedeutet nicht das Ende der Zusammenarbeit. UN-Einrichtungen wie das Entwicklungsprogramm UNDP oder das Kinderhilfswerk UNICEF werden ja weiter vor Ort sein." Burundi habe seit 2005 ein neues Kapitel aufgeschlagen. Nun wolle man Investoren und Handelspartner anlocken, doch die fühlten sich durch die Präsenz des UN-Büros abgeschreckt. "Sie sehen das als Zeichen, dass unser Land weiter unsicher ist."
Die Vereinten Nationen machten ihrerseits deutlich, dass es nicht in ihrem Interesse sei, dem burundischen Ansehen zu schaden: "Unser einziges Ziel ist es, Burundi in seinem Bestreben zu unterstützen, eine wohlhabende, stabile und friedliche Nation zu werden, wo demokratische Werte geachtet werden", hieß es in einer Stellungnahme.